Was lehren


die evangelisch-lutherischen

Bekenntnisse

über Wiedergeburt und

Bekehrung?

Von

Emil Wacker

Entnommen aus:

„Wiedergeburt und Bekehrung

in ihrem gegenseitigen Verhältnis“

Herausgegeben

von

Roland Sckerl

Inhaltsverzeichnis

Gerechtfertigt allein durch den Glaubens

Wiedergeburt und Bekehrung allein Gottes Werk

Was die Bekehrung ist

Die Mittel Gottes zur Bekehrung des Menschen

Gerechtfertigt allein durch den Glaubens

 

Das lutherische Bekenntnis ... ist ein Ausdruck der Schriftlehre von der Wiedergeburt und Bekehrung, wie derselbe genauer und zutreffender kaum gedacht werden kann. Es wird angemessen sein, dass wir den Nachweis hier führen, wenn auch nur andeutungsweise. Denn da die Lehre von der Aneignung des Heils den Mittelpunkt unserer Bekenntnisschriften bildet, müsste man diese nahezu abschreiben, um vollständig darzulegen, was sie in dieser Hinsicht enthalten.

„Durch den Glauben“, heißt es in der Apologie (IV, 46), „werden wir neugeboren und kommt durch den Glauben der heilige Geist in unser Herz, welcher unser Herz erneuert (fides regenerat corda).“ „Dieweil nun der Glaube mit sich bringet den heiligen Geist und ein neues Licht und Leben im Herzen wirkt, so ist es gewiss, dass der Glaube das Herz erneuert und ändert. Was das für eine Erneuerung des Herzens sei, zeigt der Prophet an, da er sagt: ‚Ich will mein Gesetz in ihre Herzen geben.’ Wenn wir nun durch den Glauben neu geboren sind und erkannt haben, dass uns Gott will gnädig sein, will unser Vater und Helfer sein, so heben wir an, Gott zu fürchten, zu lieben, ihm zu danken, ihn zu preisen, von ihm alle Hilfe zu bitten und zu erwarten, ihm auch nach seinem Willen in Trübsalen gehorsam zu sein.“ (Apol. III, 4) Die Wiedergeburt und die Rechtfertigung durch den Glauben sind identisch mit dem Empfangen des heiligen Geistes: „Dieses alles kann nicht geschehen, ehe wir durch den Glauben gerecht werden, ehe wir neu geboren werden durch den heiligen Geist. Denn erstlich kann niemand das Gesetz halten ohne Christi Erkenntnis, so kann auch niemand das Gesetz erfüllen ohne den heiligen Geist. Den heiligen Geist aber können wir nicht empfangen außer durch den Glauben, wie zu den Galatern Kap. 3,14 Paulus sagt, dass wir die Verheißung des Geistes durch den Glauben empfangen.“ (Apol. III, 5.6) Es wird hierfür Galater 3,14 als Beweis gebraucht, wo es heißt, dass wir die Verheißung des Geistes empfangen durch den Glauben. Wir haben besonders auch Galater 3,2 als Beweis hierfür angeführt, welche Stelle wesentlich dasselbe besagt und anzeigt, dass Galater 3,14 das Empfangen der Verheißung des Geistes nichts anderes ist als das Empfangen des verheißenen Geistes selbst. Die Wiedergeburt wird als Anfang des ewigen Lebens bezeichnet, Apol. III, 230, das neue Leben selbst aber, oder die neue Geburt, ist der starke Trost, welchen der Glaube empfängt. „Der Glaube, welcher in solchem Zagen und Schrecken die Herzen wieder aufrichtet und tröstet, empfängt und empfindet Vergebung der Sünde, macht gerecht und bringt Leben; denn derselbe starke Trost ist eine neue Geburt und ein neues Leben.“ (Apol. IV, 62) Es wird getadelt, dass man [die römisch-katholische Kirche] lehrt, der heilige Geist werde durch „schlicht leibliches Empfangen und Gebrauchen der Sakramente ex opere operato gegeben, wenn schon das Herz gar nicht dabei ist (sine bono motu accipientis), als wenn der heilige Geist sei ein schlecht, schwach, nichtig Ding“ (quasi otiosa res sit donatio Spiritus Sancti) (Apol. IV, 63). Die Konkordienformel unterscheidet den weiteren und den engeren Sinn des Wortes Wiedergeburt. Im weiteren Sinn begreift es zugleich die Vergebung der Sünden allein um Christi willen und die nachfolgende Erneuerung, welche der heilige Geist wirkt in den durch den Glauben Gerechtfertigten. Im engeren Sinne wird es gebraucht allein pro remissione peccatorum et adoptione in filios Dei, dass es heißet allein Vergebung der Sünden und dass wir zu Kindern Gottes angenommen werden. So wird das Wort in der Apologie gebraucht. Iustificatio est regeneratio, das ist, die Rechtfertigung vor Gott ist die Wiedergeburt. Auch Titus 3 werde der Unterschied von Rechtfertigung und Erneuerung angedeutet. Die Rechtfertigung aber könne auch Lebendigmachung genannt werden (vivificatio), als die aus dem Tode in das Leben versetze. So Epheser 2 und Römer 1. Endlich werde das Wort Wiedergeburt auch bloß im Sinne der Erneuerung gebraucht, welche der Gerechtigkeit des Glaubens nachfolgt, so von Luther im Buch „Von den Konzilen und Kirchen“ und sonst. (Konkordienformel, Ausf. Darlegung, III, 18-21). Die Wiedergeburt wird mit der Bekehrung in engen Zusammenhang gebracht. „Der Glaube allein macht gerecht, d.i. er erlangt Vergebung der Sünde und Gnade um Christi willen und bringt uns zu einer neuen Geburt.“ (Apol. III, 61) Fides iustificat et regenerat (Der Glaube rechtfertigt und gebärt neu.) (Apol. III, 171) Fit autem regeneratio fides in poenitentia, das heißt, in der Bekehrung vollzieht sich die Wiedergeburt durch den Glauben (Apol. III, 253). „Wir schließen, dass wir durch den Glauben gerechtfertigt, Gott versöhnt und wiedergeboren werden, welcher Glaube in der Buße (poenitentia, d.i. Bekehrung) die Verheißung der Gnade ergreift und das erschreckte Gemüt wahrhaft lebendig macht und bestätigt, dass uns Gott versöhnt und gnädig ist um Christi willen. Und durch diesen Glauben, sagt Petrus, werden wir bewahrt zum zukünftigen Heil.“ (Apol. 150, 265) Dem Glauben folgt die Liebe, weil die Wiedergebornen, d.h. diejenigen, so glauben, den heiligen Geist empfangen. „Darum müssen wir erst Vergebung der Sünden durch den Glauben erlangen, ehe wir das Gesetz erfüllen. Wiewohl, wie wir oben gesagt, aus dem Glauben die Liebe gewiss folgt, denn diejenigen, so glauben, empfangen den heiligen Geist. Darum fangen sie an, dem Gesetz hold zu werden und demselben zu gehorchen.“ (Apol. XII, 82) „Wir sagen, dass der Buße, d.i. der Bekehrung oder Wiedergeburt, gute Früchte, gute Werke im ganzen Leben folgen müssen.“ (Apol. VI, 34) Dagegen wird „verworfen, dass der Mensch, nachdem er wiedergeboren, das Gesetz Gottes vollkommen halten und gänzlich erfüllen könne, und dass solche Erfüllung unsere Gerechtigkeit vor Gott sei, mit welcher wir das ewige Leben verdienen“. (Konkordienformel, Kurze Darl., II, 12) „Es bleibt der Streit und Kampf des Fleisches wider den Geist auch in den Auserwählten, in den wahrhaft wiedergebornen Menschen, da unter den Christen nicht allein ein großer Unterschied gespürt, dass einer schwach, der andere stark im Geist, sondern es befindets auch ein guter Christ bei sich selbst, dass er zu einer Zeit freudig im Geist, zur andern Zeit furchtsam und erschrocken, zu einer Zeit brünstig in der Liebe, stark im Glauben und in der Hoffnung, zur andern Zeit kalt und schwach sich befindet.“ (Konkordienformel, Ausf. Darl., II, 68)

Wiedergeburt und Bekehrung allein Gottes Werk

Wiedergeburt und Bekehrung sind allein das Werk Gottes, des heiligen Geistes. Durch den Geist Gottes werden wir wiedergeboren. „Ja, so wenig ein toter Leib sich selbst lebendig machen kann zum leiblichen irdischen Leben, so wenig mag der Mensch, so durch die Sünde geistlich tot ist, sich selbst zum geistlichen Leben aufzurichten, wie geschrieben steht: ‚Da wir tot waren in Sünden, hat er uns samt Christus lebendig gemacht.’ ‚Darum wir auch aus uns selbst, als aus uns, nicht tüchtig sind etwas Guts zu denken, sondern dass wir tüchtig sind, das ist von Gott.’ 2. Kor. 3.“ (Konkordienformel, Kurze Darl., II, 3) „Zuvor und ehe der Mensch durch den heiligen Geist erleuchtet, bekehrt, wiedergeboren, erneuert und gezogen wird, kann er von sich selbst und aus seinen eigenen natürlichen Kräften in geistlichen Sachen und seiner selbst Bekehrung oder Wiedergeburt etwas anfangen, wirken oder mitwirken, gleich so wenig als ein Stein oder Block oder Ton (lapis, truncus aut limus). Denn ob er wohl die äußerlichen Gliedmaßen regieren und das Evangelium hören und etlichermaßen betrachten, auch davon reden kann, wie an den Pharisäern und Heuchlern zu sehen ist, so hält er es doch für Torheit und kann es nicht glauben, hält sich auch, d.h. ist auch in diesem Fall ärger als ein Block (hac in parte deterior est trunco), dass er Gottes Willen widerspenstig und feind ist, wo nicht der heilige Geist in ihm kräftig ist und den Glauben und andere Gott gefällige Tugenden und Gehorsam in ihm anzündet und wirket. Wie denn die heilige Schrift die Bekehrung, den Glauben an Christus, die Wiedergeburt, Erneuerung und alles, was zu derselben wirklichen Anfang und Vollziehung gehört, nicht den menschlichen Kräften des natürlichen freien Willens weder zum ganzen, noch zum halben, noch zu einigem, dem wenigsten oder geringsten Teil zulegt, sondern in solidum, das ist, ganz und gar allein der göttlichen Wirkung und dem heiligen Geist zuschreibt.“ (Konkordienformel, Ausf. Darl., II, 24.25) „Wir verwerfen und verdammen, da gelehrt wird: Obwohl der Mensch mit seinem freien Willen vor seiner Wiedergeburt zu schwach, den Anfang zu machen und sich selbst aus eignen Kräften zu Gott zu bekehren und Gottes Gesetz von Herzen gehorsam zu sein: Jedoch, wenn der heilige Geist den Anfang gemacht mit der Predigt des Wortes und seine Gnade darinnen angeboten, dass alsdann der Wille des Menschen aus seinen eignen natürlichen Kräften etlichermaßen etwas, wiewohl wenig und schwächlich, dazu tun, helfen und mitwirken, sich selbst zur Gnade schicken, bereiten, dieselbe ergreifen, annehmen und dem Evangelium glauben könne.“ (Konkordienformel, Kurze Darl., II, 11) Ebenso aber wird verworfen die Lehre, dass der heilige Geist denen gegeben werde, die beharrlich und vorsätzlich widerstreben. „Gott macht in der Bekehrung aus den Unwilligen Willige. Er wohnt in den Willigen (in volentibus).“ Aber es ist der Form der gesunden Lehre nicht analog, wenn gesagt wird: „Gott zieht, aber er zieht die Wollenden. Der Wille des Menschen sei in der Bekehrung nicht müßig, sondern wirke etwas, d.h. aus eigenen Kräften.“ (Konkordienformel, Kurze Darl., II, 15.16) Recht wird geredet, dass Gott in der Bekehrung durch das Ziehen des heiligen Geistes aus Widerspenstigen Willige macht, und dass hernach der wiedergeborne Wille des Menschen nicht müßig gehe. Von der Gnadenwahl sei wenigstens die Hauptstelle der Epitome hier angeführt: „Denn die Vorsehung Gottes ist anders nichts, als dass Gott alle Dinge weiß, ehe sie geschehen, wie geschrieben steht: ‚Gott im Himmel kann verborgene Dinge offenbaren; der hat dem König Nebukadnezar angezeigt, was in künftigen Zeiten geschehen soll.’ Diese Vorsehung geht zugleich über die Frommen und Bösen, ist aber keine Ursache des Bösen, weder der Sünden, dass man unrecht tue, (welche ursprünglich aus dem Teufel und des Menschen bösen verkehrten Willen herkommt) noch ihres Verderbens, daran sie selbst schuldig, sondern ordnet allein dasselbe und steckt ihm ein Ziel, wie lang es währen und alles, unangesehen, dass es an ihm selbst böse, seinen Auserwählten zu ihrem Heil dienen solle. Die Prädestination aber oder ewige Wahl Gottes gehet allein über die frommen, wohlgefälligen Kinder Gottes, die eine Ursache ist ihrer Seligkeit, welche er auch schaffet, und was zur selben gehört, verordnet, darauf unsere Seligkeit so steif gegründet, dass sie die Pforten der Hölle nicht überwältigen können. Solche ist nicht in einem heimlichen Rat Gottes zu erforschen, sondern in dem Wort zu suchen, da sie auch geoffenbaret worden ist.“ (Konkordienformel, Kurze Darl., XI, 3-6)

Was die Bekehrung ist

Was die Bekehrung als solche angeht, so genügt es, auf das Augsburgische Bekenntnis, Art. XII, hinzuweisen, wo von der Buße, d.i. Bekehrung, gesagt wird, dass sie „eigentlich ist Reue und Leid oder Schrecken haben über die Sünde und doch daneben glauben an das Evangelium, welcher Glaube wiederum das Herz tröstet.“ Es ist die Sinnesänderung, „danach auch Besserung folgen soll“. Das Bekenntnis betont den Vorgang im bewussten Leben, ohne auszuschließen, dass auch das unbewusste Leben hierbei zu berücksichtigen ist. Die Bekehrung ist eine Änderung im Verstand, Willen und Herzen – „Denn das ist einmal wahr, dass in wahrhaftiger Bekehrung müsse eine Änderung, neue Regung und Bewegung im Verstand, Willen und Herzen geschehen, dass nämlich das Herz die Sünden erkenne, vor Gottes Zorn sich fürchte, von der Sünde sich abwende, die Verheißung der Gnaden in Christus erkenne und annehme, gute geistliche Gedanken, christlichen Vorsatz und Fleiß habe und wider das Fleisch streite. Denn wo der keines geschieht oder ist, da ist auch keine wahre Bekehrung.“ (Konkordienformel, Ausf. Darl., II, 70) – aber schafft nicht ein neues Herz und neuen Menschen also, dass des alten Adams Substanz und Wesen ganz vertilgt und ein neues Wesen der Seelen aus nichts erschaffen werde (Konkordienformel, Ausf. Darl., II, 81). Das gilt auch von der Wiedergeburt. Sehr interessant ist, wie scharf die Bekenntnisse um der Unvermischtheit der Rechtfertigung willen von dieser sondern, was ihr in der Bekehrung vorhergeht und nachfolgt. „Aber hier muss mit besonderem Fleiß darauf gar gute Acht gegeben werden, wenn der Artikel von der Rechtfertigung rein bleiben soll, dass nicht dasjenige, was vor dem Glauben hergehet, und was demselben nachfolget, zugleich mit in den Artikel der Rechtfertigung, als dazu nötig und gehörig, eingemengt oder eingeschoben werde, weil nicht eins oder gleich ist von der Bekehrung und von der Rechtfertigung zu reden.“ (Konkordienformel, Ausf. Darl., III, 24) Die Väter haben als Wiedergeburt und Bekehrung den Moment des Durchbruchs des rechtfertigenden Glaubens in der Seele genau festgehalten, also ist, was diesem Moment, der die eigentliche Geburt ist, vorhergeht, Erzeugung. Das stimmt mit dem von uns Gesagten, dass in der Wiedergeburt nach der Grundsprache Zeugung und Geburt in eins gehen. Wir halten fest, dass die Wiedergeburt objektiv und subjektiv alles umfasst, was den rechtfertigenden Glauben wirkt, aber eigentlich ist sie der Durchbruch des Glaubens, welcher subjektiv erlebt als Bekehrung bezeichnet wird. Dass die Bekehrung ein Moment ist, lehren die Bekenntnisse deutlich, wenn sie die folgenden vier Stände des Menschen unterscheiden, nämlich 1. vor dem Fall, 2. nach dem Fall, 3. nach der Wiedergeburt, 4. nach der Auferstehung des Fleisches (Konkordienformel, Kurze Darl., II, 1). Da ist nicht ein Stand, da der Mensch weder wiedergeboren noch unwiedergeboren ist. Er ist entweder dieses, d.h. im Stande nach dem Fall, oder jenes, d.h. im Stande nach der Wiedergeburt. Also kann diese letztere an sich nur ein Moment sein, auch wenn sie allmählich ins Bewusstsein tritt. Es gibt also wohl Gnadenwirkungen, welche der Bekehrung vorhergehen und ihr nachfolgen, aber nicht eigentlich ein Werden derselben als solcher, sondern entweder ist sie vorhanden oder nicht vorhanden. Vor Gott ist das offenbar, auch wenn es uns noch verborgen geblieben ist.

Die Mittel Gottes zur Bekehrung des Menschen

Was die Mittel betrifft, durch welche die Bekehrung gewirkt wird, so wird vornehmlich das Wort betont. Das Wort ist das Instrument, wodurch der Geist die Bekehrung wirkt: „Es wird recht geredet ... dass also für die Bekehrung des Menschen nur zwei wirkliche Ursachen sich finden, nämlich der heilige Geist und das Wort Gottes, als das Instrument des heiligen Geistes, dadurch er die Bekehrung wirket, welches der Mensch hören soll, aber demselben nicht aus eignen Kräften, sondern allein durch die Gnade und Wirkung Gottes des heiligen Geistes Glauben geben und annehmen kann.“ (Konkordienformel, Kurze Darl., II, 19) Das Amt der Verwaltung von Wort und Sakrament wird bezeichnet als eingesetzt, damit man den Glauben erlange. Durch Wort und Sakrament wirkt Gott den Glauben, wo und wann er will, Augsb. Bek., Art. V. Der Nachdruck liegt immer auf dem Wort des Evangeliums und verworfen werden die Sektierer, welche lehren, dass man ohne das leibliche Wort des Evangeliums den heiligen Geist erlangen könne – „Solchen Glauben zu erlangen, hat Gott das Predigtamt eingesetzt, Evangelium und Sakrament gegeben, dadurch er, als durch Mittel, den heiligen Geist gibt, welcher den Glauben, wo und wann er will, in denen, so das Evangelium hören, wirket, welches da lehret, dass wir durch Christi Verdienst, nicht durch unser Verdienst, einen gnädigen Gott haben, so wir solches glauben. Und werden verdammt die Wiedertäufer und andere, so lehren, dass wir ohne das leibliche Wort des Evangeliums den heiligen Geist durch eigene Bereitung, Gedanken und Werk erlangen.“ (Augsb. Bek., V) – Was die Wirkung der Sakramente betrifft, so wird aufs stärkste verworfen, dass sie bloß durch den Vollzug wirken (ex opere operato), so man nicht widerstrebe (obicem non ponere) auch ohne irgendwelche Bewegung des Herzens, „wenn schon das Herz keinen guten Gedanken hat“ (sine bono motu utentis) – „Da müssen wir frei verdammen den ganzen Haufen der Scholastiker und ihren Irrtum strafen, da sie lehren, dass diejenigen, so die Sakramente schlicht gebrauchen, wenn sie nicht widerstreben, ex opere operato Gottes Gnade erlangen, wenn schon das Herz alsdenn keinen guten Gedanken hat. Das ist aber stracks ein jüdischer Irrtum, so sie halten, dass wir sollten durch ein Werk und äußerliche Zeremonien gerecht und heilig werden ohne Glauben und wenn das Herz schon nicht dabei ist, und diese schädliche Lehre wird doch gepredigt und gelehrt weit und breit, durchaus und überall im ganzen Papstreich und des Papsts Kirchen.“ (Apol. XIV, 18) – Selbstverständlich ist damit das bewusste Leben gemeint. Der Persönlichkeit, die noch unbewusst ist, wird das Wort aber auch gelten, insofern es jede Wirkung des Sakraments ausschließt, welche bloß objektiv bleibt. Ohne subjektive Aneignung, sine bono motu utentis, wird das Heil nicht erlangt, nie und auf keiner Stufe. Was besonders die Taufe betrifft, so lehrt das Augsburgische Bekenntnis, Art. IX, dass sie nötig ist und dass dadurch die Gnade angeboten werde und dass man auch die Kinder taufen soll, welche durch solche Taufe Gott überantwortet und gefällig werden (oblati Deo recipiantur in gratiam Dei). Das nizänische Bekenntnis bekennt eine einige Taufe zur Vergebung der Sünden. Die Apologie betont die Kindertaufe. Das ist umso bemerkenswerter, als gerade sie stark die Subjektivität der Glaubensaneignung hervorhebt und das opus operatum bekämpft. Wenn sie als Zeugnis für die Kindertaufe die Begabung vieler so Getauften mit dem heiligen Geist anführt, so ist damit selbstverständlich nicht gesagt, dass die Taufe der Kinder an sich noch ohne Geisteswirkung und ohne Heilsaneignung im Glauben sei (siehe Apol. IX). Die Schmalkaldischen Artikel heben hervor, dass das Wort das eigentlich Wirkende in der Taufe ist, nicht etwa eine göttliche Kraft im Wasser oder der bloße Wille Gottes ohne Wort und Wasser. – „Die Taufe ist nichts anderes als Gottes Wort im Wasseer, durch seine Einsetzung befohlen, oder, wie St. Paulus sagt, Epheser 5,26 lavacrum in verbo [Wasserbad im Wort]; wie auch Augustinus sagt: Accedat verbum ad elementum, et fit sacramentum. [Wenn das Wort zum Element dazukommt, dann wird es ein Sakrament.] Und darum halten wir’s nicht mit Thomas und den Predigermönchen, die das Wort (Gottes Einsetzung) vergessen und sagen, Gott habe eine geistliche Kraft ins Wasser gelegt, welche die Sünde durchs Wasser abwasche. Auch nicht mit Scotus und den Barfüßermönchen, die da lehren, dass die Taufe die Sünde abwasche aus Beistehen göttlichen Willens, also dass diese Abwaschung geschieht allein durch Gottes Willen, gar nicht durchs Wort oder Wasser. Von der Kindertaufe halten wir, dass man die Kinder taufen solle. Denn sie gehören auch zu der verheißenen Erlösung, durch Christus geschehen, und die Kirche soll sie ihnen reichen.“ (Schmalkaldische Artikel, Teil III, Art. V) – Weil die Kinder zur verheißenen Erlösung gehören, sollen sie getauft werden. Es muss ihnen denn auch das Heil nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv zuteil werden. Die Katechismuserklärung Luthers legt Römer 6 vornehmlich in die Richtung aus, dass die Taufgnade zu einem neuen Wandel führen muss. Das kann aber nicht geschehen, wo die Taufgnade nicht persönlich angeeignet ist. Die Versetzung in den Gnadenstand durch die Taufe in Christi Tod ist die Voraussetzung für die Erneuerung aufgrund derselben. Der Große Katechismus sagt, dass die Taufe durch das Wort die Kraft kriegt, dass sie ein Bad der Wiedergeburt ist (Gr. Kat., IV, 26) Der Glaube allein macht selig, aber der Glaube muss etwas haben, „daran er sich halte und darauf er stehe und fuße“ (Gr. Kat., IV, 28). Das ist die Taufe, sie ist Glaubensbegründung, Glaubensgrund. Bezüglich der Kindertaufe wird eigentlich nur der Beweis für dieselbe aus dem Bestand der Kirche (d.h. dem Vorhandensein vieler, welche als Kinder getauft den heiligen Geist empfangen haben) weiter ausgeführt. Sie geschieht nach dem Wort und Gebot des Herrn und wäre gültig, auch wenn man sie nicht empfängt, wie man soll. Das Beispiel der Taufe eines ungläubigen Proselyten wird angeführt. „Das Kind tragen wir hinzu, der Meinung und Hoffnung, dass es glaube, und bitten, dass ihm Gott den Glauben gebe.“ (Gr. Kat., IV, 57) Die Taufe ist das Bad der Wiedergeburt. Es wird auch gesagt (Konkordienformel, Ausf. Darl., II, 67), dass, wer getauft ist, wiedergeboren ist. Aber natürlich kann das nach dem Zusammenhang der Bekenntnisse nur unter Voraussetzung des Glaubens bei dem Getauften gesagt sein. Die Apologie führt das Wort Augustins an, dass die Erbsünde in der Taufe vergeben wird, nicht, dass sie nicht mehr sei, sondern dass sie nicht zugerechnet wird. Die Schuld ist ganz los, heißt es, durch das Sakrament, durch welches die Gläubigen wiedergeboren werden (reatus solutus est sacramento, quo renascuntur fideles) (Apol., II, 36). ...

Für das ganze Lehrgebiet gilt als oberster Kanon, dass der Glaube allein das Heil wirklich erlangt. Dieser Kanon wird im Gehorsam gegen die Schrift so gehandhabt, dass man sich hütet, eine Altersgrenze für das Werk des heiligen Geistes in den Personen zu setzen.