Der
Brief des Judas
Der Verfasser
dieses kurzen Sendschreibens bezeichnet sich selbst als Bruder eines Jakobus
und scheint ausdrücklich anzudeuten, dass er nicht zu der Zahl der Apostel
gehört hat; wohl aber muss er ein bekannter, hocherleuchteter und in der Kirche
der apostolischen Zeit angesehener Mann gewesen sein 1). Die Echtheit des
Briefes geht unter anderem daraus hervor, dass der Apostel Petrus ihn in seiner
zweiten Epistel gleichsam bestätigt; er enthält auch durchaus nichts, was ihn
verdächtig machen könnte, obwohl er nicht zu den allgemein anerkannten
kanonischen Schriften gehört 2). Nach des Petrus Zeugnis richtet er sich
vornehmlich an die Gemeinden in Kleinasien, bei denen üppige, abtrünnige,
lasterhafte Verführer aufgetreten waren. Diese kennzeichnet er in kurzen Worten
und verkündet das Gottesgericht, das ihnen sicher bevorsteht, wie die von ihm
angeführten Beispiele zeigen. – Der Abfassungszeit nach fällt diese Epistel vor
den zweiten Petrusbrief 3).
1) Der
Jakobus, dessen Bruder Judas sich nennt, muss eben wegen dieses einfachen
Hinweises ein sehr hervorragender Mann gewesen sein. Darum hält man ihn gewiss
mit vollem Recht für denselben, der den Jakobusbrief geschrieben hat, in der
Gemeinde zu Jerusalem sein Apostelamt verwaltete und als Jakobus der Gerechte
von andern Männern dieses Namens unterschieden wird. Dieser Jakobus, ein Bruder
des HERRRN, hatte auch wirklich einen Bruder namens Judas (Matth.
13,55; Mark. 6,3), sodass der Verfasser unserer Epistel auch zu den Brüdern des
HERRN gehört hat. Judas aber zeigt selbst nicht undeutlich an, dass er kein
Apostel gewesen sei (Jud. V. 17); er sich auch gewiss nicht bloß als Bruder des
Jakobus eingeführt, wenn er selbst Apostel gewesen wäre. Damit stimmen die
Berichte der Evangelien. Zwar gab es auch einen Apostel Judas; aber in
den beiden Apostelverzeichnissen, wo die Brüderpaare unter den Aposteln
ausdrücklich angeführt werden (Matth. 10,2-4; Luk.
6,14-16). Werden die Apostel Jakobus und Judas nicht Brüder genannt, sondern
der Apostel Judas wird vielmehr als Sohn eines Jakobus bezeichnet (bei
Luklas und Apg. 1,13). Vielleicht war der Verfasser unseres Briefes derselbe
Judas Barsabas, der Apg. 15,22 erwähnt wird;
jedenfalls hat er in der Kirche zu Jerusalem eine solche Stellung eingenommen,
dass er wohl in einer Epistel als Lehrer auswärtiger Gemeinden auftreten
durfte.
2) Die
offenbare Verwandtschaft zwischen dem Brief des Judas und dem zweiten
Petrusbrief erklärt man am besten so, dass der kürzere, gedrängtere Brief des
Judas dem Petrus in die Hände kam und dass Petrus daraufhin Anlass nahm, die
Ermahnungen und Warnungen des Judas durch eine Wiederholung und Erweiterung den
Gemeinden, für die sie bestimmt waren, noch eindringlicher zu machen. Damit hat
er uns aber zugleich den Brief des Judas als eine echte Schrift erwiesen. Da
jedoch über den zweiten Petrusbrief selbst Zweifel obwalteten, konnte dessen
Zeugnis dem Brief des Judas nicht volle Anerkennung verschaffen. Man wies nicht
nur darauf hin, dass Judas augenscheinlich kein Apostel war, sondern stieß sich
wohl auch daran, dass er einen Ausspruch Henochs, der nirgends in den
kanonischen Schriften Alten Testaments verzeichnet steht, zur Bekräftigung
seiner Darlegung anführt. Aber die Tatsache, dass auch Markus und Lukas keine
Apostel waren, entkräftet das erste Bedenken, während das zweite dadurch
hinfällt, dass man an Paulus erinnert, der sich sogar auf heidnische
Schriftsteller beruft (Apg. 17,28; Tit. 1,2). Jener Ausspruch Henochs mag gar
wohl durch anderweitige Aufzeichnungen richtig überliefert worden sein und wird
durch das Zeugnis des erleuchteten Judas als göttliche Wahrheit bestätigt. Es
fehlt auch in der alten Kirche nicht an Zeugnissen für die Echtheit des
Briefes, und gerade seine Kürze und anspruchslose Form machen es ganz
unwahrscheinlich, dass er untergeschoben ist.
3) Selbst
wenn man annehmen wollte, dass Judas nach Petrus geschrieben habe, so müsste
man immerhin feststellen, dass dieser Brief vor der Zerstörung Jerusalems
verfasst worden ist; denn da Judas auf mehrere Strafgerichte Gottes hinweist,
so hätte er gewiss die Zerstörung Jerusalems nicht unerwähnt gelassen, wenn sie
bereits eingetreten gewesen wäre.
Der Verfasser dieses Briefes nennt sich
selbst "Judas, der Knecht Jesu Christi und Bruder des Jakobus", V. 1.
Es handelt sich nicht um Jakobus, den Sohn des Zebedäus und Bruder des
Johannes, sondern um Jakobus den Geringeren, den Sohn des Alphäus,
Jak. 1,1; Gal. 1,19; 1. Kor. 15,7. Dieser Juda oder Judas
war also auch ein Bruder (oder Vetter) des Herrn; er war ein Apostel und ist
wahrscheinlich mit Judas Lebbaeus oder Thaddäus zu
identifizieren, Matth. 10,3; Mark. 3,18; Luk. 6,16;
Apg. 1,13. Der Brief scheint an Christen in Palästina geschrieben worden zu
sein, und da die Zerstörung Jerusalems nicht erwähnt wird, kann sein Datum
sicher auf etwa 68 n. Chr. festgelegt werden.
Der Brief zeugt von großer Aufregung
seitens des Schreibers, der offensichtlich Anlass zu größter Sorge um die
Standhaftigkeit der Christen hatte, denen er schrieb. Nach der Begrüßung folgt
ein kurzer Hinweis auf den Grund für die Abfassung dieses Briefes. Als nächstes
erinnert der Apostel seine Leser an einige der großen Urteile des Alten
Testaments und charakterisiert gleichzeitig die Irrlehrer als Menschen, die die
göttliche Autorität verachten, um nach ihrem Fleisch zu leben, die aber ihre
Strafe erhalten werden, wenn Christus wiederkommt, um die Lebenden und die
Toten zu richten. Die Leser werden aufgefordert, sich an die Lehre des Apostels
zu erinnern und im Glauben und im Gebet standhaft zu bleiben, voller Abscheu
vor der Sünde, aber auch in wahrer Liebe zu den Sündern. Der Brief schließt mit
einer Doxologie.
1 Judas, ein Knecht Jesu Christi, aber ein
Bruder des Jakobus: den Berufenen, die da geheiligt sind in Gott dem Vater und
behalten in Jesus Christus. 2 Gott gebe euch viel Barmherzigkeit und Frieden
und Liebe!
3 Ihr Lieben, nachdem ich vorhatte, euch zu schreiben von unser aller
Heil, hielt ich’s für nötig, euch mit Schriften zu ermahnen, dass ihr für den Glauben
kämpft, der einmal den Heiligen übergeben ist. 4 Denn es sind etliche Menschen
nebeneingeschlichen, von denen vorzeiten geschrieben ist, zu solcher Strafe;
die sind Gottlose und ziehen die Gnade unseres Gottes auf Mutwillen und
verleugnen Gott und unsern HERRN Jesus Christus, den einigen Herrscher.
5 Ich will euch aber erinnern, die ihr das ja schon wisst, dass der HERR,
nachdem er dem Volk aus Ägypten half, brachte er beim zweiten Mal um, die da
nicht glaubten. 6 Auch Engel, die ihr Fürstentum nicht behielten, sondern
verließen ihre Behausung, hat er behalten zum Gericht des großen Tages mit
ewigen Banden in Finsternis. 7 Wie auch Sodom und Gomorra und die umliegenden
Städte, die gleicherweise wie diese ausgehurt haben und nach einem anderen
Fleisch gegangen sind, zum Beispiel gesetzt sind und leiden des ewigen Feuers
Pein.
8 So sind auch diese Träumer, die das Fleisch beflecken, die
Herrschaften aber verachten und die Majestäten lästern. 9 Aber, der Erzengel,
da er mit dem Teufel zankte und mit ihm redete über den Leichnam Moses, durfte
er das Urteil der Lästerung nicht fällen, sondern sprach: Der HERR strafe dich!
10 Diese aber lästern, da sie nichts von wissen; was
sie aber natürlich erkennen, darin verderben sie wie die unvernünftigen Tiere. 11
Wehe ihnen! denn sie gehen den Weg Kains und fallen
in den Irrtum des Bileam um Genusses willen und kommen um in dem Aufruhr
Korahs. 12 Diese Unfläter prassen von euren Almosen
ohne Scheu, weiden sich selbst; sie sind Wolken ohne Wasser, von dem Wind
umgetrieben, kahle, unfruchtbare Bäume, zweimal erstorben und ausgewurzelt, 13 wilde
Wellen des Meeres, die ihre eigene Schande ausschäumen, irrige Sterne, welchen
behalten ist das Dunkel der Finsternis in Ewigkeit.
14 Es hat aber auch von solchen geweissagt Henoch, der Siebente von
Adam, und gesprochen: Siehe, der HERR kommt mit viel tausend Heiligen, 15 Gericht
zu halten über alle und zu strafen alle ihre Gottlosen um alle Werke ihres
gottlosen Wandels, damit sie gottlos gewesen sind, und um all das Harte, das
die gottlosen Sünder gegen ihn geredet haben. 16 Diese murmeln und klagen
immerdar, die nach ihren Lüsten wandeln; und ihr Mund redet stolze Worte und
achten das Ansehen der Person um Nutzes willen.
17 Ihr aber, meine Lieben, erinnert euch an die Worte, die zuvor gesagt
sind von den Aposteln unseres HERRN Jesus Christus, 18 da sie euch sagten, dass
zu der letzten Zeit werden Spötter sein, die nach ihren eigenen Lüsten des
gottlosen Wesens wandeln. 19 Diese sind, die da Spaltungen verursachen,
Fleischliche, die keinen Geist haben. 20 Ihr aber, meine Lieben, erbaut euch
auf euren allerheiligsten Glauben durch den Heiligen
Geist und betet 21 und behaltet euch in der Liebe Gottes und wartet auf die
Barmherzigkeit unsers HERRN Jesus Christus zum ewigen Leben. 22 Und haltet
diesen Unterschied, dass ihr euch etlicher erbarmt, 23 etliche aber mit Furcht
selig macht und rückt sie aus dem Feuer; und hasst den befleckten Rock des
Fleisches.
24 Dem aber, der euch kann behüten vor dem Straucheln und stellen vor
das Angesicht seiner Herrlichkeit unsträflich mit Freuden; 25 dem Gott, der
allein weise ist, unserem Heiland, sei Ehre und Majestät und Gewalt und Macht
nun und zu aller Ewigkeit! Amen.
Eingangsgruß (V. 1-2): Dies ist die
übliche Form der Einleitung eines Briefes in jener Zeit, aber in einem
christlichen Gewand: Judas, Knecht Jesu Christi, aber ein Bruder des Jakobus,
für die Berufenen, den Geliebten Gottes, des Vaters, und den Bewahrten Jesu
Christi. Judas nennt sich selbst einen Diener Jesu Christi, wie Paulus es oft
tut, obwohl er als Apostel berufen wurde. Diese Männer hatten nichts von
heuchlerischem Stolz an sich, der sie hätte veranlassen können, sich ihre
Rechte anzumaßen und den ihnen anvertrauten Menschen Vorschriften zu machen.
Ihre Haltung war vielmehr die eines willigen Dieners. Dass Bescheidenheit eine
Tugend des Judas war, zeigt sich auch daran, dass er sich damit begnügt, als
Bruder des berühmteren Jakobus bezeichnet zu werden. Die Namen, die er seinen
Lesern gibt, sind bezeichnend. Sie sind in Gott, dem Vater, geliebt; Gott hat
sie von Ewigkeit her geliebt und ihnen aus dieser Liebe heraus seinen
eingeborenen Sohn gegeben, durch dessen stellvertretendes Opfer sie mit ihm
versöhnt und seine lieben Kinder geworden sind. Und Jesus Christus ist es, der
sie bestätigt und bewahrt; denn zu Ihm gehören sie kraft seines Sühneopfers und
ihres Glaubens, von Ihm empfangen sie ihre Kraft, wie die Reben vom Weinstock.
So sind die Christen Glieder Christi, Kinder Gottes, weil der Glaube durch den
Ruf des Evangeliums in ihren Herzen entzündet wurde. Weil der Herr in ihnen die
Kraft gewirkt hat, seinem Ruf zu folgen, sind sie seiner Liebe und der
bestätigenden Kraft Jesu Christi, ihres Erlösers, teilhaftig geworden.
Die Anrede spricht von den höchsten
Segnungen in der Welt: Gnade sei mit euch und Friede und Liebe mehre sich! Dies
sind die Gaben Gottes an die Menschen in und durch Christus. Die
Barmherzigkeit, die freie Gunst Gottes, ist die Grundlage, der Grund des Friedens,
und dieser vervollkommnet sich in dem Gefühl der Liebe Gottes zu den Gläubigen.
Von diesen wunderbaren geistlichen Gaben sollen die Christen nicht nur eine
kleine, unbedeutende Menge haben, sondern der Apostel wünscht, dass sie in
reichem Maße über sie ausgegossen werden, dass die göttliche Barmherzigkeit und
Gnade eine Quelle göttlichen Lebens in ihnen wird und sie veranlasst, an der
Natur Gottes teilzuhaben, nach seinem Bild erneuert zu werden. Dies ist ein
Bekenntnis und ein Segen, der dem Gläubigen zugleich die geistliche Kraft zur
Festigkeit im Glauben vermittelt.
Eine Ermahnung zur Festigkeit im Glauben
(V. 3-4): Hier gibt Judas nicht nur seine Gründe für das Schreiben an, sondern
auch dafür, dass er so schrieb: Geliebte, als ich mich mit allem Ernst bemühte,
euch über unser gemeinsames Heil zu schreiben, fühlte ich mich genötigt, euch
zu schreiben und euch zu ermahnen, für den Glauben zu kämpfen, der den Heiligen
ein für allemal anvertraut worden ist. Judas hatte
vor, einen Brief oder eine Abhandlung über die große Heilsbotschaft, über die
Liebe Gottes in Christus Jesus und über die grundlegenden Lehren des
christlichen Glaubens zu schreiben, die für alle Menschen bestimmt sind. Dieses
Vorhaben war ihm ein ernstes Anliegen, für das er sich mit aller Kraft
einsetzte. Aber er sah sich gezwungen, seine Pläne zu ändern, sein Vorhaben
aufzugeben, und zwar durch gewisse Nachrichten, die ihn erreicht hatten und die
ihn veranlassten, stattdessen über eine Gefahr zu schreiben, die das Evangelium
in der Provinz bedrohte, in der seine Leser lebten. Ohne auf die Erörterung der
grundlegenden Lehren einzugehen, ermahnt Judas die Christen hier kurz, nicht
nur in die Defensive, sondern auch in die Offensive zu gehen, sich zu verteidigen
und mit allem Ernst und Nachdruck für den Glauben, für die Wahrheit des
Evangeliums zu streiten, wie sie den Heiligen in der Lehre der Apostel ein für allemal überliefert worden ist. Wo immer die Apostel
hinkamen, haben sie den Menschen die frohe Botschaft von der Erlösung aller
Menschen durch das Sühnewerk Christi verkündet. Das war die Zusammenfassung und
Grundlage ihrer gesamten Lehre. An dieser Wahrheit müssen die Christen also
festhalten, dafür müssen sie mit aller Kraft kämpfen.
Der Apostel beschreibt nun die Gefahr: Denn
es haben sich heimlich Menschen eingeschlichen, die schon lange vorher zu
dieser Verurteilung bestimmt sind, Gottlose, die die Gnade unseres Gottes zur
Lüsternheit verkehren und unseren einen Meister und Herrn Jesus Christus
verleugnen. Die Irrlehrer, auf die sich Judas bezieht, bedienten sich derselben
Taktik, die von ihren Nachfolgern bis heute angewandt wird. Sie verkündeten
sich nicht als Seelenmörder, Lügner und Verführer. Sie schlichen sich unbemerkt
in die Gemeinden, sie schlichen sich heimlich ein. Gal. 2,4; 1. Tim. 1,6; 2.
Tim. 2,16-18; sie taten so, als ob sie fromm und scheinheilig wären; sie taten
so, als ob sie für das Evangelium eifern würden. Aber, wie der Apostel sagt,
ist das Gericht, das solche Menschen kennzeichnet, die Verurteilung, die sie
treffen wird, in der Schrift schon lange vorhergesagt worden. Sie gaben vor,
gottesfürchtig zu sein, waren aber in Wirklichkeit gottlos; sie verkehrten die
freie Gnade Gottes in Lüsternheit, in die Begierde des Fleisches; sie
verwandelten die Freiheit des Evangeliums in einen Freibrief, nach dem ihre
böse Natur verlangte; sie wurden sogar süchtig nach öffentlicher
Unanständigkeit; und sie verleugneten sowohl Gott, den einzigen Herrn, als auch
Jesus Christus, den Retter. 2. Petr. 2,1-3; 2. Tim. 3,2-8; Tit. 1,10-16.
Beispiele für das Gericht Gottes (V.
5-7): Der Apostel führt eine Reihe von Beispielen aus dem Alten Testament an,
um zu zeigen, dass das Gericht schließlich über alle Verführer kommen wird: Ich
will euch aber daran erinnern, da ihr es ja wisst, dass der Herr, nachdem er
das Volk aus dem Land Ägypten befreit hatte, danach die Ungläubigen
vernichtete. Die Beispiele für Gottes
Zorn und Strafe, auf die sich Judas beziehen wollte, waren natürlich in der
Unterweisung enthalten, die die Leser in der Lehre der Heiligen Schrift
erhalten hatten. Deshalb hält es Judas für notwendig, sie nur an einige wenige
zu erinnern, um seinen Standpunkt deutlich zu machen; es war nicht nötig,
ausführlich zu schreiben. Da war zunächst die Illustration aus der Geschichte
der Kinder Israels. Gott hatte sie zwar aus der Hand des Pharao befreit, sie
mit großer Macht und mit ausgestrecktem Arm aus dem Land Ägypten geführt. Aber
als sie danach ungehorsam waren und sich weigerten, den Worten zu glauben, die
er durch seinen Knecht Mose zu ihnen sprach, hielt er sie vierzig Jahre lang in
der Wüste gefangen, bis alle vernichtet waren und umkamen, die als Erwachsene
Ägypten verlassen hatten.
Ein weiteres Beispiel für Gottes Zorn und
Strafe ist das der bösen Engel: Und die Engel, die ihren ersten Stand nicht
bewahrten, sondern ihre Wohnung verließen, hat er aufbewahrt für das Gericht
des großen Tages, mit ewigen Banden unter der Finsternis. Am Anfang hat Gott
alle seine Geschöpfe gut gemacht, auch die Engel, 1. Mose 1,31. Aber einige
seiner Engel waren nicht zufrieden mit ihrer Stellung, mit ihrem Amt, mit ihrer
Würde. Sie erhoben sich in Rebellion gegen den Herrn und verließen die
Wohnstätte, die der Herr ihnen gegeben hatte. Die Strafe des Herrn kam daher
mit allmächtiger Gewalt über sie: Sie werden in ewigen Ketten unter der
Finsternis aufbewahrt oder gehalten, in einem Zustand der Gefangenschaft, aus
dem sie nicht entkommen können. Mit Gottes Erlaubnis können sie sich in der
Welt bewegen, aber sie stehen immer noch unter dem Verhängnis, aus dem es kein
Entrinnen gibt; sie sind für immer von der wahren Gemeinschaft mit Gott, von
der Hoffnung auf Erlösung abgeschnitten, 2. Petr. 2,4.
Eine
dritte Veranschaulichung ist dem Buch Genesis entnommen: So wie Sodom und
Gomorra und die Städte um sie herum, die sich in Unzucht ergötzt haben wie
diese Menschen und anderem Fleisch nachgelaufen sind, werden sie als Beispiel
hingestellt und dazu verurteilt, die Rache des ewigen Feuers zu erleiden. Die
Übertretungen der Menschen von Sodom und Gomorra waren so unsagbar schmutzig,
dass sie zu Synonymen für alles geworden sind, was an der menschlichen Natur
unaussprechlich entwürdigend ist. Und die Städte in der Nähe, Adamah und Zeboim, 5. Mose 29,23;
Hos. 11,8, folgten ihrem Beispiel und machten sich ähnlicher Ausschweifungen in
unnatürlicher Unzucht schuldig, indem sie nicht einmal davor zurückschreckten,
mit Tieren zusammenzuleben. Der Fluch des Herrn, 5. Mose 27,21; 3. Mose 18,23;
20,15.16, auf diese Städte und ihre Bewohner herab. Feuer vom Himmel fiel herab
und zerstörte ihre Besitztümer bis auf den letzten Stein, und bis heute ist das
Tote Meer ein warnendes Zeichen für die Heftigkeit der Rache Gottes, so wie die
Übertreter in der Hölle die Schmerzen des ewigen Feuers erleiden.
Der Charakter der verführenden falschen
Lehrer (V. 8-13): Der Apostel wendet nun die Lehre aus den von ihm
angeführten Beispielen auf die Irrlehrer an: Trotz allem verunreinigen auch
diese Seher das Fleisch, verleugnen die Herrschaft, lästern die Würden. Die
Irrlehrer hätten diese warnenden Beispiele kennen können und müssen; aber sie
setzen sich ruhig darüber hinweg und gehen ähnliche Wege. Sie sind Träumer,
Visionäre, deren eigene Phantasie sie täuscht; in ihrer Verblendung halten sie
das Unwirkliche für das Wirkliche. Sie machen sich der schändlichsten Verbrechen
der Sinnlichkeit schuldig, nicht nur in Gedanken und Wünschen, sondern auch in
Taten. Gleichzeitig lehnen sie die himmlische Herrschaft ab; sie weigern sich,
die Herrschaft Gottes anzunehmen und sich unter sie zu beugen; und sie lästern
die Würden, die Engelsordnungen und alles, was vor Gott Majestät und
Herrlichkeit hat.
Diese Anmaßung ist umso größer, da der
Apostel schreibt: Der Erzengel Michael aber, als er mit dem Teufel über den
Leib des Mose stritt, wagte es nicht, ihn wegen seiner Lästerung zu
verurteilen, sondern sagte. Der Herr weise dich zurecht! Ein Engel der
allerhöchsten Ordnung, Michael, war von Gott beauftragt worden, Mose zu
begraben, 5. Mose 34,5.6, und wurde von dem Fürsten der bösen Engel
herausgefordert, der den Leichnam für sich haben wollte. Während dieser Debatte
verzichtete Michael, obwohl er völlig im Recht war, darauf, das Urteil über den
mächtigen gefallenen Engel zu fällen. Stattdessen legte er Rache und Strafe in
die Hände Gottes, indem er über Satan rief, der Herr möge ihn zurechtweisen.
Die Anmaßung der Irrlehrer hingegen kennt
keine Grenzen: Einerseits spotten sie über das, was sie nicht wissen, und
andererseits verstehen sie das, was sie instinktiv verstehen, wie die
irrationalen Tiere, an denen sie zugrunde gehen. Das ist eine typische Haltung
der Irrlehrer. Die Wahrheit verstehen sie nicht, ihr fleischlicher Verstand ist
blind für alle wahre Weisheit, und darum spotten sie und verhöhnen sie, Kol. 2,18.
Dagegen verstehen sie manches von Natur aus, aus Instinkt, wie unvernünftige
Tiere, wie Tiere, nämlich das, was zu ihren fleischlichen Lüsten gehört. Aber
ihr Verstand lehrt sie nicht, sich richtig zu verhalten, sondern sie vergessen
es in ihrer sinnlosen Begierde, und sie verderben sich selbst an Leib und
Seele, 2. Petr. 2,12.
Der Apostel schildert nun das Schicksal der
Irrlehrer: Wehe ihnen! Denn auf dem Weg Kains
wandelten sie, und in dem Irrtum Bileams stürzten sie sich kopfüber auf den
Lohn, und in der Auflehnung Korahs gingen sie zugrunde. Der Apostel beschreibt
die Strafe so, als ob sie bereits stattgefunden hätte, so sicher ist sie, so
sicher wird das Unheil über diese Verführer kommen. So wie das ganze Verhalten Kains, bis hin zum Mord an seinem Bruder Abel, aus einer
verfluchten Selbstsucht erwuchs; so wie Bileam sich durch die Bestechung des Moabiterkönigs Balak wider
besseres Wissen blenden ließ, 4. Mose 25,1-3; 31,16, um des schnöden Gewinns
willen; so wie Korah sich gegen den Herrn auflehnte, indem er dem
Stellvertreter des Herrn den Gehorsam verweigerte: so sind diese Irrlehrer, von
denen Judas hier spricht, der gleichen Übertretungen, der Selbstsucht, des
Geizes und des Ungehorsams schuldig. Man beachte den Höhepunkt in der Anordnung
der Beispiele.
Die gerechte Empörung des Apostels bricht
nun in seiner Beschreibung der Irrlehrer hervor: Sie sind verborgene Felsen in
euren Liebesmählern, die ohne Furcht miteinander zechen und sich selbst
ernähren, Wolken ohne Wasser, die vom Wind getrieben werden, herbstliche Bäume,
die keine Früchte tragen, zweimal tot sind und entwurzelt werden, wilde
Meereswogen, die ihre eigene Schande ausspucken, umherirrende Sterne, denen die
Finsternis der Dunkelheit auf ewig vorbehalten ist. Wie die verborgenen oder
versunkenen Felsen jedes Boot gefährden, das in ihre Nähe kommt, so sind diese
Verführer eine ständige Bedrohung für die Gläubigen, weil sie ihre wahre Natur
geschickt verbergen. Sie nehmen an den Liebesmahlzeiten der Christen teil, wie
sie in Verbindung mit dem Heiligen Abendmahl gefeiert werden, aber nicht im
Geiste christlicher Gemeinschaft, sondern um zu zechen, ohne die geringste Rücksicht
auf die Ehrfurcht, die der Anstand verlangt, um als wahre Diener ihres eigenen
Leibes zu schlemmen. Sie sind wie Nebelwolken, die vom Meer hereingetrieben
werden, aber nie einen Tropfen fruchtbarer Feuchtigkeit abgeben. Sie sind wie
Bäume im Spätherbst, ohne Laub und Früchte und damit doppelt tot, noch dazu
entwurzelt. Sie sind wie die Wellen und Wogen des großen Meeres, deren Schaum
die Unreinheiten hervorbringt, die von den Meeresströmungen mitgerissen werden.
Sie sind wie Sternschnuppen, die aus ihrer Sphäre in die Dunkelheit eilen, um
nie wieder gesehen zu werden. All diese Vergleiche, die absichtlich
durcheinander geworfen werden, treffen auf die Irrlehrer zu. Sie kamen in die
Versammlungen der Christen und traten bei allem, was sie taten, ungebührlich
hervor. Sie maßen sich an, Hirten zu sein, aber sie lebten von den Menschen,
die sie betrogen, und wurden fett von der Beute, Hes.
34,8. In großen, schwülstigen Worten der Eitelkeit versprachen sie neue
Weisheit; aber sie brachten nichts als die alte Torheit hervor, Kol. 2,8; 1.
Tim. 4,7; 2. Tim. 2,16-18. Sie gaben vor, das wahre christliche Leben zu
führen, aber sie zeigten nichts als Heuchelei. Sie waren ganz und gar
fleischlich, ohne einen Funken des wahren, geistlichen Lebens. Ihr Ende würde
daher ewige Schande in der Finsternis der Hölle sein. Dieselbe Beschreibung
trifft auf die Irrlehrer in unseren Tagen und bis zum Ende der Zeit zu.
Gottes kommendes Gericht über die
falschen Lehrer (V. 14-16): Der Apostel führt hier ein Zitat ein: Es hat
aber auch für diese geweissagt der siebente von Adam, Henoch, und gesagt:
Siehe, der Herr ist gekommen mit unzähligen Heiligen, Gericht zu halten über
alle und zu überführen alle Gottlosen von allen ihren gottlosen Werken, die sie
gottlos begangen haben, und von allen ihren gewalttätigen Reden, die die
gottlosen Sünder gegen ihn geredet haben. Man beachte die Wiederholung
desselben Wortes: Gottlosigkeit, Gottlosigkeit, Gotteslästerung, denn der
Apostel will die Abscheulichkeit der Übertretung deutlich machen. Sein Zitat,
das er Henoch, dem siebten Patriarchen in der Linie von Adam, zuschreibt, kann
ohne Bedenken als dem apokryphen Buch Henoch entnommen angesehen werden; denn
es ist nicht ausgeschlossen, dass der Herr eine Tatsache anerkannt hat, die in
einem apokryphen Buch aufgezeichnet ist. Es kann aber auch auf andere Weise an
die Apostel weitergegeben worden sein, sehr wahrscheinlich durch den Herrn
selbst in einer seiner Reden über das Ende der Welt, Matth.
24,3-26; Luk. 21,5-36. Zu einer solchen Zeit wurde auch Judas gesagt, was
Henoch über die Sintflut und das Jüngste Gericht prophezeit hatte. Mit Myriaden
von Heiligen, Engeln, Hebr. 12,22; Matth. 25,31, wird
der Herr am letzten Tag wiederkommen. Alle Menschen werden dann vor seinem
Richterstuhl erscheinen müssen, um Rechenschaft über alles abzulegen, was sie
in diesem Leben begangen haben, Röm. 14,10-12. Dann werden die Ungläubigen und
alle, die Christus nicht wirklich angenommen haben und ihm im Glauben anhingen,
über ihren Unglauben überführt werden, der sich in ihren gottlosen Werken und
in den stolzen und harten Worten zeigte, die sie gegen den großen Gott
sprachen. Den Ungläubigen, nicht nur den Bekennern, sondern auch den Heuchlern,
wird jedes böse Wort und jedes böse Werk zur Last gelegt, und sie werden die
Strafe für ihre ganze Schuld zu tragen haben.
Dass der Apostel die gesamte Prophezeiung
Henochs auf die falschen Propheten anwendet, vor denen er warnt, geht aus den
nächsten Worten hervor: Sie sind unzufriedene Murrer, die nach ihren eigenen
Wünschen wandeln, und ihr Mund redet hochmütig, sie schmeicheln den Menschen um
ihres Vorteils willen. Diese Eigenschaften findet man auch heute noch bei
vielen Irrlehrern. Sie murren und beklagen sich ständig, sind unzufrieden mit
Gott und der Welt und beklagen ständig ihr Schicksal. Und doch wollen sie nur ihren
eigenen Lüsten und Begierden nachgehen, wobei die Befriedigung ihrer
fleischlichen Begierden das höchste Ziel ihrer Existenz ist. Die Irrlehrer
zeichneten sich auch durch ihre Prahlerei aus, durch ihr überhebliches
Selbstlob, ihre eigenen Fähigkeiten und Leistungen. Aber wenn es ihrem Zweck diente und sie sich
einen Vorteil davon versprachen, übertraf sie niemand in der Niedertracht ihrer
Schmeicheleien gegenüber den Menschen. „Alle Schmeichler der Reichen sind von
dieser Art; und besonders diejenigen, die sich als Diener des Evangeliums
ausgeben und die um einer vorteilhafteren Bezahlung oder eines ruhigen Lebens
willen die Reichen sogar in ihren Sünden besänftigen.“ (Clarke.)
Eine Ermahnung zu heiliger
Standhaftigkeit (V. 17-23): Der Apostel wendet sich hier mit einem ernsten
Appell an die Christen: Ihr aber, Geliebte, erinnert euch an die Worte, die
zuvor von den Aposteln unseres Herrn Jesus Christus gesprochen wurden, dass sie
euch gesagt haben. Am Ende der Zeit wird es Spötter geben, die nach ihren
eigenen gottlosen Begierden wandeln. Die Warnung des Judas war nicht die erste,
die seine Leser erhielten; es war nur notwendig, sie an Worte der feierlichen
Warnung zu erinnern, die zum Beispiel von Petrus gesprochen wurden, als er schrieb,
dass in den letzten Tagen Spötter kommen werden, die nach ihren eigenen Lüsten
wandeln, 2. Petr. 3,3, und von Paulus, als er den Ältesten von Ephesus sagte,
dass Menschen aus sich selbst aufstehen und verkehrte Dinge reden werden, Apg.
20,29.30. Vgl. 1. Tim. 4,1; 2. Tim. 3,1-9.
Der heilige Judas vervollständigt die
Beschreibung: Das sind die, die sich absondern, die fleischlich sind und den
Geist nicht haben. Das ist die Hauptfunktion der Irrlehrer: Sie verursachen
Spaltungen, Zwietracht, Vergehen gegen die gesunde Lehre. Sie sind sinnliche
Geschöpfe, die bei jeder Gelegenheit die Befriedigung ihrer sinnlichen
Begierden suchen. Der Geist Gottes lebt nicht in ihnen, denn sie sind Diener
des Geistes der Finsternis, Röm. 16,17.18; Kol. 2,18-23. Diese Worte müssen wir
uns immer vor Augen halten gegenüber den Irrlehrern, die sich über die klaren
Aussagen von Gottes heiligem Wort hinwegsetzen und versuchen, die Seelen in
ihren Netzen des Unglaubens zu verstricken.
Wahre Gläubige haben nichts mit den
Irrlehrern und ihren Methoden gemein: Ihr aber, Geliebte, erbaut euch auf euren
hochheiligen Glauben, mit Gebet im Heiligen Geist, bewahrt euch in der Liebe
Gottes und nehmt die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus an zum ewigen
Leben. Hier bietet der Apostel zumindest eine Zusammenfassung der Abhandlung,
die er im Sinn hatte, bevor die Umstände ihn zwangen, diesen Brief zu
schreiben. Er fordert die Christen auf, sich auf ihren heiligen Glauben zu
stützen, auf das Fundament Jesu Christi und der Apostel, Eph. 2,20; Kol. 2,7.
Sie sollen fest bleiben in den Worten Christi, in dem heiligen und kostbaren
Evangelium ihres Heils, und keine Macht des Universums soll sie von ihrer Treue
abbringen, Joh. 8,31.32; Röm. 16,17.18. Und da dies nicht Sache des eigenen
Verstandes und der eigenen Kraft des Gläubigen ist, wird er die Kraft des Herrn
im täglichen Gebet im Heiligen Geist suchen und erlangen, der selbst uns mit
unaussprechlichem Seufzen beisteht, Röm. 8,26.27. Auf diese Weise bewahren sich
die Christen die Liebe Gottes, die wunderbarste Gabe Gottes an die Menschen,
Joh. 3,16. Diese Liebe Gottes wird durch den Heiligen Geist, der uns gegeben
ist, in unsere Herzen ausgegossen, Röm. 5,5, und diese Liebe Gottes muss auch
in unseren Herzen Liebe erwecken, 1. Joh. 4,19. So nehmen wir täglich die
Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus an, seine göttliche Gunst, die er
uns durch sein eigenes Leiden und Sterben erwarb und die uns durch den Glauben
an ihn das ewige Leben sichert, 1. Joh. 2,1.2; Röm. 8,34; Heb. 7,25. Wir sind
des ewigen Heils durch die Barmherzigkeit Gottes in Jesus Christus gewiss.
Diese Gewissheit des Glaubens wird sich
dann in unserem Verhalten gegenüber unseren Brüdern, in brüderlicher Liebe,
zeigen: Die einen ermahnen, indem sie einen Unterschied machen; die anderen
erlösen, indem sie sie dem Feuer entreißen; wieder andere erbarmen sich in
Furcht und hassen auch das Kleid, das vom Fleisch befleckt ist. Drei Klassen
von schwachen Brüdern werden hier unterschieden, und wir sollen in unserer
Behandlung einen Unterschied machen. Diejenigen, die in ihrem Glauben unsicher
sind, die immer im Zweifel sind, ob sie ihr Vertrauen auf das Heil Christi
setzen sollen, sollen wir ermahnen, ihre Zweifel beiseite zu legen. Andere, die
von den Verführern fast in die Irre geführt worden sind, sollten wir wie ein
Brandmal aus dem Feuer reißen (Amos 4,11; Sach. 3,2), um sie den eifrigen
Krallen zu entreißen, die sie ins Verderben hinabziehen würden. Wieder andere
sind kurz davor, vom rechten Weg abzuweichen, weil sie geneigt sind, auf die
Stimme der Verführer zu hören. Solchen sollen wir liebevollen, barmherzigen
Beistand leisten, Gal. 6,1.2. Und das soll in Furcht geschehen, im Geist der
Sanftmut; wir sollen immer auf uns selbst achten, damit wir nicht auch versucht
werden. In unserer ganzen Haltung darf nicht der geringste Anflug von Stolz und
Anmaßung sein, sondern nur ein heiliger Schrecken vor der Sünde, vor dem
befleckten Gewand des Fleisches. Und was uns selbst betrifft, so müssen wir uns
ständig bemühen, das Kleid des Heils, des Verdienstes Christi, mit dem Gott uns
bekleidet hat, unbefleckt zu halten, sowohl von falscher Lehre als auch von
fleischlichem Leben, Offb. 3,4.5.
Abschließender Lobpreis (V. 24-25): Das
ist sowohl ein Lob Gottes als auch ein wunderbarer Trost für die Gläubigen: Ihm
aber, der euch vor dem Entgleiten bewahren und euch vor seiner Herrlichkeit
untadelig in Jubel setzen kann, dem einzigen Gott, unserem Erlöser, durch Jesus
Christus, unseren Herrn, sei Ehre, Majestät, Kraft und Macht vor allen Zeiten
und jetzt und in alle Ewigkeit. Amen. Wo menschliche Kraft und Fähigkeit nicht
ausreichen, wo alle unsere Kräfte das Ziel verfehlen, da kommt uns die
allmächtige, gnädige Kraft unseres himmlischen Vaters zu Hilfe. Er ist in der
Lage, uns zu bewahren, damit unsere Füße nicht ausrutschen, damit wir nicht
stolpern und fallen. Durch seine ewige Barmherzigkeit werden wir am letzten Tag
nicht in unserer eigenen Gerechtigkeit, sondern in der unseres großen Meisters
fehlerlos vor ihn treten und daher mit unaussprechlicher Freude und
Glückseligkeit erfüllt sein. 1. Thess. 5,23.24; Kol. 1,22; 1. Petr. 4,13. Er
ist es, zu dem unser Lob jetzt und in der Ewigkeit aufsteigt, der eine und
einzige Gott, der wahrhaftig unser Erlöser ist, sowohl weil er in Christus war
und die Welt mit sich versöhnte, als auch weil er seinen einzigen Sohn als
Opfer für die Sünde und Schuld der ganzen Welt gab. Ihm schreiben wir daher in
unserem Gebet des Lobes und des Dankes alle Herrlichkeit, Majestät, Kraft und
Macht zu, wie sie im Anfang war, vor Anbeginn der Zeit war, jetzt ist und immer
sein wird, in der Welt ohne Ende, Röm. 16,27; 1. Tim. 1,17. Amen, Amen, das
ist: Ja, ja, es soll so sein.
A Aus: Johann Schaller: Kurze Bibelkunde. St. Louis, Missouri: Concordia Publishing House 1899. S. 207-208