Wie man Kirchendiener wählen und einsetzen soll
(De instituendis ministris ecclesiae)
Martin Luther
An den Rat und die Gemeinde der Stadt Prag
1523[1]
Des Paul Speratus Zuschrift
Allen und
jeden frommen Christen zu Salzburg und Würzburg, seinen lieben Brüdern in
Christus, wünscht Paulus Speratus Gnade und Friede in
Christus.
Nicht ohne
Ursache bin ich bewegt worden, allerliebste Brüder, euch zumal zuzuschreiben
die Verdeutschung dieses Büchleins des christlichen Ecclesiasten
(Predigers) Martin Luther; welches Büchlein, wer nach dem Titel urteilen will,
allein an die Christen im Königreich Böhmen geschrieben haben geachtet wird.
Wer aber weiter denkt, leicht erkennen mag, gleichwie sein Herz hierin
gestanden ist und noch steht gegen dieselben, so ist es auch allewege gesinnt,
allen Christen zu raten, dieweil sie gleich ein Unfall quält überall, damit sie
errettet würden von dem ägyptischen Pharao, der nun eine lange Zeit Israel nach
dem Geist unterdrückte mit ohne Zahl aufgelegter unnützer, doch schwerer Mühe
und Arbeit nach seinen untüchtigen Geboten durch seine gottlosen, das ist, ihm
selber gleichen Fronvögte, die er in alle Welt ausgeschickt hat jetzt in der
allgefährlichsten Zeit, wie zu besorgen ist, darin nicht Wunder wäre, ob schon
der Glaube kaum auf Erden gefunden würde und dazu auch die Auserwählten in
Irrtum verführt, wenn Gott nicht diese Tage von wegen derselben seiner
Auserwählten verkürzt hätte.
Doch solchen
Willen des gemeldeten Ecclesiasten Martin man leicht
auch daher prüfen kann, dass er dieses sein Büchlein mir in deutsche Sprache zu
bringen befohlen hat, nämlich damit gewollt, dass es nicht allein von Böhmen,
sondern von allen anderen Geschlechtern deutscher Nation zu Besserung gelesen
und verstanden würde. Wie es denn mit höchstem Fleiß nicht allein gelesen,
sondern, will man Christ werden oder sein, danach gelebt werden soll, dieweil
es nichts als christliche Lehre einführt; also, dass auch, wer Christus selber
und seine Apostel in ihm hören will, dies Büchlein nicht beiseite schieben darf.
Es sagt aber
und lehrt von dem, da nichts Notdürftigeres in der Kirche ist, das ist, von dem
Wort und seinem Diener oder Verkündiger, ohne welche die Kirche nicht eine
Kirche ist, auch nicht eine Kirche bleiben kann; es wäre denn eine Kirche der
Boshaften, davon Gott durch den Propheten sagt: „Ich habe sie gehasst“, im 26.
Psalm. Kurz, hier wird vorgemalt, wie man sich mit Dienern im Wort Gottes
versehen soll; oder aber, so man je dieselben weder kann noch haben darf, wie
man sich noch in dieser babylonischen Gefangenschaft wohl und christlich halten
kann. Ich lasse alle anderen Büchlein bleiben in ihrem Wert; sie reden, wovon
sie wollen, sie seien hohe oder niedere; so sieht mich doch dieses Büchlein an,
als das von der allerletzten Zuflucht und Rettung lehrt, wenn sonst nichts mehr
helfen will. Es muss je dazu kommen, dass man entweder auf das baldigste öffentlich und tröstlich die Sache so angreife,
oder aber, dass ein jeder in seinem Haus daheim sich selbst des Worts allein oder mit etlichen seiner
Nachbarn unterstehe, so viel er kann, in demütigem Geist und Furcht Gottes zu
predigen, ohne zu zweifeln, der Geist Gottes werde sein Leiter in alle Wahrheit
sein durch dasselbe Wort Gottes, das er ihm und anderen nützen könnte; sonst
ist es ganz verloren.
Es wird uns
der Antichrist und seine Fischschuppen das Wort Gottes, das wir zur Seligkeit
nicht entbehren können, nimmermehr vergönnen wollen, noch zu lassen stehen. Und
so wir’s von ihnen begehrten, was wäre das anders, als dass wir wollten, dass
der Antichrist nicht Antichrist wäre und Welt nicht Welt sollte sein; was denn
nicht möglich ist, so wenig der Mohr seine Farbe verlassen kann.
So ich nun
weiß, dass es so der Wille ist bei dem, der dieses Büchlein zuerst gepflanzt
hat; warum sollte ich mit diesen meinen Wassern der Verdeutschung etwas anderes
machen? Dieweil auch Gott, der das Gedeihen geben soll, allen und jeden ein
gemeinsamer Gott ist überall, nicht will, dass der Sünder sterbe, sondern dass
er bekehrt werde und leben möge. Deshalb, wiewohl ihr sonderlich hiervon im
Titel genannt seid, darum, dass ich als Domprediger etliche Jahre euch das Wort
– wollte Gott, nützlich – verkündigt habe, daher ich mich noch, wenigstens aus
brüderlicher Treue, euch besonders zu ermahnen schuldig achte; jedoch dabei
meine Meinung ist, durch euch auch allen anderen desto leichter nützen könne,
die so viel weniger meinen kleinen Dienst hierin verachten werden, weil sie
sehen, dass ihr auch das Wort selber von mir Armen zu hören euch gedemütigt
habt; auch niemand daran zweifeln soll, dass ihr noch heute, es wäre von mir
oder, wie gering ich bin, von einem anderen, der noch weniger wäre als ich, von
Herzen gern das Wort Gottes hören wollt. Es sitzen euch aber des Antichrists Schindschergen und Stockmeister auf dem Hals,
vor denen sich niemand – wie zu vermuten – regen darf.
Doch findet
ihr hier, wie ihr euch dennoch dawider raten könnt. Aber harre, harre, wir sind
nun etliche Mal mit der Lade des Bundes um dies Jericho herum und der rechte
Josua, Christus, mit uns. Wird es kommen zu dem siebten Mal, dass man die
evangelische Predigt aufblasen muss und das rechte Feldgeschrei machen, so ist
es schon aus mit Jericho, hilft nichts dagegen. Aber indes sollen wir in der
Hoffnung zu Gott immer fort umhergehen, nach dem Wort Gottes nicht feiern noch
nachlässig werden, Gott weiß wohl die rechte Zeit, die ihm gefällt.
Zum Schluss
ermahne ich euch, lasst uns alle Ein Ding in Christus sein, die wir denn in
Einem Geist zu Einem Leib getauft sind, wir seien deutsch, böhmisch, welsch
oder griechisch. Deren Namen gilt keiner vor Gott. Im 10. Kapitel (V. 34) der
zwölf Boten Geschichte sagt Petrus so: „Nun erfahre ich in der Wahrheit, dass
Gott die Person nicht ansieht, sondern in allerlei Volk, wer ihn fürchtet und
recht tut, der ist ihm angenehm“; wie auch zu den Römern im 10. Kapitel (V.
12.13) geschrieben steht: „Es ist – verstehe des Glaubens halben – kein
Unterschied; es ist aber allzumal nur Ein HERR, reich über alle, die ihn
anrufen; wenn wir des HERRN Namen anrufen wird soll selig sein, er sei gleich,
wie er wolle.“
Welcher weiß
aber dieselben, als Gott allein, der ein Geist ist (Joh. 4,24)? Der erkennt
überall, wer den Geist seines Gesalbten, das ist, unseres HERRN Jesus Christus
hat. Es ist ein freier Geist, lässt sich nirgends in einen Winkel treiben auf
dieser Welt, dass man sagen wollte: Hier ist er, da ist er nicht. Er ist und
bleibt über allen Verstand, wo er will, in alle Wege unermessen,
außer durch den Glauben, der fehlt nicht; er weiß, dass eine christliche Kirche
ist, die den Geist Christi hat; wer aber, und wo allein derselben christlichen
Kirche Glieder sind, das ist und bleibt bis ans Ende der Welt allem Fleisch
verborgen. Ja, ob schon gewiss ist, dass an dem Ort müssen Christen sein, da
das Wort Gottes im Schwang geht und die Taufe gehalten wird; dennoch kann man
die Christen in eigener Person nicht erkennen. Denn wohl sein kann, dass eben
die, so das Wort haben, ja, mit Freuden annehmen, nicht alle rechte Christen
sind; wie wir aus dem Gleichnis von dem Samen (Luk. 8,13) lernen können.
Wir sehen
aber, dass die Taufe und das Wort Gottes unter den Böhmen ist, welche zwei des
christlichen Wesens die allergewissesten Zeichen sind; so folgt, dass auch ohne
Zweifel Christen in Böhmen sind, soll anders das Wort Gottes durch den
Propheten nicht unwahr erfunden werden, da er spricht, Jes. 55,11: „So wird
mein Wort sein, das da ausgeht von meinem Mund; es soll mir so nicht leer
wieder heimkommen, sondern es wird tun alles, was ich will, und ihm soll glücken
in allem, dazu ich’s ausgesendet habe.“ Da darf man sich nicht hindern lassen,
ob sie schon dem römischen Stuhl nicht unterworfen sind, denn römischer Stuhl
nicht Christen macht. Man urteile zuerst durch das Wort Gottes, ob die römische
Kirche oder die Böhmen der Einsetzung Christi gemäßer
leben, und besonders – damit ihr ein Beispiel zu geben – in dem Sakrament des
Altars. Christus hat je daselbst Wein und Brot allen und jeden aufgesetzt,
daran der römische Stuhl unchristlich gefrevelt hat, da er den Laien die andere
Gestalt verboten hat. Wiewohl das ein Geringes wäre, so nicht noch gröbere
Zoten mit eingerissen wären, die tausendmal schädlicher geworden sind.
Haben wir
nun den Geist Christi, der allein durch das Wort in uns kommen kann, so sind
wir alle Ein Ding in Christus, welche Einigkeit er allein haben will; an
auswendigen, leiblichen Gebärden ihm nichts gelegen ist, darin wohl ein
Unterschied erfunden und gelitten werden kann. Ja, es kann auch und muss nicht
auf Eine Weise zugehen nach dem tollen und rasenden Gehirn des römischen
Tyrannen, der alle Welt nach seiner Mutwillen auf
seine Zeremonien zwingen will, hat doch auf den Glauben gar keine Acht dabei,
so dass der rechtschaffene Geist durch sein fleischliches Regiment gleich
schier – wie noch etwa ist – auch bei uns erloschen wäre, wenn uns nicht Gott
sein Licht hätte wieder scheinen lassen.
Treten wir
nun in den rechten Hauptstücken, das ist, in dem Glauben samt seinen Früchten
und Zeichen, zusammen; danach lassen wir von außen gehen, wie es einer jeden
Kirche gefallen wird. Es gilt alles gleich, so es nur nicht gegen den Glauben
und Grundstück ist. Dieses sei darum gesagt, dass wir Deutschen und Böhmen auf
beiden Teilen einander, wie bisher, nicht mehr verurteilen, auch sonst niemand
anderen, der von außen nicht nach unserer Weise wandelnd gefunden wird. Der
Glaube ist wahrlich ein höheres Geheimnis, als dass man ihn aus den Dingen
loben oder schelten möge. Tun wir das, so kann dies Büchlein von uns allen mit
Nutzen gelesen werden. Gott verleihe, dass sein Name in uns allein geheiligt
werde. Amen.
Am Tag St.
Pauli Bekehrung, Wittenberg im 24. Jahr.
Den verständigen
und weisen Herren Bürgermeister und Rat, auch ganzer Gemeinde der Stadt Prag in
Böhmen, seinen Lieben in Christus, wünscht Martinus Luther, Ecclesiast
(Prediger) zu Wittenberg, Gnade und Friede von Gott, unserem Vater, und dem
HERRN Jesus Christus.
1. Verständige, günstige, liebe Herren! Oft
und vielmals, auch durch vieler Schrift, bin ich gebeten worden, euch zu
schreiben von der Ordnung, wie man die Hirten der Kirche fordern und einsetzen
soll; zuletzt mich die christliche Liebe gedrungen hat, solches mitnichten
abzuschlagen. Und wiewohl ich weiß, dass es über mein Vermögen ist, dazu auch
daheim mehr zu schaffen habe, als ich allein ausrichten kann, jedoch weil es
euer Nutzen und Notdurft so erzwingt, so darf die Liebe alles wagen; denn sie
verlässt sich darauf, sie vermöge alle Dinge, so nur
allein der in ihr wirkt, Gott, der sie kräftigt.
2. Hierum so
gebe ich euch, was ich habe; aber dergestalt, dass ganz einem jeden hierin sein
Urteil frei zu fällen vorbehalten sei. Denn mein Dienst, darin ich gefordert
bin, lässt mich nicht weiter gehen, als wohin mich fordert eines
anderen Gewalt; darum ich auch niemand will ein Veranlasser sein, etwas
anzufangen, als nur allein mit Raten und Ermahnen. Der HERR aber, der in euch
angefangen hat, dass ihr die Dinge fordert und begehrt, der wolle auch erfüllen
und vollbringen, was ihr vorgenommen und im Sinn habt, mit vollkommener und
reichlicher Tat zu Lob seiner Gnade und des Evangeliums, der da gepriesen sei
immer und ewig, Amen.
Eine Bedingung
3. Zu
allererst bedinge ich und bekenne, ob etliche wären, die da erhoffte, ich würde
hierin etwas lehren oder darin bessern an dem lang her gehaltenen Brauch, zu
bescheren und salben die Priester; die sollen wissen, dass sie gar nichts
angeht, was ich in diesem Büchlein handeln werde. Ich will ihnen vergönnen,
dass sie ihrer Geistlichkeit, ja, ihrem Aberglauben, wie allgemein, alt und
hoch berühmt er ist, warten, wie lang sie wollen. Wir aber suchen die lautere
und rechtschaffene Weise, die uns in der Schrift vorgebildet ist; bekümmern uns
nicht viel, was der Brauch und die Väter in dieser Sache für eine Weise gegeben
oder gehalten haben; weil wir nun längst zuvor genügend gelernt haben, dass wir
nicht schuldig sind, auch nicht müssen oder wollen den menschlichen Satzungen
unterworfen sein; sondern wir wollen, wie es uns gefallen wird, aus
christlicher Freiheit Herren darüber sein, wie geschrieben steht 1. Kor.
3,21.22: „Alle Dinge sind euer, es sei Petrus oder Paulus, aber ihr seid
Christi.“
Eine Ermahnung, dass man von den Papisten keine Weihe
empfangen soll
4. Ehe wir
aber anfangen zu reden von unserer, das ist, von der christlichen Einsetzung
der Hirten, ist’s billig und recht, dass wir vorher betrachten die Weihe, wie
sie es nennen, der Papisten und öffentlich hervorziehen den großen Greuel ihres Weihens, dass derselben Bosheit, wie David
sagt, hässlich und gehässig erfunden werde, und desto leichter sich davor zu
hüten, die, so noch zu streng daran haften, beredet werden. Und damit wir an
dem Geringeren anfangen, wollen wir am ersten anregen die Ursache, weshalb ihr
Böhmen besonders und vor anderen beschwert seid.
5. Nachdem
der Satan überhand genommen
hat und, die man nennt Bischöfe und Priester, aus dem Land waren, auch dazu das
ganze böhmische Königreich verwüstet und einsam verlassen war, seid ihr durch
Gewalt der römischen Bischöfe durch harte und erbärmliche Not gedrungen worden,
eure Priester, um die Papisten-Weihe zu erkaufen, von Jahr zu Jahr nach
Welschland zu schicken; denn die Bischöfe um euch her, weil sie euch für
verstockte Ketzer halten, wollen sich keineswegs die zu weihen bewilligen.
Welch großer Nachteil und Gefahr hat aber über euch
eingeführt diese Notdurft? Ich lasse anstehen, was sie an Leib und Gut leiden,
da sie mit großer Arbeit und Kosten solchen fernen Weg unter Fremden, ja, unter
Feinden sich bemühen müssen und zuletzt wiederkommen, dass sie euch regieren; aber
mit wieviel geholten Krankheiten, ja, mit wie viel bösen Sitten und mit was
verderbtem Gewissen? Doch, das mehr zu erbarmen ist, dass sie durch schändliche
und unehrliche Verbindung von eurem Tyrannen und seinen Stockmeistern, das ist,
von den Bischöfen, gegen das Gewissen genötigt und gezwungen werden, ihre Weihe
zu kaufen; also, dass sich ihrer keiner immer mit gutem Gewissen rühmen darf,
er sei durch die rechte Tür eingegangen in den Schafstall. Nun ist je dies das
allerschwerste, dass ihr allewege und allein solche Hirten haben müsst, die
anderswo durch die Tür eingegangen sind.
6. Später
ist auch dieser Ursache eine greuliche Freiheit
geworden, einem jeden leichtfertigen Buben und Abtrünnigen seines Ordens, auch
denen, die sonst kein Land ertragen könnte, zu euch zu kommen und allda
anzunehmen das Priesteramt; also, dass diese eure elende Not gleich zu einem
Sprichwort geraten ist, nämlich: So schon einer bei den Deutschen den Galgen
oder Rat verdient hätte, noch gäbe er einen guten Pfaffen im Böhmerland. So hat
Böhmerland müssen erfüllt werden mit ausbündigen bösen Buben, dazu auch mit
ungelehrten Hirten, ja, vielmehr mit reißenden Wölfen. Was hat das dieweil
angegangen den heiligen Stuhl zu Rom, die Böhmen
verdürben, wie sie wollten? Ja, er hat gedacht, er tue ein Werk daran, das ihm
sehr wohl gebührlich sei, so er Geld nähme und diesen Vergiftern
und Bestien die Freiheit und Mutwillen verkaufte, damit sie eure Seelen
verheeren und verderben könnten; wiewohl er euch auch dieselben nicht vergönnt
hat: Doch hat ihn vermocht die Liebe des Pfennigs, dass er so barmherzig würde
und verkaufte den Ketzern und seinen Feinden seine heilige Weihe.
7. Daher
fließt auch die große Verwüstung und babylonische Unordnung in eurem so edlen
Königreich; da etliche die Not dringt, dass sie müssen Pfaffen haben; etliche
zu schwach sind, dass sie nicht strafen mögen die, so sie haben; und es so
geschieht, dass ein jeder lehrt, was er will. Da wird gepredigt dies, da jenes;
etliche betrügen das Volk, so sie sich für Priester fälschlich angeben und
sind’s nie geworden; etliche kaufen die Pfarre; etliche werden mit Gewalt
eingedrungen; und etwa der hernach kommt, anders predigt, als der zuvor da war.
Und weil weder Weise noch Art eines rechten Priestertums da ist, so sieht das
edle Böhmerland nicht anders aus als gleich wie das Babylon, das Jesaja
beschreibt Kap. 13,21, darin die Ungeheuer springen, die Eulen und Uhu singen.
Was ist nun Wunder, dass unter dieser Unordnung alles Volk in Böhmen nichts
anderes ist als laut er zwieträchtige Parteien untereinander, und dass nirgends
eine rechte Weise ist, weder zu glauben noch zu leben; darum all ihr
Priestertum für nichts anderes als für ein Amt des Verderbens gehalten wird.
8. Fürwahr,
diese Dinge, wie schrecklich und greulich sie sind,
sollten billig und recht bewegen, dass mit gemeinem Rat das ganze Böhmerland
diesen Greueln verschlossen würde. Ja, so je
verstanden wäre ein so großer Unfall und Not, dass man auf keinem Weg andere
Diener der Kirche haben könnte, so wollte ich ganz getrost geraten haben, dass
ihr eher gar keine Diener überall hättet. Denn es wäre viel sicherer und
heilsamer, dass ein jeder Hausvater daheim in seinem Haus vorläse das
Evangelium. Und weil auch die einmütige Meinung und Brauch der ganzen Welt
zulässt den Laien, dass sie taufen können, wäre auch mein Rat, dass die
Hausväter, wenn ihnen Kinder geboren würden, diese selber tauften und so, nach
der Lehre Christi, sich selbst und die Ihren regieren, ob sie schon durch ihr
Leben lang das Sakrament des Altars nicht empfangen könnten. Denn das Sakrament
des Altars bei Gefahr des Heils nicht vonnöten ist; aber das Evangelium und die
Taufe allein genügend sind, weil allein der Glaube fromm macht und die Liebe
allein wohl lebt.
9. Fürwahr,
so auf diese Weise zwei oder drei oder zehn Häuser oder eine ganze Stadt oder
mehr bei ihnen selbst in dieser Sache überein kämen und übten so unter sich
selbst daheim durch das Evangelium den Glauben und Liebe, ob schon nimmer zu
ihnen käme ein Geweihter, Beschorener oder Gesalbter
oder was sonst für ein Diener ihnen aufgelegt wäre, wie es wolle, der ihnen des
Altars und andere Sakramente reichte, würde Christus ohne allen Zweifel mitten
unter ihnen sein und sie für seine Kirche erkennen; würde sie nicht darum
verdammen, sondern auch krönen und belohnen diese ihre gottesfürchtige und
christliche Enthaltung von allen anderen Sakramenten, die ihnen durch
unchristliche und gotteslästerliche Diener hätten müssen gereicht werden. Denn
er hat so gesagt: „Nur eins ist not“, das ist das Wort Gottes, darin der Mensch
das Leben hat. So nun der Mensch lebt durchs Wort und hat das Wort, so kann e
der anderen entraten, besonders wenn er dadurch vermeiden will beide, Lehre und
Amt der Nichtchristen. Und was wäre es nützlich, so man die anderen alle
genießen könnte und doch nicht haben das Wort, dadurch man allein das Leben
hat? Aber die erkauften und eingedrungenen Papisten mit ihrer Weihe unterstehen
sich bei euch keines anderen, als dass das Wort Gottes nirgends sei im
Böhmerland, sondern dass allein bleiben die Sakramente: Das ist, sie berauben
euch des Nötigen und durch die Dinge, die nicht vonnöten wären, wollen sie eure
Herren sein.
10. Dagegen
kann ein Hausvater in diesen notdürftigen Dingen die Seinigen durch das Wort
versehen, und dieweil er ist in solcher Gefangenschaft, kann er in christlicher
Demut der unnötigen entraten. Da muss man gleich tun nach der Weise und Gesetz
der Juden, da sie gefangen waren; welche, da sie zu Jerusalem weder sein noch
opfern konnten, erhielten sie doch den Glauben durch das Wort und lebten wohl
unter den Feinden, erseufzten aber und sehnten sich
nach Jerusalem. So auch dieser Hausvater, davon ich rede, unter dieser Tyrannei
des Papstes, täte er am allerrechtesten und sichersten, wenn er seufzte und
sich sehnte nach dem Sakrament des Altars, das er weder dürfte noch könnte
empfangen; doch dass er daheim ernstlich und treu den
Glauben die Seinigen lehrte und unterwiese durch das Wort Gottes, bis sich etwa
Gott vom Himmel herab erbarmte und entweder auflöste diese Gefangenschaft oder
sonst einen Diener schickte, der dazu tauglich wäre. So sage ich, besser wäre
es, man habe gar keinen, als dass man habe einen gotteslästerlichen, einen
unchristlichen, einen schändlichen Diener, der allein kommt, dass er erwürge
und verderbe als ein Dieb und Mörder.
11. Nun
aber, Gott sei Lob! solcher Unfall und Not nirgends ist, es wäre denn allein
bei den Schwachen und bei denen, die sich sonst leicht etwas bekümmern lassen;
so haben doch die anderen, die da glauben und die Wahrheit erkennen, freie
Gewalt und Macht, zu vertreiben alle unchristlichen Diener der Kirche; dagegen
wieder zu fordern und einzusetzen allein die, die da tauglich und christlich
sind, wie oft es ihnen gefallen wird. Denn dass es je gar ein hübscher Fund
ist, den allein derselbe Mensch der Sünde hat erdenken
sollen, dass er seine Priester durch das unaussprechliche Malzeichen der Weihe
ewig macht, dass man sie von keiner Verschuldung wegen ändern (oder absetzen)
könne; freilich darum, dass er so seine Tyrannei beständig macht und einen
ungestraften Mutwillen zu sündigen befestigt, so man nirgends bessere wählen
dürfte und d9ch eben die schändlichen so leiden müsste. Doch von solcher Gewalt
wollen wir hernach reden. Jetzt aber, weil wir euch Böhmen durch euren Schaden
selbst ermahnt haben, dass ihr die Papistenweihe ganz
und gar ein gutes Jahr haben lassen sollt und fahren lassen, will ich doch eine
gemeine Ursache hinzusetzen, dadurch wir euch und der ganzen Welt einen Ekel
machen wollen, dass sie abweichen von gemeldeter abscheulicher und greulicher Papistenweihe.
12. Ich will
bei der Papisten Weihe indes übersehen, dass alle die, so nun genannt werden
Priester, allein durchs Bischofs Gewalt ohne ersuchter und ohne erlangte
Einwilligung und Wohl des Volkes, darüber man sie setzen will, geschmiert und
eingesetzt werden; so doch demselben Volk, weil es ein Volk Gottes ist, am
allermeisten daran gelegen und darein zu sprechen wäre, dass man ihm gar
niemand auflegte ohne seine eigene Wahl; sondern den sollte allein der Bischof
bestätigen, welchen sie wohl kennen und berufen hätte, dass er ihnen tauglich
wäre. Nun aber alle die, so geweiht werden, die werden gemeiniglich dahin
geweiht auf ein ungewisses, so, dass schier keiner weiß, welches Volkes er
künftig Priester werden soll; dazu der größere Teil werden sie allein auf Lehen
geweiht, dass sie Messe opfern sollen.[2]
So gar weit ist es davon, dass das Volk wissen möchte, welche Priester ihm doch
der Bischof salbt. Das, sage ich aber, will ich an der Priesterweihe bis zu
gelegener Zeit übersehen, wiewohl es eine sehr schädliche Unordnung ist und
eine schändlicher Greuel.
13. Darüber
aber soll billig ein jeder, der Christus lieb hat,
hoch erschrecken und lieber, was es wäre, leiden, ehe er von den Papisten seine
Weihe empfangen wollte, darum, dass alles, was in derselben Weihe ist, mit der
allerhöchsten und allerunchristlichsten Verkehrung geschieht und gehandhabt
wird. Und wenn sie nicht mit solcher Blindheit und Unsinnigkeit geplagt wären,
so möchte man sie dafür ansehen, als wollten sie mit besonderem Fleiß Gottes
unter die Augen spotten. Denn weil die priesterliche Ordination oder Weihe
erstlich durch Zeugnis der Schrift, nachmals durch Beispiel und Satzung der
Apostel allein dahingestellt ist, dass man dadurch einsetzte dem Volk Diener im
Wort Gottes, – ich sage von dem öffentlichen Amt des Wortes Gottes, dadurch ausgespendet
werden die Geheimnisse Gottes – so soll dies Amt durch diese heilige Ordination
eingesetzt werden als ein Ding, das über alles andere in der Kirche das höchste
und größte ist, in welchem alle Kraft des ganzen Standes der Kirche begriffen
ist; dieweil nichts in der Kirche bestehen kann ohne das Wort und durch das
einige Wort bestehen alle Dinge. Aber meine Papisten lassen sich auch nicht
träumen von diesem Amt, wenn sie weihen oder Priester verordnen.[3]
Was tun sie denn?
14. Für das
erste, so sind sie alle miteinander mit Blindheit geschlagen, wissen fürwahr
nicht, was da ist weder das Wort noch das Amt des Wortes, voraus die Bischöfe
selber, welche also weihen oder zu Priestern verordnen. Wie könnte denn
geschehen, dass sie Diener des Wortes einsetzen mit ihrem Weihen? Danach,
anstatt der Diener des Wortes weihen sie Pfaffen, die Messe opfern sollen und
Beichte hören. Denn das meint der Bischof damit, wenn er ihnen den Kelch in die
Hand gibt und befiehlt ihnen die Gewalt, zu segnen und zu opfern für Lebendige
und Tote, ja, diese hohe Gewalt, die sie rühmen, es habe sie nie ein Engel
empfangen, ja, es habe sie auch die Mutter Gottes nicht; und sie selbst sind
doch daneben unreiner als die Hurer und die Mörder. Ebenso, das meint auch der
Bischof damit, so er ihnen mit überheiligem Geheimnis in die Ohren den Heiligen
Geist einbläst und sie so zu Beichtvätern macht, sprechend: Nehmt hin den
Heiligen Geist usw. Das ist jene so gepriesene Gewalt, Messe zu halten und
Beichte zu hören.
15. Ich
will, dass du mich gröblich dichten und lügen heißt, wenn du einen findest
unter allen, die mit dieser Ordination geweiht werden, der sagen dürfte, es sei
ihm in der Weihe befohlen worden, auszuspenden die
Geheimnisse Christi und zu predigen das Evangelium und regieren die Kirche
Gottes, die er mit seinem Blut erworben hat. Fürwahr, ihrer keiner hört solches
jemals, vermeinen auch nicht, dass ihnen solches zugehöre. Den Kelch nimmt er
wohl und meint, das sei es nun gar miteinander, darum er geweiht werde, dass
ihm hinfort Christus in der Messe zu segnen und zu opfern geziemen soll;
danach, dass er auch Beichte hören könne. Ja, noch viel mehr forscht man allein
nach dem, ob er etwa einen Titel habe auf ein Lehen, damit der Bauch versorgt
sei; so, dass gänzlich auf nichts gesehen wird als allein auf das Messe opfern;
das ist die Erfüllung aller Weihe miteinander.[4]
Wer das davon bringt, der ist schon von der Kirche verordnet zu einem Priester,
und diese Gewalt hat alsdann niemand anders, wie es denn gewiss bezeugen die
Schmiere der Finger und die Platte des Schädels.
16. Des
andern, zum Amt im Wort wird bei ihnen noch ein anderer neuer Beruf erfordert,
der als ohne alle Vergleichung geringer als die heilige Weihe und das
priesterliche Malzeichen, schlechthin durch einen Pfarrherrn oder sonst etwa
durch eine weltliche Obrigkeit gemeinglich muss verliehen werden. Was wäre es,
dass sich so hohe Häupter, wie Hirten und Bischöfe, damit bekümmerten? Es soll
allein befohlen sein den Allerniedrigsten, den Schlechtesten, den Ungelehrtesten als ein Ding, das ihnen viel zu schlecht und
gering ist; weil die Geheimnisse Gottes ausspenden und die Seelen zu weiden ein
schlechtes Amt ist, das kein unauslöschliches priesterliches Malzeichen hat und
heißt nicht ein Sakrament der heiligen Weihe. Aber Christus segnen und opfern,
da, da, das muss ein unauslöschliches Malzeichen haben, das ist das rechte
Sakrament der heiligen Weihe.
17. Über
solches, schleudert noch der Zorn Gottes diese lächerlichen Bischofslarven so
herum, dass sie nicht allein verachten das Amt des Wortes, an welches Statt sie
einsetzen das Amt, Messe zu opfern; sondern auch die heilsame Taufe, dadurch
die Menschen leben und geheiligt werden die vernünftigen Seelen zu dem ewigen
Leben, schieben sie von sich als ein Amt, das ihnen gar fremd muss sein und
zumal unwürdig solcher mit edlen Steinen ausgestickten Bischofshauben und
goldenen Mänteln. Aber dafür steht ihnen sehr wohl an, dass sie anstatt der
Seelen tote Geschöpfe, die keine Seele haben, taufen sollen, wie Steine,
Altäre, Glocken, welche der Taufe wohl so empfänglich sind, wie sie selbst der
Wahrheit. Das ist so eine große Unsinnigkeit und Torheit, dass du vor Lachen
fast bersten müsstest, wenn du außerhalb des Ernstes einen Bischof so spielen
sähest; aber so du im Geist die Lästerung Gottes erwägst, die hierin geschieht,
möchtest du vor lauter Unwillen zerreißen.
18. So man
denn jemals leugnen soll, dass Priester seien, so muss du ganz gewiss leugnen,
dass Priester seien alle die, so der Papisten Weihe geschmiert haben; denn aus
Vorgesagtem nun genug kund ist, dass sie sich des gar nicht unterwinden, dass
sie damit verordnen Diener des Wortes, sondern allein Messpfaffen und
Beichthörer. Sie können auch nichts anderes tun oder handhaben als das, was sie
im Willen haben zu tun und zu handeln; das ist, sie trachten nicht, dass sie
verleihen das Amt, ein Volk zu lehren, sondern dass sie allein Macht geben,
Messe zu halten und Sünde zu hören; darum keineswegs geschehen kann, dass sie
ein anderes erlangen. Dieweil nun nichts Gewisseres ist, als dass die Messe
kein Opfer ist; danach, dass auch ihre Beichte nichts gilt, davon sie sagen, es
sei ein gebotenes Ding; sondern die beiden nichts anderes sind als
Menschenwerk, gotteslästerliche Sünde und eitel Lügengedicht; so folgt daraus,
dass durch solche ihre heilige Weihe vor Gott keiner zum Priester oder zu einem
Diener werden kann, sondern allein ein lauter Larvenspiel der Lüge und
Eitelkeit, zu opfern, da kein Opfer ist, Schuld zu vergeben, da kein Ankläger
sollte sein: Gleichwie der auf dem Schauplatz, der sich selbst belachte und
gestikulierte, da er niemand hatte, der ihm zuschaute oder über ihn lachen
wollte.
19. Das sind
nämlich die Stücke, die nicht allein euch Böhmen, sondern auch miteinander alle
christlichen Herzen bewegen sollten, eher alles zu leiden, als mit dieser
gotteslästerlichen Weihe befleckt zu werden; auch die, so bisher so geweiht
worden sind, sollen es sich billig leid sein lassen, da sie dermaßen durch die
Larven der Lüge betrogen sind. Und fürwahr, so sie je einmal recht Messe
gehalten haben oder das Amt des Dieners der Kirche erfüllt, so ist’s gewiss
geschehen nicht aus Kraft ihrer so heiligen Weihe, welche nur lauter Lüge und
Verspottung Gottes ist, sondern durch die Kraft des Glaubens und Geistes der
Kirche, welche dieselben also anstatt des rechten Amtes hat dulden müssen, auch
sie zuzulassen gezwungen war.
20. Nun
aber, dieweil die Sache offenbar wird, geziemt sich nicht, weiter Gott zu
verhöhnen und zu verspotten: Sondern solche Larven der Lüge soll man fliehen
als die greulichsten Vergifter
der Seelen und als die allerschändlichste Schmach der ganzen Kirche. Wer aber
durch diese Larven in die Stelle des Amtes gekommen ist, der eile und ergreife
nun das rechte Amt und verrichte hinfort sein Amt rein und würdig, verlasse das
Amt, Messe zu opfern, lehre dafür sein Volk das Wort Gottes und regiere seine
Kirche wohl; im Übrigen verwerfe und verfluchte er von Herzen die Schmiere und
alle Weihe, dadurch er eingegangen war. Den nicht vonnöten ist, dass er darum
auch die Stätte des Amtes verlasse, wiewohl er auf unchristliche und verkehrte
Weise eingestiegen ist, so doch das Gemüt gebessert und damit die Ungestalt
seines Einganges verdammt würde.
21. Ferner,
so die gefärbten Pfaffen und gelarvten Bischöfe mit
ihrem Weihen und Opfern, es wäre ihnen gleich Schimpf oder Ernst, nur nicht
etwas täten, das stracks gegen das Evangelium strebte, ließen uns doch daneben
allein Christus in seinem Reich unverworren, so
möchte vielleicht solche ihre Narrheit sanfter gestraft oder dieser Frevel
leichter getragen werden. Nun aber ist ihre Unsinnigkeit und greuliche Torheit dermaßen beschaffen, dass Christus muss
ganz verleugnet und vertilgt werden, sollen anders ihre Opfer und Ämter
bestehen; wie ich das auch anderswo genug habe angezeigt, doch jetzt abermals
ein wenig vorzubringen mich nicht verdrießen soll. So hält das Evangelium und
alle Schrift, „dass Christus sei der höchste Priester, der allein einmal und
durch das einzige Opfer seiner selbst aller Menschen Sünde weggenommen hat und
sie ewig heilig gemacht, da er einmal in das Heilige eingegangen ist durch sein
eigenes Blut, und hat daselbst eine ewige Erlösung erfunden (wie die Epistel
Hebr. 9,11.14.28 sagt), also, dass uns für unsere Sünde ohne das einige hinfort
gar kein anderes Opfer überbleibt, und so wir auf dieses einige Opfer mit
reinem Glauben vertrauen, werden wir selig ohne all unser Verdienst und Werk
von allen unseren Sünden. Desselben Opfers und seiner für uns Dargebung hat er ein ewiges Gedächtnis eingesetzt, da er
wollte unter dem Sakrament des Altars dieses Opfer verkündigt haben und so
genährt und gestärkt den Glauben, den man an dasselbe Opfer haben muss.
22. Was tut
aber hier der Papisten Weihe in ihren Greueln? Das
tun sie: Sie opfern alle Tage den Leichnam und das Blut an unzähligen Orten
durch die ganze Welt, als ob ihnen das einige Opfer nicht genug wäre, oder als
ob er nicht einmal erfunden hätte ewige Erlösung; und verheißen mit solchem
ihrem Opfer Vergebung der Sünden: doch nicht eine ewige, sondern nur eine
tägliche, die man alle Tage erneuern muss. Eben der Greuel
übertrifft fürwahr alle Vernunft. Denn was heißt das anders tun, als gleich nur
allein mit dem bloßen Namen rühmen das Opfer Christi, und doch dasselbe in der
Wahrheit verleugnen und vertilgen? Denn wir können die beiden beieinander
bestehen, dass ich glaube, ich habe erlangt eine ewige Vergebung der Sünden
durch Christus, der einmal für mich geopfert ist; und gleich zumal daneben
suche immer eine andere und andere Vergebung durch das tägliche Wiederopfern
des vorigen Opfers? Denn so ist glaube, dass mir die Sünden in ewige Zeit durch
Christus, einmal für mich geopfert, erlassen sind; so kann ich nicht noch
einmal suchen Erlösung der Sünde durch die andere Opferung. Suche ich aber
durch das tägliche Opfer Erlassung derselben, so muss von Not wegen der Glaube untergehen, welcher glaubt, dass alle meine
Sünden, durch Christus einmal geopfert, in ewige Zeit weggenommen sind.
23. Hier
seht ihr nun, in welch schrecklicher verkehrter Weise diese Opferpfaffen unter
dem Namen Christi uns Christus mit seinem ganzen Reich weggenommen haben und an
seine Statt ihr eigenes Werk, ihr Opfer, ihr Fündlein
haben aufgerichtet; wie Christus hat vorhergesagt, Matth.
24,15: „Es werde der Greuel stehen an dem heiligen
Ort.“ Hier geht auch im das Wort Christi, V. 5: „Ihrer viele werden kommen in
meinem Namen und sprechen: Ich bin Christus.“ Geben sie sich nicht aus für
Christus, so sie verheißen durch die Opfer, da sie täglich an so viel tausend
Orten wieder Opfern, das Christus allein auf einmal durch sein einiges Opfer
hat zuwege gebracht? Heißt nicht das wegnehmen den Glauben von dem Felsen der
Wahrheit, die in Christus ist, und denselben bauen auf den Sand menschlicher
Lügen?
24. So sehen
wir, was für Priester werden durch der Papisten Weihe; fürwahr nicht Priester
Gottes, sondern des Teufels Priester, allein, dass sie Christus mit Füßen
treten, sein Opfer vertilgen, aber sich selber unter seinem Namen verkaufen und
die Welt lehren, auf ihr Opfer vertrauen. Darum es jetzt keiner Frage mehr
bedarf, ob an die Weihe von den Papisten begehren und empfangen könne; sondern
es ist ein beschlossenes Urteil schon da, dass man an keinem Ort weniger
verleihe die Weihe und Priester mache, als unter dem Reich des Papstes. Es ist
wohl eine Gestalt da, die prächtig scheint, als weihte man und machte Priester;
es gehört aber dem König des Gleißens zu, dass er nichts verleihe als lauter
ledige Gleißen, damit er seine Greuel bestärken
könne. Darum uns hier unser eigenes Gewissen im Glauben zwingt, dass wir uns
bei dem höchsten Bann hüten, von ihm weihen zu lassen: Dazu zwingt uns mit
Gewalt die gänzlich treffliche Ursache unserer Seligkeit, dass wir uns
enthalten von demselben gotteslästerlichen und verdammten Weihen. Wehe denen,
die sich weihen einem solchen Widersacher Gottes, diesem Baal Peor, voraus so sie das wissen
und verstehen.
25. Fürwahr,
diese einige Ursache sollte euch Böhmen vor allen anderen Nationen am meisten
bewegen. Denn es euch nicht allein, wie den anderen, vor Gott unchristlich
gerechnet wird; sondern es ist euch auch schändlich vor allen Menschen, dass
ihr die Weihe von eurem Feind sucht und empfangt, der Johann Hus und Hieronymus
von Prag, samt vielen anderen, mit der ärgsten Schmach ihres Namens verbrannt
hat; der nie etwas anderes wollte, als dass ihr vertilgt würdet; der euch
bisher ohne Ende, ohne Maß vor aller Welt beschmeißt mit dem schändlichen Namen
der Ketzerei; welches giftigem Vornehmen ihr mit so viel Blut so oft habt
müssen widerstehen. Dennoch schämt sich der blutige Tyrann seiner Bosheit
nicht, reut ihn auch nicht, widerruft nicht die schändliche Tat am unschuldig
verdammten Blut; will euch dazu noch nicht wiedererstatten den lästerlichen
Raub des christlichen Namens, den er euch genommen hat. Es ist ihm auch
keineswegs leid, dass so viel deutsches Blut gegen euch vergeblich und mit
Schaden der Seelen von seiner gotteslästerlichen Tyrannei wegen ist vergossen
worden; sondern so hart verstockt ist seine Stirn und sein Nacken, dass er noch
heute viel lieber wollte, ihr und wir verdürben beide auf einmal miteinander,
dass nicht ein Fünklein mehr übrig
bliebe, das Christus zur Errettung seiner Ehre ein wenig scheinen
möchte.
26. Er hält noch unter seinem losen und nichtigen Bann oder
Fluch König Georg mit allen denen von Münsterberg, das da ein herrliches Herzogtum ist unter der Krone zu Böhmen; wie
er auch hat mit vielen anderen getan. Aber Gott Lob, dass „der Mensch der Sünde
offenbar geworden ist“, 2. Thess. 2,3, davon Petrus, 2. Ep.
2,10, vorlängst gesagt hat: „Könige und Fürsten wird er verfluchen ohne
Schrecken.“ Wir haben aber einen anderen Bischof; was dieser verflucht, das
kann er segnen, wie geschrieben steht: „Sie werden verfluchen, aber du wirst
segnen.“ Also dass der Fluch des Papstes über König Georg und über das
Herzogtum von Münsterberg, auch alle die, so dergleichen gelitten haben,
allewege und noch nichts anderes gewesen ist, als der, davon Salomo in den Sprüchen
im 26. Kapitel (V. 2) sagt: „Gleichwie der Vogel in der Höhe vorüber fliegt; so
wird auch nicht kommen der Fluch, der ohne Ursache gegeben ist“; sondern
vielmehr ist’s und bleibt ewig eine sehr große Ehre vor Gott gemeldetem König
Georg und allem seinem Geschlecht, vor allen anderen Königen und Landesfürsten,
dass er so von dem Fluchstuhl und von dem Kind der
Verfluchung ist verflucht worden.
27. Ach, liebe Böhmen, wolltet ihr auch
jetzt noch fortfahren, von diesem euren Feind so vergeblich so gar lästerliche
und schändliche Weihe zu empfangen oder auch das Wenigste mit ihm zu schaffen
haben, der so grausam ist, der ein solcher Blutsäufer, ein solcher Flucher ist,
der so gar mit nichts zu versöhnen ist, der vor Gott und vor Menschen ein
solcher Greuel ist? Denn so ihr das tut, fallt ihr
ihm dann nicht zu mit dieser Tat und bestätigt ihm, als hätte er recht getan,
als er euch verdammt hat? Ist es nicht, dass ihr damit alle eure so redlichen
und ehrlichen Taten verdammt, die ihr gegen ihn begangen habt? Fallt ihr nicht
euch selbst hiermit ab als Widerwärtige? Macht ihr nicht hiermit das
christliche Blut des Johannes Hus, unschuldig vergossen, zu einem
unchristlichen Blut, als das mit Recht und Ehren von ihm vergossen sei? so ihr
küsst die Hände des, der es vergossen hat, so ihr zu Füßen fallt dem, der euch
mit Füßen tritt und euch mit ewiger Schmach so martert. Wie viel tätet ihr
rechter an dem, dass ihr euch von ihm so fern hintan macht, damit ihr auch
nicht fühlt den Geruch seines giftigen Namens, so viel es möglich wäre; dieweil
auch Paulus gebietet, 1. Kor. 5,11, wie man den Hurer und Trunkenbold meiden
soll, wieviel mehr von allen denen, die Christus bekennen, soll gemieden werden
dieser Greuel, der die allerletzte Verwüstung ist,
die niemand zu zwingen, niemand zu strafen vermag.
28. Nun, ihr lieben frommen Herren, lasst
mich am ersten das von euch erhalten; ja, es sollt’s
erzwingen – ob ihr es sonst nicht gerne tätet – euer eigenes Gewissen und
Furcht Gottes, dass ihr hinfort die Weihe weder begehrt noch empfangt von
diesem „Kind des Verderbens“, 2. Thess. 2,3, ob er euch’s
schon selbst anböte. Auch dass ihr noch weniger aufnehmt einen, der von ihm
geweiht daher kommt und bringt mich sich den Namen und
Malzeichen dieser Bestie. Denn es sei denn Sache, dass dieses von euch zuerst
erlangt werde, so ist alle Mühe verloren, und wir suchen vergeblich Rat, wie
man euren Sachen helfen soll. Dazu, so wird auch euer hochberühmter, ja,
seliger Abfall von Satans Reich nicht anderes als für einen losen Schein und
Farbe zu rechnen sein. Denn was ist’s, sich rühmen, als habe man sich des
päpstlichen Jochs entzogen, und doch niemand anders zulassen, der die Gewissen
leite, als eben die Henker und Mörder desselben Tyrannen, dem man entsagt haben
will? Wird nicht alle Welt urteilen, dass ihr – mit so viel Blut, mit so viel
Gefahren, auch damit was ihr bisher erduldet und gelitten habt, dass man euch
Christen so geschmäht hat, auch allewege für Ketzer gehalten, – nichts anderes
erstritten habt, als dass es allein einen Titel und Namen hat, als hättet ihr
dem Papst entsagt und doch in der Wahrheit euch selbst hiermit seine Tyrannei
zwiefältig aufgelegt? Viel seliger tragen wir deutschen Narren seine Tyrannei
einfältig, ob wir schon des, als wären wir ihm ungehorsam, keinen Namen haben,
so wir das leiden, das an ihm selber ist, wie es den Namen hat; damit wir nicht
falschen Ruhm unserer Unseligkeit zertrösteten, das
ist, nicht eine besondere Freude dem verfluchten Tyrannen machten eben durch
das, darin unser selbst zu spotten wäre.
29. Es möchte einer sagen: Was sollte man
denn für eine Weise anfangen? Die große Not, die will je der
Dinge aller nicht achten. Wir haben keine Priester und können ihrer doch
keineswegs entraten? Ja, wenn das gelten soll, so müsste man es eher so
gefühlt, gesagt und gehalten haben, ehe man von dem Papst abgefallen wäre; oder
aber gewiss noch auf’s baldigste
wiederzukehren zu dem Bekenntnis der Untertänigkeit, die man verlassen hat. Und
das viel lieber, denn so untertänig verlieren die Freiheit und allein dermaßen
gespeist werden mit eitler Lust, als hätte man Freiheit überkommen, so man doch
dieweil zwiefältig schwerer in Gefangenschaft gekommen ist. Hierin steht uns
das zu, dass wir die Sache angreifen, dass wir noch heute dieses Tags entweder
lernen, wie wir uns selbst außerhalb der Tyrannei des Papstes mit Priestern
versehen; oder aber, so wir das nicht wollen, dieweil wir’s doch vermögen, dass
wir uns gerne und willig geben unter die Gefangenschaft und daselbst unter dem
König des Verderbens mit Wissen und guter Vernunft dienen im Dienst des
Verderbens, welches Christus, unser barmherziger HERR und Meister, von uns
abwenden wolle.
Es ist
nicht ein Ding, Priester und Diener: Zum Priester wird einer geboren; zu einem
Diener wird man durch Wahl und Berufung
30. Hier muss man allererst einen festen
Glauben fassen, damit wir durch Kraft des göttlichen Worts aufgeben dies
weitläufige und mächtige Ärgernis, da man nach menschlicher Weise Priester hat
genannt und nachmals mit halsstarrigem Trotz verteidigt alle die, so durch
Bischöfe beschoren und gesalbt werden. Denn durch
solchen Schmuck dieses Namens ist der Satan betrüglich
eingegangen und hat so verheert und verwüstet alle Dinge mit unermesslichem
Wüten; da hat er sieben andere Teufel, noch ärger als er, zu sich genommen, mit
denen ist er eingegangen in seinen Hof, da sitzt er sicher und wohnt mit Ruhe,
so, dass kein Mensch überall anders gedenkt noch versteht durch das Wort
Priester, als ein solch beschoren und gesalbt Wunder,
aufgeblasen und eingeführt durch menschlichen Frevel und Aberglauben. Wenn du
da nicht die Augen zu willst tun und vorüber laufen vor allem Brauch, altem
Herkommen und Menge, und dich allein ganz hängen mit offenen Ohren an das einige
Wort Gottes, so wirst du dieses Ärgernisses keineswegs besiegen.
31. So soll uns nun am ersten für einen
unbeweglichen Felsen bestehen, dass im Neuen Testament keiner Priester ist oder
sein kann, der auswendig gesalbt ist. Sind aber etliche, so müssen’s
nur Larven und Ölgötzen sein; denn solcher Üppigkeit haben sie für sich weder
Beispiel noch Schrift, noch ein einziges Wörtlein in
den Evangelien, in allen Episteln der Apostel; sondern durch lauter
Menschenfund sind sie aufgekommen und eingeführt, wie etwa Jerobeam
tat im Volk Israel.
32. Denn ein Priester, voraus im Neuen
Testament, nicht gemacht, sondern geboren werden muss; wird nicht geweiht,
sondern geschaffen. Wird aber geboren nicht durch die Geburt des Fleisches,
sondern durch die Geburt des Geistes, aus Wasser und Geist im Bad der
Wiedergeburt. Deshalb sind gar alle Christen miteinander Priester, und alle
Priester sind Christen. Und es ist eine verfluchte Rede, wenn man sagen wollte,
ein Priester wäre ein anderes Ding als ein Christ ist; denn solches wird
geredet ohne Gottes Wort, nur auf Menschenlehre, auf alt Herkommen oder auf die
Menge derer, die es so dafür halten; aus welchen
dreien, so man eines, welches man will, für einen Artikel des Glaubens
aufstellt, so ist’s eine Lästerung und Greuel, wie
ich den an anderen Orten reichlich gesagt habe.
33. Aber die göttlichen Schriftstellen,
damit wir unser Gewissen, dass alle und allein die Christen Priester sind,
gegen die Geschmierten und Beschorenen schmücken und
stärken sollen, sind die: „Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung
Melchisedeks“, Ps. 110,4. Christus ist weder beschoren
worden, noch geölt, dass er dadurch Priester würde; darum auch einem jeden, der
Christus nachfolgen will, nicht genug ist, dass er geölt sei, um ein Priester
zu sein; sondern er muss etwas ganz anderes haben; überkommt er das, so bedarf
er der Schmiere und Schur gar nicht: Damit du siehst, wie lästerlich irren der
Larven Weiher, die Bischöfe, wenn sie sagen, man müsse geölt und geweiht
werden, sonst könne man nicht Priester sein, ob einer schon der Allerheiligste,
ja, Christus selbst wäre. Sagen wiederum: Durch diese Dinge werden einer ein
Priester, ob er schon boshafter und schändlicher wäre als Nero und Sardanapal gewesen sind.
34. Was tun sie anderes hiermit als leugnen, dass Christus mit seinen
Christen Priester seien? Denn so sie so weihen und ihr Amt vollbringen, machen
sie keinen zu einem Priester, er leugne denn, dass er vorher ein Priester war.
Und eben damit, dass sie Priester machen, entsetzen sie dieselben vom
Priestertum, so dass ihr Weihen vor Gott nichts anderes ist als wahrhaft ein
Larvenspiel, wiewohl daneben eine allzu wahre und ernstliche Entweihung. Denn
was heißt das anders gesagt: Ich werde zum Priester geweiht, als mit der Tat
bekennen, ich war bisher und bin noch nicht Priester? Aller Dinge gleiche der
Mönche Greuel ist, da sie geloben evangelische Räte
und doch daneben die Gebote Gottes verleugnen.
35. Dass
aber das wohl und christlich schließe: Christus ist Priester, darum sind alle
Christen Priester; ist offenbar aus dem 22. Psalm, V. 23: „Ich will verkündigen
deinen Namen meinen Brüdern“; und wieder einmal Psalm 45,8: „Darum hat dich
Gott gesalbt, Gott dein HERR, mit dem Öl der Freuden über deine Mitgenossen.“
Dass wir seine Brüder sind, geschieht nur allein durch die neue Geburt; darum
wir auch Priester sind wie er. Denn „ere hat uns samt
ihm in das himmlische Wesen gesetzt, dass wir seine Genossen und Miterben
sollen sein, in welchem und mit welchem uns alle Dinge geschenkt worden sind“,
Eph. 2,6; Tit. 3,7; Röm. 8,32. Auch wir haben sonst noch viel dergleichen
Sprüche, dadurch wir mit Christus Ein Ding genannt werden; wie Ein Brot, Ein
Trank, Ein Leichnam, ein Glied am anderen, Ein Fleisch, ein Gebein aus seinen
Gebeinen; dass wir ja auch mit ihm alle Dinge gemein haben.
36. So folgt
auch hübsch hieraus: Christus ist der erste Priester geworden des Neuen
Testaments, ohne Schur, ohne Schmier, dazu ohne das priesterliche Malzeichen
und ohne alle diese Larven bischöflicher Weihe; hat auch alle seine Apostel und
Jünger nicht durch solche Larven zu Priestern gemacht. Darum nicht vonnöten ist
eine solche Larvenweihe. Und so sie schon dabei ist, ist’s doch nicht genug,
dass du Priester werdest; sonst müsstest du auch sagen, dass weder Christus
noch seine Apostel Priester gewesen sind. Damit du doch allenthalben siehst,
wie wahr ich gesagt habe, dass ein keinem Ort weniger Priester sind als eben da
man zu unseren Zeiten jetzt Priester weiht. Denn sie lassen die Dinge alle
dahinten, dadurch Christus und seine Apostel sind zu Priestern geworden, die
auch allein zu Priestern machen: Sie sagen nur allein aus eigenem Gehirn und
setzen diese Lügen: Durch diese Dinge wirst du Priester; sonst würdest du nicht
Priester. Das ist so viel gesagt: Christus ist von uns weder beschoren noch gesalbt worden; darum so ist er auch nicht
Priester.
37. Aber
lasst uns fortfahren und dasselbe auch beweisen aus den priesterlichen Ämtern,
wie sie es nennen, dass alle Christen in gleicher Weise Priester sind; wie
diese Sprüche 1. Petr. 2,9: „Ihr seid das königliche Priestertum“, auch Offb.
5,10: „Du hast uns Gott gemacht ein Reich und zu Priestern“; die habe ich nun
genügend eingeführt in anderen Büchern. Dies sind aber fast die priesterlichen
Ämter alle: lehren, predigen und das Wort Gottes verkündigen, taufen, segnen
oder das Sakrament des Altars reichen, binden und auflösen von Sünden, bitten
für die anderen, opfern und richten über alle andere Lehre und Geist. Fürwahr,
das sind großmächtige und königliche Dinge.
38. Das
erste aber und das allerhöchste, daran alle anderen haften und hangen, ist
lehren das Wort Gottes. Denn mit dem Wort lehren wir, segnen, binden und
entbinden, taufen, opfern, richten und urteilen alles; so dass wir, wem wir das
Wort befehlen, demselben können keineswegs versagen alles, das einem Priester
zugehört. Nun aber dasselbe Wort ein allgemeines Ding allen Christen ist, wie
Jesaja sagt Kap. 53,13: „Ich werde allen deinen Söhnen geben, dass sie von Gott
gelehrt sollen sein.“ Dies sind aber, die von Gott gelehrt sind, die es hören
und lernen vom Vater, wie Christus Joh. Im 6., V. 45, auslegt. „Das Hören
geschieht aber durch das Wort“ Christi, an die Römer im 10., V. 17, damit
dieses Lob gestehe im 149. Psalm, V. 5: „Dies ist der Preis aller deiner
Heiligen.“ Welcher? „Die Freude an Gott in ihren Kehlen, zweischneidige
Schwerter in ihren Händen, sich zu rächen an den Geschlechtern, zu strafen die
Völker und zu binden ihre Könige mit Fesseln und ihre Edelsten mit eisernen
Handbanden, dass sie in ihnen vollbringen das beschriebene Gericht“ usw. (nach
der Vulgata.)
39. Zum
ersten, dass nun das erste Amt, nämlich das Amt in Gottes Wort, allen Christen
gemeinsam sei, beweist auch überdies, wie gesagt ist, dieser Spruch 1. Petr.
2,9: „Ihr seid das königliche Priestertum, dass ihr verkündigen sollt die
Tugenden des, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren
Licht.“ Ich bitte euch, welche sind doch die Berufenen von der Finsternis in
das wunderbare Licht? Sind es allein die beschorenen
und gesalbten Larven? Oder sind es nicht alle Christen? Petrus aber gibt ihnen
nicht allein das Recht, sondern auch das Gebot, „dass sie verkündigen sollen
die Tugenden Gottes“; welches fürwahr nichts anderes ist als predigen das Wort
Gottes. Lasse sie nun herkommen, die da zweierlei Priestertum erdichten: eines
geistlich und allgemein; das andere ein besonderes und äußerliches Priestertum:
Und geben vor, St. Petrus rede hier von dem geistlichen Priestertum. Was ist
das Amt ihres besonderen und äußerlichen Priestertums? Ist es nicht „die
Tugenden Gottes verkündigen“? Petrus aber gebietet solches hier dem geistlichen
und allgemeinen Priestertum. Wiewohl sie haben diese Lästerer, ein anderes
äußerlichen Priestertum, dadurch sie verkündigen, nicht die Tugenden Gottes,
sondern des Papstes und ihr eigenes gottloses Wesen. Sonst, gleichwie sich
findet keine andere Verkündigung in dem Amt des Wortes, als diese einige der
Tugenden Gottes, die allen Christen gleich gemeinsam ist; so findet sich auch
kein anderes Priestertum als das geistliche, das auch allen Christen gemeinsam
ist, welches hier Petrus beschrieben hat.
40. Das
beweist auch Christus durch Matthäus, Markus und Lukas, da er beim letzten
Abendessen zu ihnen allen spricht: „Das tut zu meinem Gedächtnis.“ Dies hat er
nicht allein zu den Beschorenen und Geölten gesagt;
sonst dürfte niemand den Leichnam und das Blut Christi nehmen als eben die Beschorenen und Geschmierten. Es ist aber dasselbe
Gedächtnis nichts anderes, als das Wort predigen; wie das Paulus auslegt 1.
Kor. 11,26: Denn „so oft von diesem Brot essen und von diesem Kelch trinkt,
sollt ihr des HERRN Tod verkündigen, bis dass er kommt.“ Nun ist „den Tod des
HERRN Tod verkündigen“ nichts anderes verkündigen als „die Tugenden des HERRN,
welcher uns von der Finsternis hat berufen in sein wunderbares Licht“. Deshalb
hier nicht gelten die Träume der gottlosen Menschen, die da wollen, sie seien
hier die Apostel zu Priestern gemacht, das ist, mit ihren Larven geweiht
worden, so er ihnen allen insgemein ein einiges und jedem dasselbe Amt des
Wortes Christi hier aufgelegt und befohlen hat. Es ist ihnen allen
Recht und geboten zu halten dies Gedächtnis des HERRN, damit Gott in
seinen Tugenden überall gelobt und gepriesen werde. Er meint aber nicht dies
Gedächtnis, dass die Opferpfaffen in Schlupfwinkeln halten, oder wenn sie in
ihrer Himmelsspähung (Betrachtung) stehen; sondern
die öffentlich und durch das Amt des Wortes, um die Seelen der Zuhörer selig zu
machen, geschehen soll.
41. Auch
bekräftigt es St. Paulus 1. Kor. 14,26, da er nicht zu etlichen Beschorenen, sondern zu der ganzen Gemeinde und zu jedem
Christen besonders so spricht: „Ein jeglicher hat einen Psalm, er eine Lehre,
er hat Offenbarung, er hat Zungen und Auslegungen.“ Und hernach, V. 31: „Ihr
könnt wohl alle weissagen, einer nach dem anderen, damit sie alle lernen und
ermahnt werden.“ Lieber, sage mir doch, was meint er damit, wenn er spricht:
„Ein jegliche“? Was bedeutet das Wörtlein „alle“?
Will er allein die Beschorenen damit angezeigt haben?
Darum sei’s nun genügend und mit diesen Sprüchen auf das allerstärkste und klarste befestigt, dass des Worts Gottes Amt, welches das
höchste Amt in der Kirche ist, nur allein Eines ist und allen gemeinsam, die
Christen sind: Nicht allein dem Recht nach, sondern auch aus Gebot. So darf
auch das Priestertum kein anderes sein als auch ein einiges und das auch allen
Christen gemeinsam ist: So, dass gegen diese göttlichen Donnerschläge nicht
gelten können alle Väter, alle Konzile, wären ihrer schon so viel, dass sie
niemand herzählen könnte; auch nicht eine ewige Gewohnheit, noch die Menge
aller Welt: mit welchen Stoppeln die beschorenen
Larven sich unterstehen, ihr Priestertum zu befestigen.
42. Zum
zweiten: Das andere Amt ist: Taufen; das haben sie auch selbst durch täglichen
Gebrauch in der Not den Frauen gemein gemacht, und das so, dass es beinahe gar
nicht als ein priesterliches Amt angesehen wird. Aber sie wollen oder wollen
nicht, so vermögen wir sie damit zu b4schließen und mit ihrem eigenen Urteil
ergreifen, dass alle und allein die Christen, auch die Frauen, ohne Platten und
ohne das priesterliche Malzeichen Priester sind. Denn so man tauft, so spricht
man je aus das lebendige Wort, das die Seele
wiedergebiert und von Tod und Sünde erlöst; welches ja unschätzbar mehr ist,
als das Brot und den Wein segnen, dieweil dies das höchste Amt in der Kirche
ist, nämlich verkündigen das Wort Gottes. Darum die Frauen, wenn sie taufen,
vollbringen sie das rechte Priesteramt: und das nicht mit einem besonderen
Werk, sondern mit einem gemeinen und öffentlichen Amt der Kirche, welches denn
allein einem Priester zugehört.
43. Denn man
kann sich wohl verwundern über der Papisten Narrheit und Unsinnigkeit, die sich
an dem Ort so grob merken lässt. Sie haben das Taufamt
jedermann gemeinsam gemacht und zwingen doch das Priesteramt für sich allein zu
eigen: So das das Taufen niemand zugehören kann als
nur allein einem Priester. Dazu setzen sie selbst, die Taufe sei das erste
Sakrament; und geben doch niemand zu, dass er Sakramente reichen soll, als
allein den Priestern. Nun ist je kein Sakrament würdiger und besser als das andere;
dieweil alle Sakramente durch das einige Wort Gottes bestehen. Aber es hat sie
betrogen ihre eigene Blindheit, davor sie nicht sehen die große Herrlichkeit
des Wortes Gottes, die in der Taufe regiert. Wenn sie dieselbe ansähen, wie es
billig wäre, so fänden sie keine Würdigkeit auf Erden, es wäre priesterliche
oder bischöfliche, ja auch dazu päpstliche Heiligkeit, die sie nicht würden
zuschreiben dem, dem sie zulassen das Amt des Wortes. Der priesterliche,
bischöfliche und auch päpstliche Name würde ein schlechtes Ding gerechnet sein,
wenn man den vergleichen würde gegen das Amt des Dieners, der das Wort Gottes
verkündigt, das lebendig ist und bleibt in Ewigkeit, das
alle Dinge vermag und tut.
44. So
spielen sie auch gar lächerlich, wen sie die Weihe geben. Da halten sie den
bischöflichen Stand nicht für ein Sakrament, geben ihm auch kein besonderes
Malzeichen, aus welchem allein sie die priesterliche Würde und Gewalt für die
höchste achten; doch nichtsdestoweniger muss der bischöfliche Stand der höchste
sein, dieweil er die Priesterweihe verleiht und das priesterliche Malzeichen
eindrückt; und doch zugleich dabei der niedrigste, weil er selbst weder eine
besondere Weihe[5] ist,
noch ein Malzeichen hat; und so gibt, das da minder ist, dasjenige, das größer
ist. Darum, da sie wollten diese ungeschickten Dinge beschönigen, mussten sie
einen neuen Unterschied erdichten zwischen der Würde und Gewalt /dass ein anderes sei die Würde, ein anderes die Gewalt).
Ach, wie sollte oder möchte die unverschämte Lüge doch anders als so narren,
die nirgends auf Einer Meinung bleiben kann? Damit Christus anzeigt, wie es
alles in des Papstes Reich keinen Grund hat und alles widersinnig und unsinnig
zugehen muss. Darum auch nicht Wunder ist, dass sie das priesterliche Sakrament
der Taufe jedermann haben gemeinsam gemacht und doch daneben sich selbst allein
zugeeignet das Priesteramt.
45. Zum
dritten: Das dritte Amt ist: Segnen oder reichen das heilige Brot und Wein.
Hier rühmen sie sich eines besonderen Triumphs, die Beschorenen;
hier trutzen sie herrlich und sagen: Diese Gewalt habe niemand sonst, weder ein
Engel noch auch die Jungfrau und Mutter Gottes. Doch lassen wir fahren ihre
Unsinnigkeit und sagen, dass dies Amt auch allen Christen gemeinsam ist,
gleichwie das Priestertum. Und sagen das nicht darum, dass man uns
glauben müsse; sondern bezeugen das durch die Worte und Zeugnisse Christi, der
so an dem Abendessen gesprochen hat: „Das tut zu meinem Gedächtnis.“ Denn es
wollen auch die beschorenen Papisten selbst, dass
durch diese Worte Christus habe Priester gemacht und die Gewalt zu segnen
verliehen. Nun hat er diesen Spruch zu allen den Seinen gesagt, die dazumal
gegenwärtig waren, von diesem Brot und Wein aßen und tranken, auch zu all
denen, die künftig von diesem Brot und Wein essen und trinken würden. Aus dem
folgt: Was daselbst ist verliehen worden, das ist allen verliehen worden. Und
sie haben nichts, das sie dagegen setzen können, außer
allein die Väter, Konzile und den langen Brauch, dazu auch ihren allerstärksten
Artikel des Glaubens, der so heißt: Unser sind viel und wir halten’s
so, darum muss es gewiss wahr sein.
46. Es kommt
auch als ein Zeuge herzu Paulus, 1. Kor. 11,23: „Ich habe es von dem HERRN
empfangen, das ich euch gegeben habe.“ Paulus redet
auch hier zu allen Korinthern und macht sie ihm alle gleich, das ist, er weiht
sie alle zu Priestern, die dies Sakrament segnen können. Aber es steckt auch
hier ein großer Balke den Papisten in ihren Augen, davor sie die Herrlichkeit
des Wortes Gottes nicht sehen können, und verwundern sich dieweil darüber, wie
das Wesen des Brotes und des Weins in den Leichnam und Blut Christi verwandelt
wird. Lieber, ich bitte dich, sage mir, was ist doch diese Gewalt, zu segnen
Wein und Brot, gegen die Gewalt zu taufen und Gottes Wort zu verkündigen? Eine
Frau tauft und predigt das Wort des Lebens, dadurch die Sünde wird ausgetilgt,
dadurch der ewige Tod weggenommen wird, dadurch ausgetrieben wird der Fürst
dieser Welt, dadurch der Himmel wird zu eigen geschenkt; Summa, dadurch sich
die ganze göttliche Majestät in die Seele gießt. Was tut aber dieser
Wundermann, der Priester, dieweil? Das Brot verwandelt er. Womit? Nicht mit
einem anderen Wort, auch nicht mit einem zusätzlichen oder gewaltigeren. Was
folgt hernach nach dieser Verwandlung des Brots? Gar nichts, als dass sich der
Priester entsetzt und verwundert über seine hohe Würdigkeit und Gewalt, die er
hat. Heißt nicht das aus einer Mücke einen großen Elefanten machen? Darum haben
sie sehr wohl verdient, die, so die Kraft des Wortes verschmähen, dass sie sich
dieweil nur allein solches verwundern sollen.
47. Darum
sehen wir auch, wie selten die Evangelisten und Apostel dieses Sakraments
gedenken, dass viele sind, die da wollten, sie hätten mehr davon geredet. Aber
kein Ort ist, da sie nicht treiben und das Amt des Wortes anziehen, so viel und
oft, dass es manchmal gleich schier verdrießlich ist. Das ist darum geschehen,
dass der Heilige Geist wohl gesehen hat, es würden die beschorenen
Larven mit ihrem verkehrten Greuel kommen, die das
Herz abkehren würden von dem kräftigen Wort der Wahrheit und dasselbe zukehren
auf die tote Verwandlung des Brotes und Weines, und würden sich gar heften und
anhängen ihr Leben lang an diese auswendige Gestalt derselben, würden dieweil
verachten das wunderbare Licht, darin wir berufen sind. Darum, ob schon kein
Zeugnis der Schrift vorhanden wäre, so ist doch das wahr und gewiss: So das
Größte allen verliehen wird, das ist, das Wort und die Taufe, so kann auch
rechtlich nicht versagt werden das Geringste, das ist, das Sakrament zu segnen:
Wie Christus auch selbst dergleichen schließt, Matth.
6,25: „Das Leben ist mehr als die Speise, und der Leib mehr als die Kleidung“,
als ob er spräche: So Gott das gibt, das groß ist, so wird er auch jenes geben,
das gering ist.
48. Zum vierten: Das vierte Amt ist: binden und
von Sünden entbinden. Dies Amt haben sie nicht allein an sich gerissen und
durch Vermessenheit an sich gebracht; sondern haben es auch dahin
gezogen, dass ihnen daher allein zugehöre Recht und Macht, Gesetze zu
machen. Denn das „binden“ dolmetschen sie, es heiße so viele wie Gesetze
machen, gebieten, verbieten; Gesetze machen heißt zwar allerdings, die Gewissen
binden, aber mit nichts als lauter Lug und Trug, da die Gewissen ohne Ursache
gebunden werden; als da ist, da sie
Heiraten und Speisen verbieten, die Gott geschaffen und eingesetzt hat.[6]
Wiederum heißt bei ihnen „auflösen“ oder entbinden, Geld darum nehmen und
dispensieren, das ist, ihre eigenen falschen Gesetze zerreißen, damit sie zuvor
gebunden haben, und so die Gewissen, die sie fälschlich gebunden haben,
betrügerisch wieder ledig lassen. Sonst gebrauchen sie sich auch in der Beichte
und im Bann dieses Amts, zu binden und zu entbinden; sie haben aber kein Recht
dazu, es ist ein verdammter Missbrauch.
49. Durch
diesen Raub und lästerlichen Diebstahl der Gemeinde Gewalt haben sie gemacht,
dass die Schlüssel oder das Amt, zu binden und zu entbinden, nirgends
weniger ist als bei ihnen; wiewohl sie sich überall hoch rühmen, sie haben die
Schlüssel; da sie den Himmel weder auf- noch zusperren den Gewissen; sie
sperren wohl aller Welt Säckel auf. Aber wir alle, wie viel unser Christen
sind, haben diese Gewalt der Schlüssel gemeinsam; welches ich habe so oft in
meinem Büchlein gegen den Papst bewiesen und angezeigt. Denn hier steht das
Wort Christi, Matth, 18,15, dass er nicht allein zu
den Aposteln, sondern zu allen Brüdern geredet hat: „Sündigt dein Bruder an
dir, strafe ihn. Hört er dich, so hast du deinen Bruder gewonnen“; und bald
hernach, V. 17.18: „Hört er die Gemeinde nicht, so halte ihn wie einen Heiden
und Zöllner. Wahrlich, ich sage euch, was ihr auf Erden binden werdet, soll
auch im Himmel gebunden sein; und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im
Himmel los sein.“
50. Hier
lasse ich mich nicht bekümmern die Larven mit ihrem Larvengespei,
die bei diesem Spruch dichten einen solchen Unterschied: Es sei ein ander Ding um das Recht oder Gewalt der Schlüssel, und um
den Gebrauch der Schlüssel; denn sie tun solches aus eigener Vermessenheit ohne
alle Schrift, und sodann, indem sie nach ihrer Gepflogenheit das, was sie
beweisen sollten, schon als bewiesen voraussetzen. Sie sollten zuerst beweisen
und wahr machen, dass sie eine andere Gewalt hätten, als da ist die gemeinsame
Gewalt der Kirche; so werfen sie dasselbe auf, als hätten sie es schon erwies
und wahr gemacht, und fahren daher mit diesem ihrem erdichteten Unterschied und
Lug: Die Kirche habe wohl das Recht und Gewalt der Schlüssel, aber der Gebrauch
sei bei den Bischöfen.[7]
Das heißt, leichtfertig geredet, das von sich selbst danieder fällt. Christus
gibt hier einem jeden Christen die Gewalt und den Gebrauch der Schlüssel, da er
sagt: „Er sei dir wie ein Heide.“ Wer ist der „er sei dir“? Wen redet Christus
an mit dem Wörtlein „dir“? den Papst? Ja, er redet
einen jeglichen Christen besonders an. So er aber spricht: „Er sei dir“, gibt
er nicht allein das Recht oder Gewalt, sondern befiehlt und gebietet ihm den
Gebrauch und die Ausrichtung desselben. Denn was ist’s, so er spricht: „Er sei
dir wie ein Heide“, oder, du sollst ihn halten dafür? Ist es nicht so viel, als
spräche er: Du sollst nicht bei ihm wohnen und du sollst mit ihm keine
Gemeinschaft haben? Nun ist das in der Wahrheit nichts anderes, als in Bann
tun, binden und den Himmel zusperren.
51. Dieses
bestätigt auch das, so hernach folgt, V. 18: „Was ihr binden werdet, soll
gebunden sein.“ Wer sind die, die er so anredet? Sind es nicht alle Christen?
Ist’s nicht die christliche Gemeinde? Sagen sie, dass er hier nicht den
Gebrauch, sondern allein die Gewalt oder Recht der Schlüssel der Kirche gegeben
hat, so wollen wir auch sagen: Er habe Matth. 16,19
den Gebrauch der Schlüssel gar niemandem, auch nicht St. Peter, gegeben. Denn
es lauten die Worte Christi überall ganz gleich, damit er dieses Amt übergibt.
Und so sie an einem Ort oder gegen eine Person bedeuten, dass hiermit die
Gewalt gegeben sei, so bedeuten sie dasselbe überall. Wiederum, so sie an einem
Ort bedeuten, es sei damit der Gebrauch gegeben, so bedeuten sie dasselbe auch
überall, dass damit der Gebrauch gegeben sei. Denn sich je nicht geziemt, dass
man den Worten Gottes, so sie überall gleich sehen,
jetzt an dem Ort den Verstand gebe und alsbald an einem anderen Ort anders
auslege; wie denn diese Larven dürfen tun und so mit ihrem Dichten verspotten
die Geheimnisse Gottes.
52. Darum
ist nichts diese Lüge der Menschen. Denn die Schlüssel sind der ganzen Gemeinde
aller Christen und eines jeden, der ein Glied ist derselben Gemeinde: Und
dasselbe nicht allein nach der Gewalt, sondern auch nach dem Gebrauch und nach
jederlei Weise, die da sein mag, damit wir den Worten Christi keine Gewalt tun,
der stracks und insgemein zu allen redet: „Er soll dir sein“ usw.; ebenso: „Du
hast gewonnen deinen Bruder“ usw.; ebenso: „Alles, was ihr binden werdet“ usw.
Ich möchte auch diesen Spruch: „Dir will ich geben die Schlüssel des
Himmelreichs“, den Christus zu St. Petrus allein hat geredet, hier zu einer
Bekräftigung handeln; ebenso den Matth. 18,19: „Wenn
zwei eins werden auf Erden“; ebenso V. 20: „Wo zwei versammelt sind in meinem
Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ In welchen Sprüchen das
allervollkommenste Recht und der Gebrauch aufs allervölligste zugeeignet wird
und bekräftigt, dass sie binden und auflösen können; es wäre denn, dass wir
wollten Christus selbst das Recht und den Gebrauch der Schlüssel versagen, wenn
er mitten unter zweien wohnt. Aber diese Sprüche habe ich überflüssig an
anderen Orten gehandelt.
53. Auch
haben wir droben gesagt, das Amt des Wortes sei allen gemeinsam. Es ist aber
das „Binden“ und „Entbinden“ gänzlich nichts anderes als predigen das
Evangelium und dasselbe in Gebrauch zu wenden. Denn was heißt „auflösen“ anders
als verkündigen, dass die Sünden vor Gott erlassen sind? Was heißt „binden“ als
das Evangelium weggenommen und verkündigen, dass die Sünden behalten werden?
Darum, sie wollen oder wollen nicht, so erhalten wir, dass die Schlüssel allen
miteinander gemeinsam sind; dieweil sie nichts anderes sind als das Amt,
dadurch man das Wort in Gebrauch und Übung kehrt.
54. Doch was
ist es not, dass wir lange hadern, dieses Amt uns zu erobern, die wir Christus
kennen? Es ist uns nun genug angezeigt, dass bei den Papisten keine Erkenntnis
Christi ist, dass ihnen auch der Glaube und das Evangelium ganz und gar
unbekannt ist, nun aber auch von ihnen gar verdammt. Wo aber Christus nicht
erkannt wird und der Glaube unbekannt ist, ist’s unmöglich, dass sie sehen, was
Sünde ist vor Gott. Ihre Blindheit und ihr Unglaube zwingt sie dazu, dass sie
das müssen gut heißen, das böse ist, und böse heißen,
das gut ist, wie Jesaja sagt, und müssen irren ganz und gar. Wo man aber nicht
weiß, was Sünde ist oder gutes Werk, ist auch nicht möglich, dass man binden
und entbinden könne.
55. Aus dem
folgt: Wenn wir in der Wahrheit nach der Meinung Christi davon reden und halten
wollen, dass bei den Papisten und beschornen
Opferpfaffen, so lange sie auf ihrem Verstand beharren, weder sei noch sein
könne das Amt zu binden und zu entbinden; geschweige denn, dass sie Priester
wären, oder allein dieses Amt haben oder dasselbe mit ihrer Weihe irgendeinem
verleihen sollten. Was willst du doch binden, so du nicht weißt, was du binden
sollst? Darum gerät auch ihr Toben nach ihrer Blindheit, dass sie den Himmel
zuschließen und die Hölle auftun sich selber und den Ihren mit dem, das sie jetzt das Evangelium verdammen und binden, preisen
aber und lösen auf ihre Menschensatzungen; dadurch sie die Schlüssel selbst
samt der Gewalt und Gebrauch verloren haben, da sie so verkehrter Weise und
lästerlich dieselben missbrauchen.
56. Zum
fünften: Das fünfte Amt ist: opfern. Dies ist die rechte Krone des Ruhms der
Trunkenen von Ephraim, wie Jesaja sagt. Durch dieses Amt haben sie sich selber
von uns abgeschieden und die ganze Welt toll und töricht gemacht; haben sich
doch daneben auf nichts als auf tölpische und alberne Lügen gestützt, dass sie
aus diesem Sakrament ein Opfer haben gemacht; davon oben gesagt ist, darum
wollen wir es hier nur kurz überlaufen. Wir berufen uns aber auf die Zeugnisse
des Neuen Testaments, auf dieselben wir auch gegen den Teufel trotzen, dass in
dem Neuen Testament kein Opfer ist, als das einige, das aller Welt gemeinsam
ist, zu den Römern im 12. Kapitel (V. 1), da uns Paulus lehrt, wie wir unsere
Leiber opfern sollen durch die Kreuzigung unseres Fleisches, gleicherweise wie
Christus seinen Leichnam für uns am Kreuz geopfert hat. In diesem Opfer
begreift Paulus das Opfer des Lobes und das Opfer der Danksagung. Eben dasselbe
heißt uns auch Petrus 1. Ep. 2,4: „dass
wir opfern geistliche Opfer durch Christus, die Gott angenehm sind“, das ist,
uns selber, nicht Gold oder Vieh.
57. Hierum,
was sie für ein besonderes Opfer rühmen, das ist wahrhaftig wohl ein besonderes
Opfer, ja, auch ihres besonderen Priestertums; aber welches Opfers nicht allein
kein frommer Christ sollte oder wollte teilhaftig sein, sondern es auch
verdammen als die ärgste Lästerung und Abgötterei und begehren, dass er sich
aufs weiteste hüten möge vor der Gemeinschaft desselben, wie sehr sie es auch
hervorziehen und sagen: Es sei ein alter Brauch, und der große Haufe halte es
auch sos. Wer mit vielen irrt, der irrt nichtsdestoweniger; der mit vielen
brennen wird, der brennt auch nichtsdestoweniger. Darum sollen wir uns das
stark und fest lassen sein, dass nicht mehr als dieses einige Opfer in der
Kirche sei, das ist, unsere Leiber. Dieweil nun heute kein anderes Opfer kann
sein als allein das, das durchs Wort Gottes getötet und vollbracht wird, und
das Wort, wie wir gesagt haben, allen gemeinsam ist; so folgt hieraus, dass
kein anderes als ein gemeinsames Opfer kann sein.
58. Nun
aber, weil allein geistliche Opfer in der Kirche sind, wie der heilige Petrus
sagt, das ist, allein solche, die im Geist und in der Wahrheit geopfert werden,
so ists unmöglich, dass sie geopfert werden, als nur allein von dem, der da
geistlich ist, das ist, von einem Christen, der den Geist Christi hat. Aber den
Papisten gefällt nur ihr Lügenmaul, damit sie kläffen, ihr Opfer möge auch von
denen geschehen, die voller Laster stecken, geschweige, dass sie geistlich
sollten sein; denn die wollen, dass ihr Opfer angenehm sei aus dem Werk, wie es
an sich selbst geschieht, unangesehen den, der es opfert. Durch welch ihr
eigenes Zeugnis sie des überwunden sind, die greulichen
Gotteslästerer, dass sie von Gott lehren, er solle ansehen die Gabe Kains, ob er schon Kain nicht
ansehe. Denn sie selbst rühmen, ihr Opfer sei ein auswendiges Werk, auch einer
unangenehmen und verdammten Person; so doch in der Kirche gar nichts Gott
gefallen kann, es gefalle ihm denn zuerst die Person und sei angenehm, wie der
Abel war. Sie wird aber eine solche durch den Glauben und Geist, nicht aus dem
Opfer. Weil sie denn auch bekennen müssen, ihre Opferpfaffen seien der größere
Teil ohne Geist, und doch in der Kirche niemand Gott opfern kann, er habe denn
den Geist, so schließt es sich hieraus, dass ihr Opfer nicht ein Opfer der
Kirche ist, sondern nur eine Menschenlüge.
59. Zum
sechsten: Das sechste Amt ist: beten für die anderen. Wie schändlich und
unverschämt sie damit betrogen haben die ganze Welt, diese Larven, auch wie sie
dazu aus der wahren Kirche gemacht haben eine erdichtete Judenschule, ist
schändlich anzuhören. Aber Christus hat allen und jeden seiner Christen jenes
Gebet des HERRN gegeben, durch welches allein wir genügend bewähren und
befestigen können, dass ein einiges Priestertum ist, jedermann gemeinsam;
wiederum, dass das papistische Priestertum nichts anderes als lauter Lüge ist,
außerhalb der Kirche erfunden und durch laut er unverschämte Vermessenheit in
die Kirche eingeführt. Denn weil beten für andere sonst nichts ist, als
vermitteln zu Gott und vertreten einen anderen, wie denn allein Christus gebührt
und allen seinen Brüdern: So isst uns gewiss dadurch, dass uns allen geboten
ist, für die anderen zu beten, zugleich auch allen geboten, dass wir
priesterliches Amt vollbringen sollen. Den auch die Papisten selbst dadurch
wollen Priester sein, dass sie für andere Christenlaien beten. Ja, solch Beten
ist ihr Abgott Dagon, ihre Nahrung, der einige Gott ihres Bauchs.
60. Nun
möchte jemand schier nicht wissen, ob dieser gelarvten
Leute Unverstand oder Torheit größer sei, dass sie die Kraft und das Amt dieses
Gebets des HERRN nicht geprüft haben, weil sie selbst gepredigt haben, es sei
jedermann ein gemeinsames Gebet; und haben doch das Amt zu beten, als ein
priesterliches, allein sich selbst zugeeignet, allen anderen abgesprochen. Denn
was ist’s geredet, wenn man so sagt: Wir sind allein Priester, ihr seid Laien,
als so viel: Wir sind allein Christen und können beten, ihr seid Heiden und
sollt nicht beten; sondern euch vermag allein durch unser Gebet geholfen
werden? Wiederum, so man spricht: Ihr könnt auch beten, nicht allein wir; gilt
so viel, als sagte man: Ihr seid auch Priester und Brüder Christi, die ihr auch
vor Gott treten könnt und stehen für die anderen.
61. Aber
Gott rächt sich recht und wohl an diesen Greuelbetern.
Siehe, da sie allein die sein wollten, die für das Volk beten, sind sie
geworden durch wunderbaren Rat Gottes nichts anderes als gemalte Beter; dass
fürwahr diese Bosheit, damit sie Gott und allen Menschen lügen wollten, niemand
anders als sich selbst hat lügen müssen; wie David sagt. Wer ist doch in der
ganzen Zeit so vieler Stifte, Klöster und Pfründen, der da bete? Sie plappern
wohl die Worte des Gebets mit ihrem Mund, und gleich denen Davids meinen sie
wohl, Psalterspiele zu haben, wie Amos (6,5) spricht;
aber dass es nur ‚ein Getümmel (Geplärr) von Liedern‘
(Amos 5,23) sei, hat der selbst erklärt, der gesagt hat (Jes. 29,13): „Dies
Volk ehrt mich wohl mit ihren Lippen, aber ihr Herz ist weit von mir.“
62. So wirst
du wohl ihrer viele auch finden, die vierzig Jahre oder all ihr Leben lang die
heiligen Worte des Glaubens mit dem Mund geplappert haben, haben doch noch nie
einen einzigen Augenblick ein einzigmal vor Gott ein Gebet vollbracht. Und
diese Greuel sollten des wert sein, dass man sie
halte und Priester nenne, dass man ihnen solche großen Kirchengebäude
aufrichte, auf die wir so viele Kosten, so viel Renten und Gülte (jährliche
Abgaben) wenden, denen wir aller Welt Königreiche unterwerfen, ja, auch
unterwerfen zuletzt die wahren und rechten Priester und Beter Gottes, das ist,
fromme Christen, für die sie bitten wollen? So sie doch Gott kaum allein den
Heiden zu vergleichen würdig schätzt, die da erhoffen, durch viele Worte erhört
zu werden. Diese aber, wie Christus sagt, denken auch nicht daran, dass sie
gehört sollen werden. Wie wollten sie es denn erhoffen? Sie machen auch nicht
darum so viel Plappern und Plauderns, dass sie hofften, sie würden dadurch
erhört; sondern allein darum, dass sie Gott mit ihren Lippen ehren; danach,
dass sie durch diesen Trödel vom Volk den Zins verdienen und damit ihre Wänste
mästen. Und doch sind sie durch päpstliche Gewalt die Priester Gottes; ja, des
Teufels, der ein Gott über diese Welt ist. Sie beten ja für uns, das ist, den
wahren rechten Gott erzürnen sie gegen uns.
63. Darum
lasst uns hier hören Christus, den rechten Richte rund Schlichter in dieser
Sache. Er spricht, Joh. 4,24: „Gott ist ein Geist; und wer ihn anbeten will,
der muss ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten“; denn solche Anbeter will
der Vater haben, das ist, nicht die ihn auf diesem Berg oder zu Jerusalem
anbeten. Dies ist der Beschluss und das endgültige Urteil der göttlichen
Majestät; weil dies besteht, bestehen wir auch und sprechen aus unverzagt und getrost,
als redete es Gott selbst, dass der Papst und seine Papisten haben wohl ein
besonderes Priestertum und ein besonderes Amt zu beten vor allem Christen
voraus; aber nicht ein solches, dadurch Priester oder Beter würden, sondern
dadurch sie Larven und Götzen sind, das ist, Bilder und Gleichnisse, als wären
sie Priester und Beter; sonst sind’s allein die Christen, und zwar alle
Christen; welche, gleich wie sie allein im Geist rufen: Abba, lieber Vater! So
beten sie allein und sind allein Priester.
64. Zum
siebten: Dass siebte und letzte Amt ist: urteilen und erkennen über alle Lehre.
Fürwahr, es ist nicht eine schlechte Ursache, darum die Priesterlarven und
gefärbten Christen dieses Amt zu sich gerissen haben. Nämlich, sie haben es
wohl vorausgesehen, so sie dies unter der Gemeinde bleiben ließen, so geschähe,
dass sie der oben gemeldeten Ämter keines könnten zu eigen behalten. Denn so
den Zuhörern das Recht, über die Lehre zu urteilen, genommen würde, was kann
oder darf nicht ein Doktor oder Lehrer wagen, ob’s möglich wäre, dass er schon
ärger als der Teufel wäre? Wiederum, wenn das Urteil den Zuhörern vergönnt, ja,
geboten wird, was kann oder darf sich ein Lehrer unterstehen, wenn er schon
mehr als ein Engel vom Himmel wäre? Denn wenn man das zuließe, würde nicht
allein Paulus den Petrus strafen, sondern auch die Engel vom Himmel verdammen;
hätten auch ohne Zweifel die Päpste und Konzile mit viel größerer Furcht und
Schrecken geredet und gesetzt vom Priestertum, vom Predigtamt, von den anderen
Ämtern, wie, zu taufen, zu segnen, zu binden, zu beten und über die Lehre zu
urteilen, wenn sie der Zuhörer Gericht und Urteil hätten fürchten müssen; ja,
es wäre nimmer ewig aus dem ganzen Papsttum etwas geworden, wenn dies Urteil
regiert hätte. Darum haben sie sich selbst gar wohl geraten, da sie sich allein
dies Amt haben zugeteilt.
65. Sie
haben aber solches vermocht und erhalten, bis dass der Zorn Gottes, wie Daniel
sagt, Kap. 11,36, erfüllt wurde. Aber nun, „so der Heiland kommt und uns
erleuchtet mit seiner Wiederkunft, hat anfangen zerstört zu werden dieser
Schalk; der Atem seines Mundes tötet diesen Antichrist,
der sich über alle Ehre Gottes erhöht hat“; 2. Thess. 2,4.8. Hier besteht jetzt
der Spruch Christi, Joh. 10,5: „Meine Schafe hören meine Stimme, aber der
Fremden Stimme hören sie nicht“; und Matth. 7,15:
„Hütet euch vor den falschen Propheten“; Matth. 16,6:
„Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, der nichts als Gleißnerei
ist“; Matth. 23,2.3: „Auf Moses Stuhl haben sie sich
gesetzt, die Schriftgelehrten und Pharisäer. Alles, was sie euch nun sagen,
dass ihr halten sollt, das haltet und tut’s; aber nach ihren Werken sollt ihr
nicht tun.“ Mit diesen und anderen dergleichen Sprüchen des Evangeliums und
ganzer Schrift, dadurch wer ermahnt werden, nicht zu glauben den falschen
Lehrern, was lehrt uns Christus anders, als dass ein jeder für sich selbst sein
eigenes Heil und Seligkeit wahrnehmen soll, dass er wisse und gewiss ei, was er
glauben und wem er nachfolgen soll; dass er auch sei ein frei bevollmächtigter
Richter aller derer, die ihn lehren wollen, und sei inwendig allein von Gott
gelehrt, Joh. 6,45. Denn es wird dich nicht verdammen oder selig machen eine
andere Lehre, sie sei falsch oder gerecht; sondern dein Glaube allein. Es lehre
und predige einer, was er wolle, so musst du zusehen bei deinem höchsten Schaden
oder Nutzen, was du glaubst.
66. Doch
Paulus, 1. Kor. 14,30, hat aufs allergewaltigste diesen Kerl in seinem eigenen
Hof gebunden und ihm geraubt alle seine Hausgeräte, da er spricht: „So aber
eine Offenbarung geschieht einem anderen, der da sitzt,
so schweige der erste“; und abermals daselbst, V. 32: „Und die Geister der
Propheten sind den Propheten untertan“; noch einmal V. 31: „Ihr könnt wohl alle
weissagen, einer nach dem anderen.“ Was wird nun hier gelten das trunkene
Lallen des Papstes und seiner Papisten, wie fest es auch im Brauch gewesen ist
lange Zeit, da er spricht: Wir wollen und gebieten ernstlich; ebenso: Die
römische Kirche ist eine Meisterin über alle Kirchen und die Regel, wie man
glauben müsse. Wohlan, sie sei es, sie sitze und lehre und sei eine Meisterin;
dennoch wird ihr geboten zu schweigen, wenn eine
Offenbarung geschieht einem Sitzenden: Und sie soll nicht allein weissagen,
sondern wir können alle weissagen, einer nach dem anderen. So sagt Paulus, der
auch ein Meister und Bestrafer des Petrus war, da der zu einem Gleißner wurde,
von außen sich anders stelle, als er innen war, Gal. 2,14. Wie viel mehr können
wir getrost richten und urteilen die römische Kirche, die nichts als eine Gleißnerin ist und auf nichts, als auf lauter Gleißnerei steht und gegründet ist? Sollen auch nicht
leiden von ihr, dass sie uns richten und urteilen möge bei Gefahr unserer
eigenen Seligkeit, und als lieb, wie ungern wir Christus verleugnen wollten.
67. Seht aber
zu, wie sie hier so eine hübsche Weisheit vorgeben, diese Larven; seht an, wie
sie selbst so schändlich widerwärtig erfunden werden, weil sie Gott und alle
dem, das Gottes ist, widerwärtig sind. Denn wir glauben, dass sie es so
glauben, oder sehen doch aufs wenigste, dass sie es so bekennen und sich des
rühmen, dass sie seien aller Christenmenschen Leiter und Hirten; so meine ich
doch und sie müssen’s auch bekennen, dass er ein
Christ sei, der den Heiligen Geist hat, welcher Geist denselben, wie Christus
sagt, Joh. 14,26, alles lehrt, und auch Johannes sagt, 1. Ep.
2,27: 2Seine Salbung wird euch alles lehren“, das ist, damit ich’s aufs
kürzeste sagen, ein Christ ist so gewiss, was er glauben und nicht glauben
soll, dass er auch dafür stürbe oder doch dafür zu sterben bereit wäre. Nun
bitte ich dich, was ist das für eine unverschämte Stirn der Papisten, so sie
sich doch so hoch aufwerfen und sagen: Die Laien müssen uns glauben und nicht
sich selbst? Was ist das geredet, als so viel: Wir bekennen, dass die Christen
haben den Heiligen Geist, dadurch sie gewiss wissen, was sie glauben oder nicht
glauben sollen. Dieweil aber der Heilige Geist nicht so viel ist wie wir, und
wir viel gelehrter sind als er, darum so müsse er uns unterworfen sein und uns
gehorchen?
68. So haben
sie nun sich allein darum selbst zu Meistern machen wollen, damit sie lehren
und predigen könnten, was sie wollen, weil niemand, den sie fürchten müssten,
darein durfte reden. Da sie das zuwege brachten, war es ihnen danach gar
leicht, alle Dinge zu sich zu bringen und sich unterwinden alles, was Gott und
Menschen zugehört, und sind schlechterdings unsere Götter geworden. Uns ist
aber ein anderes gesagt, Matth. 23,8: „Einer ist euer
Meister, Christus; ihr aber seid alle Brüder.“ Darum gelten wir alle gleich und
haben alle nur Ein Recht. Denn es will sich je nicht leiden, dass die, so
Brüder heißen und alle Eine Gemeinschaft haben, einer über den anderen sei,
mehr Erbteil empfange und ein besseres Recht, als der andere habe, voraus in
geistlichen Sachen, davon wir jetzt handeln. Hierum auch dieses Amt, zu richten
und urteilen, ebenso wohl als alle oben gemeldeten, ein solches ist, das wir nicht allein wiederzuholen Macht haben; sondern
auch, wenn wir’s uns nicht wiederholen, werden wir Christus als einen Bruder
verleugnen. Denn wir hier nicht sagen von dem, das man
will oder das geziemend ist, sondern wir handeln vom dem, das geboten, vonnöten
ist; also dass gewiss verflucht müsse sein jeder, der sich zu des Papstes
Tyrannei bekennt; wiederum gebenedeit ein jeglicher, der sie mit christlichem
Abfall meidet.
69. Doch
dies alles haben wir allein von gemeinsamem Recht und Macht aller Christen
gesagt. Denn dieweil allen Christen alle Dinge gemeinsam sollen sein, die wir
bisher erzählt haben, das wir auch bewährt und
bewiesen haben; so will‘s nicht gebühren eine, der sich von sich selbst hervor
wollte tun und sich allein zueignen, das unser aller
ist. Unterwinde dich dieses Rechts und gebrauche es auch, sofern kein anderer
da ist, der auch ein solches Recht empfangen hat. Das erfordert aber der
Gemeinschaft Recht, dass einer oder wie viel der Gemeinde gefallen, erwählt und
aufgenommen werden, welche an Statt und im Namen aller derer, so eben dasselbe
Recht haben, diese Ämter öffentlich ausüben da<mit nicht eine scheußliche
Unordnung geschehe in dem Volk Gottes und aus der Kirche werde ein Babylon, „in
welcher doch alle Dinge ehrbar und ordentlich sollen zugehen“, wie der Apostel
gelehrt hat, 1. Kor. 14,40. Es ist zweierlei, dass einer ein gemeinsames Recht
durch der Gemeinde Befehl ausrichtet oder dass einer dasselbe Recht in der Not
gebraucht. In einer Gemeinde, da jedem das Recht frei ist, soll sich desselben
niemand annehmen ohne der ganzen Gemeinde Willen und Erwählung; aber in der Not
gebrauche es ein jeder, wer da will.
70. Nun
lasst uns reden mit den papistischen Pfaffen und sie bitten, dass sie uns
anzeigen, ob ihr Priestertum andere Ämter habe, als diese Ämter sind. So es
andere hat, so wird ihr Priestertum nicht ein christliches Priestertum sein.
Hat es aber eben die, so wir aufgezählt haben, so wird es nicht ein besonderes
Priestertum sein können. So beschließen wir sie, sie kehren sich hin, wohin sie
wollen, dass sie entweder kein Priestertum haben, das ein anderes sei als das,
was den Christen allen gemeinsam ist: Haben sie aber je ein anderes, so müsse
es Satans Priestertum sein. Denn Christus hat uns gelehrt Matth.
7,20, „dass wir alle Bäume an den Früchten sollen kennen lernen“. Wir aber
haben nun gesehen die Früchte eines gemeinsamen Priestertums: So lasst sie uns
entweder andere Früchte zeigen als diese oder bekennen, dass sie nicht Priester
sind. Denn dass diese Früchte besonders oder öffentlich getragen werden,
beweist nicht ein anderes Priestertum, sondern einen anderen und anderen
Gebrauch desselben Priestertums. Werden sie uns aber, zu beweisen ihr
Priestertum, allein die Platten und Schmiere anzeigen, dazu den langen Rock;
das wollen wir ihnen zugeben, dass sie sich des Drecks rühmen: Denn wir wissen,
man könnte leicht auch eine Sau oder Block scheren und schmieren und mit einem
langen Rock bekleiden.
71. Wir
bestehen fest auf dem, dass kein anderes Wort Gottes ist als das allein, das
allen Christen zu verkündigen geboten wird; dass nicht eine andere Taufe ist
als die, die alle Christen geben können; dass kein anderes Gedächtnis ist des
Abendessens des HERRN, als das ein jeder Christ tun kann, was Christus zu tun
eingesetzt hat; auch dass keine andere
Sünde ist, als die ein jeder Christ binden und auflösen kann; ebenso, dass kein
Opfer sei, als der Leib eines jeden Christenmenschen; dass auch niemand beten
kann oder möge, als allein der Christ; dazu dass niemand urteilen soll über die
Lehre als allein der Christ. Diese sind aber je die priesterlichen und
königlichen Ämter. Darum, so lasse uns die Papisten entweder andere Ämter der
Priester zeigen, oder aber übergeben ihr Priestertum und darauf verzichten.
Dass sie aber uns lang vorhalten die Schmiere und Platen, Kleider und anderen
Brauch oder Gewohnheit der Menschen, eingeführt durch lauter Aberglauben, das
ficht uns nicht an, ob’s schon ein Engel vom Himmel hätte aufgesetzt; noch viel
weniger geben wir darauf, so es allein ein alter Brauch ist, allein ein Wahn
vieler Menschen, wie es wohl nun in ein solches großes Ansehen geraten ist.
72. Nun
meine ich, aus diesem allen sei bekräftigt, dass die, so dem Volk in
Sakramenten und Wort vorstehen, nicht können noch sollen Priester genannt
werden. Dass sie aber Priester geheißen werden, das ist entweder nach
heidnischer Weise geschehen oder ist ein Überbleibsel von des jüdischen Volkes
Gesetz; danach ist es zu großem Schaden der Kirche angenommen. Aber nach der
evangelischen Schrift würden sie viel besser genannt Diener, Diakone, Bischöfe,
Haushalter, welche auch öfters von wegen ihres Alters Presbyteri,
das ist Älteste, genannt werden. Denn so sagt Paulus 1. Kor. 4,1: „Dafür soll
uns halten der Mensch, als die Diener Christi und Haushalter über die
Geheimnisse Gottes“; hat nicht gesagt, soll uns halten als die Priester
Christi. Er wusste wohl, dass der Name des Priesters und das Amt desselben
allen gemeinsam war. Daher kommt das allgemeine Wort des Paulus, Dispensatio, oder auf Griechisch oikonomia,
auf Deutsch haushalten; desgleichen Ministerium, Minister, auf Deutsch Diener
oder Amt und Diener. Er nennt sich auch Servum, das
ist, ein Knecht; auch spricht er mehr als einmal, servio
in Evangelio, ich diene am Evangelium usw. Das tut er
darum, dass er allenthalben nicht einen Stand noch einen Orden, ein Recht oder
eine gewisse Würde, wie die unseren wollen, aufrichte, sondern das Amt und Werk
allein rühme und das Recht und Würde des Priestertums in der Gemeinde bleiben
lasse.
73. So sie
denn allein Diener sind, so geht auch mit unter ihr priesterlich
unauslöschliches Malzeichen, und die Ewigkeit ihrer priesterlichen Würde und
dass einer allweg Priest er bleiben müsse, ist auch nur ein erdichtetes Ding;
sondern man kann einen Diener wohl absetzen, wenn er nimmer treu wollte sein.
Wiederum kann man ihn so lange im Amt leiden, so lang er sich verdient und der
Gemeinde gefällig ist, gleichwie ein jeder, der in weltlichen Sachen, unter gleichen
Brüdern ein allgemeines Amt unter ihnen verwaltet; ja, der Diener in
geistlichen Sachen noch viel besser abzusetzen ist, wie kein anderer in
weltlichen Sachen; weil er, wenn er untreu wird, viel unleidlicher ist als ein
weltlicher, der nur allein in zeitlichen Gütern dieses Lebens schaden könnte;
der geistliche aber verwüstet und verderbt auch die ewigen Güter. Darum den
anderen Brüdern, wenn der geistliche Diener zu einem Schalk würde, gebührt,
dass sie ihn von der Gemeinde ausstoßen, welches dann heißt in Bann getan, und
so an seiner Statt einen anderen setzen.
74. Mit
diesen Stücken und gewisser Befestigung der Schrift – sollen wir anders den
Worten Gottes glauben – wird geraten dem unseligen Jammer, der bisher
Böhmerland bezwungen hat, dass es schier hat betteln müssen um die beschorne Priesterschaft, und wo irgend der
Allerunwürdigste dazu gewesen ist, hat leiden müssen. Denn wir haben hier,
heller als der Tag und gewisser als gewiss, woher man die Pr4iester oder Diener
des Wortes nehmen soll. Nämlich man soll sie aus der Schar Christi nehmen und
nirgends anderswoher erwählen. Denn weil genügend ist angezeigt, dass ein jeder
das Recht hat, zu dienen in dem Wort, ja, dass auch einem jeden im Wort zu
dienen geboten ist, so er sieht, dass entweder kein anderer vorhanden ist;
oder, so die, die vorhanden sind, unrecht lehren, wie Paulus, 1. Kor. 14,27 f.,
gesetzt hat, damit die Tugenden Gottes durch uns alle verkündigt werden; wie
wollte denn nicht viel mehr etwa eine ganze Gemeinde das Recht und dies Gebot
auch haben, dass sie solches Amt durch allgemeine Wahl einem oder mehreren an
ihrer Statt befehlen könnte, und dass diese durch Mutwillen derselben dies Amt
auch anderen weiter befehlen?
75. Also tut
auch Paulus, 2. Tim. 2,2, da er spricht: „Das befiehl treuen Menschen, die
tüchtig sind, andere zu lehren.“ Hier wirft weg Paulus alles Gepränge des
Scherens und des Schmierens, gedenkt auch keiner Weihe; will allein haben, die
tüchtig sind, andere zu lehren, und will schlechthin, dass ihnen allein das
Wort befohlen werde. So nun das Amt des Wortes einem verliehen wird, so werden
ihm auch verliehen alle Ämter, die durch das Wort in der Kirche werden
ausgerichtet, das ist, die Gewalt zu taufen, zu segnen, zu binden und zu lösen,
zu beten und zu richten oder urteilen. Denn das Amt, zu predigen das
Evangelium, ist das höchste unter allen; denn es ist das rechte apostolische
Amt, das den Grund legt allen anderen Ämtern, welchen allen zugehört, auf das
erste zu bauen: als da sind die Ämter der Lehrer, der Propheten, der Regierer, derer, so die Gabe der Sprachen und gesund zu
machen haben, wie sie denn Paulus nacheinander ordnet, 1. Kor. 12,8 f. Den auch
Christus auf das allermeiste allein gepredigt hat das Evangelium, als der, der
das höchste Amt gebrauchen sollte, und hat nicht getauft. Paulus rühmt sich
auch, dass er nicht gesandt sei zu taufen, als zu einem geringeren und
nachfolgenden Amt; sondern dass er gesandt sei, das Evangelium zu predigen, als
zu dem vornehmsten Amt, 1. Kor. 1,17.
76. Dazu
zwingt uns auch die Not, und der allgemeine Verstand des Glaubens rät dazu, das
ist, zu oben angeführter Wahl. Denn wenn die Kirche durchs Wort geboren,
genährt, erhalten und gestärkt wird, so ist offenbar, dass sie des Wortes nicht
entraten kann. Ist sie aber ohne das Wort, so ist’s ein Zeichen, dass sie nicht
mehr eine Kirche ist, sondern aufhören muss, eine Kirche zu sein. Danach, weil
ein jeglicher aus der Taufe zu dem Amt des Wortes geboren ist, und die
päpstlichen Bischöfe solche Diener des Wortes nicht setzen wollen, sondern
allein solche, die nur das Wort vertilgen und die Kirche verderben wollen, so
will er eines folgen: Entweder, dass wir zulassen, dass die Kirche ohne Wort
verderbe; oder aber wir machen eine Versammlung, damit aus uns einer, oder so
viel ihrer not ist, so dazu tüchtig sind, durch allgemeine Wahl erwählt werden,
die wir dann mit Gebet durch Auflegung der Hände also der Gemeinde befehlen und
vor ihr bestätigen; und alsdann dieselben für rechte Bischöfe und Diener des
Wortes erkennen und in Ehren haben, und allerdings ohne Zweifel glauben, dass
alles dies, das in dieser Weise durch die allgemeine Wahl der Gläubigen, die
das Evangelium wissen und bekennen, ist gehandelt und begangen worden, von Gott
gehandelt und geschehen sei.
77. Ja,
obschon alle oben gemeldeten Befestigungen nichts beschließen sollten; so wäre
doch das übrig genügend zu ermahnen und zu bekräftigen, dass Christus, Matth. im 18. Kap. (V. 19. 20) sagt: „Wenn zwei e9ns werden
auf Erden, worum es ist, dass sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von
meinem Vater im Himmel. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind,
da bin ich mitten unter ihnen.“ So nun der einmütige Willer dreier oder zweier
in dem Namen des HERRN alle Dinge vermag, auch Christus sich einen Meister
desselben Werkes bekennt, das diese tun; wieviel mehr sollen wir glauben, dass
es geschehe oder geschehen werde durch Gott, der es annehmen werde und uns
darin ein Mittler sei, wenn wir in seinem Namen zusammenkommen und beteten; danach
alle Bischöfe und Diener des Wortes aus uns selbst erwählten? Weil wir schon
vorerst, alsbald wir getauft werden, ohne eine solche Wahl zu diesem Amt
geboren und berufen sind.
78. Und so
wir des ein Beispiel begehren, hier ist Apollos, von dem wir im Buch der
Zwölfboten-Geschichte, Kap. 18,24 ff., so lesen, dass er ohne alle andere
Berufung und Weihe sei gekommen nach Ephesus, habe dort allein aus inbrünstiger
Hitze der Liebe gepredigt, auch die Juden gewaltig überwunden. Lieber, ich
bitte dich, aus welchen Rechten hat er das gemacht und sich unterwunden dieses
Amtes des Wortes? Er hat sich da keines anderen Rechts angenommen als des gemeinsamen,
und das allem Geschlecht der Christen frei ist, nämlich das geschrieben ist
durch St. Paul 1.Kor. 14,30: „So einem, der da sitzt, eine Offenbarung geschieht , so soll er erste schweigen“; und 1. Petr. 2,9:
„dass ihr verkündigt seine Tugenden“. Und derselbe Mann ist nachmals auch ei
Apostel geworden ohne alle andere Weihe oder Ordination: Und ist so nicht
allein zum Predigtamt gekommen, sondern hat auch sonst viel Nutzen geschaffen
bei denen, die da schon gläubig waren. So ist auch ein jeglicher Christ
schuldig zu tun, wenn er sieht, dass man Mangel am Wort hat und er tauglich ist
dazu, ob ihn schon dazu die Gemeinde nicht erfordert; viel mehr, wenn er von
den Brüdern, die ihm in den Rechten gleich sind, oder von einer ganzen Gemeinde
gebeten und erfordert würde.
79. Ein
anderes Beispiel haben wir an St. Stephan und St. Philippus, die allein zu dem
Amt des Tisches verordnet waren; nichtsdestoweniger tat St. Stephan Wunder und
große Zeichen im Volk und disputierte mit den Synagogen und überwand den Rat
der Juden mit dem Wort des Geistes, Apg. 6,5.8. Philippus auch, bekehrte so die
Samariter, zog hin und her durch Asoton und Cäsarea,
Apg. 8,12. Lieber, aus welchen Rechten? Aus welcher Gewalt taten sie das? Sie
waren je gewiss von niemand weder gebeten noch erfordert; sondern sie haben das
von sich selbst getan und aus gemeinen Rechten: Weil ihnen eine Ursache und
Zugang zu solchem vor Händen kam und sie sahen, dass das unwissende Volk ihres
Amtes bedürftig und des Wortes beraubt war. Wieviel mehr würden sie das getan
haben, wenn sie gebeten, es wäre von etlichen oder von einer ganzen Gemeinde,
dazu erfordert wären?
80. Und der
Verschnittene, Apg. 8,38, der von Philippus bekehrte wurde, ist er ein rechter
Christ geblieben, wie denn zu glauben ist ohne Zweifel, so hat er vielen
anderen das Wort Gottes gelehrt; weil ihm geboten war, „zu verkündigen die
Tugenden des, der ihn berufen hatte von der Finsternis in sein wunderbares
Licht“, 1. Petr. 2,9. Wenn er aber das getan hat, so ist nachgefolgt aus seinem
Wort oder Predigt der Glaube bei vielen, weil „das Wort Gottes nicht leer
wieder heimkommt“, Jes. 55,11. Aus diesem Glauben ist eine Kirche geworden;
diese Kirche hat alsdann durch das Wort empfangen und erfüllt die Ämter, zu
taufen, zu predigen und alle anderen, die oben aufgezählt sind. Und dieses
alles ist also durch denselben einigen Verschnittenen erfüllt worden durch kein
anderes, als durch das Taufrecht und seines Glaubens, voraus so andere nicht
vorhanden waren, die solches ausrichten konnten.
81. Darum
ist nun nichts mehr da, liebe Herren, als dass ihr anzieht einen festen,
beständigen Glauben, weil hierin nichts so not ist, als einen mutigen reifen
Glauben, wollt ihr anders wohl und nützlich raten eurem Böhmerland. Wir
schreiben auch diese Dinge niemand, als eben denen, die da glauben; auch können
sie nicht verstanden werden, als nur allein von denen, die da glauben. Welche
aber ungläubig sind, verstehen es gar nicht; auch gilt es denselben gleich, sie
haben Bischöfe oder nicht, weil sie auch weder Christen noch Kirche sind, die
sich durch so offenbare Schrift und Beispiel nicht bewegen lassen, lassen sich
aber bewegen durch diese leichtfertigen Larven, wie da sind Platten und
Schmiere und Kleider, ohne alle Schrift, ohne alle Exempel, allein darum, dass
es ein alter und langer Brauch ist und dass es vielen so wohlgefällt. Aber ein
frommer Christ muss diese Dinge aus den Augen tun und allein ansehen das
kräftige Wort Gottes; soll auch mit vollem Glauben so daran nicht zweifeln, er
könne tun und alles erlangen, das er weiß, dass ihm
durch dieses Wort verheißen ist.
82. Ja, sie
sagen: Ei, ein neues Ding, hat’s doch noch niemand so gewagt, der so Bischöfe
erwählt und gemacht hätte? Darauf ist meine Antwort: Es ist eine ganz alte
Meinung und bewährt durch die Beispiele der Apostel, auch ihrer Jünger; wiewohl
dieser Brauch durch der Papisten Widerspiel und durch ihre pestilenzische
Lehre abgetan und ausgelöscht worden ist. Darum soll man auch desto mehr
arbeiten, damit ihr wiederum austreibt das neue pestilenzische
Exempel und wieder hervorbringt und aufrichtet das alte Exempel des Heils und
Seligkeit. Und ob es denn schon gar miteinander ein neues Ding wäre; dennoch,
weil hier das Wort Gottes, so leuchtet und scheint, dazu gebietet und heißt,
auch zumal der Seelen Notdurft dazu dringt und zwingt: So soll hier gar nichts
irre machen, dass es eine neue Sache ist, sondern allein regieren und gewaltig
sein des Wortes Herrlichkeit. Nun sage mir doch einer, was ist nicht neu, das der Glaube handelt? Ist nicht zu der Apostel Zeit dies
Amt auch neu gewesen? War es nicht ein Neues, da Abraham seinen Sohn opferte?
Ist’s nicht ein Neues gewesen, dass Israel durchs Rote Meer ist gegangen? Wird
mir nicht das auch ein Neues sein, dass ich durch den Tod ins Leben soll gehen?
Aber das Wort Gottes wird hier allein in diesen Dingen angesehen, nicht die
Neuerung; denn so man die Neuerung ansehen will und zaudern, so wird man gar
keinem Wort Gottes je glauben dürfen.
83. Darum,
liebe Brüder, glaubt allein dem Wort Gottes, so wird euch nicht bekümmern, dass
es ein Neues ist. Und nehmt des an euch selbst ein Beispiel. Denn so die
Neuerung etwas gelten sollte, warum hat sie damals auch nicht gegolten, da ihr
Böhmen allein dem Papst widerstandet und durftet alle Dinge tun von Johannes
Hus wegen? War es nicht auch ein neues Ding, da sonst niemand dergleichen tat?
Ja, die ganze Welt tut das Gegenteil bis auf den heutigen Tag. Und ihr tatet
das zu der Zeit, da ihr noch nicht mit offenbarer Schrift gestärkt wart, wie
ihr jetzt seid in diesem Fall. So ihr dazumal keck wart, nachzufahren eurem
Recht, dasselbe zu bekennen und zu beschützen, wie sehr es abgetan und
ausgelöscht war, da noch keine solche oder eine kleinere Not der Seelen
vorhanden war; warum wollt ihr nicht auch hier eurem Recht nachkommen, dasselbe
bekennen und beschützen, wiewohl es abgetan ist, weil ihr gewappnet seid mit so
viel Schilden und Streitzeug und des Turms Davids, dazu auch eine solche
dringende Notdurft der Seelen vorhanden ist, auch eine so elende jämmerliche
Gefangenschaft, wiederum, weil euch dazu ladet und reizt eine so große
Freiheit, dieweil sich so guter Fug und Glimpf, solches zu erlangen, begibt? Es
wird sich mit der Zeit selbst lindern und abessen, ob schon etwas Neues in der
Sache wäre, das zu rau angesehen würde, viel leichter, als sich vorher
gelindert hat euer Abfall von der papistischen Tyrannei. Das ist’s allein, dass
ihr es kühn wagt in dem HERRN, so wird der HERR mit euch sein.
84. Darum
tut es so: Am ersten sucht Gott heim mit eurem Gebet, öffentlich in der
Gemeinde und sonst ein jeder bei ihm selbst. Denn es ist je eine große Sache,
darin mich nicht so sehr bewegt die Neuerung als die Größe. Darum ich wollte,
dass ihr euch hier nichts unterständet, weder durch eure eigenen Kräfte noch
Vorsichtigkeit; sondern fangt die Sache an mit Furcht und Zittern in der Demut.
Beklagt und bekennt, ihr habt dieses Elend und euer Gefängnis mit euren eigenen
Sünden verdient; das tut vor dem Gnadenstuhl Gottes und vor dem Thron seiner
Barmherzigkeit, der da ist Jesus Christus, der Bischof unserer Seelen; bittet
und begehrt, dass er seinen Geist sende in eure Herzen, der mit euch arbeite;
ja vielmehr, der in euch wirke das Wollen und das Vollbringen. Denn, soll die
Sache glücklich angehoben werden und selig fortdauern, so ist not, dass Gottes
Kraft mitwirke, welche euch, wie Petrus bezeugt, 1. Eph. 4,11, Gott allein
darreichen kann.
85. Wenn ihr
aber so gebetet habt, sollt ihr nicht zweifeln, dass der, den ihr gebeten habt,
treu sei und, wie er gesagt hat, halten werde, so dass er euch geben werde, was
ihr begehrt habt, werde auftun euch Anklopfenden, werde sich finden lassen von
denen, die ihn suchen, Matth. 7,7; Jer. 29,13.14,
damit ihr in der Sache gewiss werdet, dass ihr sie nicht selber treibt; sondern
vielmehr selbst getrieben werdet in dieser Sache. So ihr denn zu euch gefordert
habt und zu euch freiwillig gekommen sind alle die, welcher Herzen Gott berührt
hat, dass sie einmütig und Eines Sinnes sind mit euch, alsdann so fahrt fort in
dem Namen des HERRN: Erwählt, wen und welche ihr wollt, die ihr dazu würdig und
tüchtig erkennen werdet; danach, die die Vornehmsten sind unter euch, legen
ihnen die Hände auf und bestätigen sie so dazu und befehlen sie dem Volk, der
Kirche oder Gemeinde; und durch das allein sollen sie eure Bischöfe und Hirten
sein. Amen. Wie aber die sollen sein, die man wählen will, lehrt genügend
Paulus Tit. 1,5 f. und 1. Tim. 3,2 f.
86. Diese
Form oder Weise zum Erwählen achte ich nicht vonnöten zu sein, dass sie von Stund an gehalten werde im allgemeinen Landtag des Landes
Böhmen; sondern es kann eine jegliche Stadt für sich selbst Erwählung halten,
danach aber eine Stadt von der anderen ein Vorbild nehmen. Aber im Landtag kann
man darüber ratschlagen, ob diese Form dem ganzen Land anzunehmen sei oder
nicht; oder ob ein Teil sie annehmen wolle oder aufschieben auf eine andere
Zeit; oder ob man sie ganz weglassen wolle. Denn man soll niemand zum Glauben
zwingen; sondern man soll dem Heiligen Geist Raum und Ehre lassen, dass er
wirkt, wo es ihn gelüstet. Es ist auch nicht zu hoffen, dass, voraus so bald,
diese Weise jedermann gefallen werde. Es soll euch auch nicht bekümmern, ob ihr
schon in dieser Sache nicht alle Eines Sinnes werdet sein, ja, eben das soll
euch desto mehr bewegen dazu, so ihrer viel sind, die nicht dazu einwilligen.
Es ist genug zuerst, dass mit diesem Beispiel wenige anfangen; die dann, so sie
so im Brauch stehen, mit der Zeit eine ganze Menge zu sich bringen durch ihr
Vorbild. Wo es aber durch Mitwirkung Gottes vonstatten ging,
dass viele Städte so auf diese Weise Bischöfe erwählten, so könnten danach die
Bischöfe unter sich selbst, wollten sie ja miteinander übereinkommen, einen
oder mehrere aus sich erwählten, die die Obersten unter ihnen wären, das ist,
die ihnen dienten und sie besuchten, wie Petrus auch die Kirchen besuchte, wie
wir im Buch von der Apostelgeschichte lesen; so lang, bis später ganz
Böhmerland wiederkomme zu seinem rechten und evangelischen Erzbistum; nicht
welches viel Rente und Gülte, Land oder Leute unter sich hätte, sondern das
reich wäre in vielen Ämtern und Besuchen der Kirchen.
87. So ihr
aber je dazu noch zu schwach wärt, dass ihr diese freie und apostolische Weise,
Priester einzusetzen, nicht angreifen dürftet; wohlan, so wollen wir noch eine
Weile eure Schwachheit dulden und zugeben, dass ihr die, so von den Papisten
geweiht sind, annehmen mögt, wie da ist euer Gallus und seinesgleichen; welcher
ihr auch gebrauchen sollt anstatt der papistischen Bischöfe; so, dass sie
erfordern und erwählen mögen und bestätigen die, die sie erkennen, dazu
tauglich zu sein, auch die ihr leiden mögt nach Aussage der oben Angeführten
und nach der Lehre des Paulus. Denn bei dem heiligen Paulus wird der für einen
Bischof gezählt, dem das Wort befohlen ist; wie denn ist euer Gallus, wiewohl
er keine Inful oder Stab trägt, auch nicht hoch hereinprangt in anderer
Üppigkeit der Bischöfe; welches Prangen nichts anderes ist, als damit man
allein dem Volk das Maul aufsperrt. Und das geben wir euch zu, bis ihr wachst
und stärker werdet und wohl verstehen mögt, was die Gewalt des Wortes ist.
Fürwahr, auf eine andere Weise kann euch jetzt nicht geraten werden, weil es je
die Gestalt hat, dass ihr ohne Sünde und ohne Unglauben, danach ohne große
Gefahr des Verderbens der Seelen die papistische Weihe, auch die, so damit
geweiht werden, keineswegs empfangen und annehmen könnt.
88. Wenn
aber euch ein solcher Zweifel ängstigen und irren wollte, dass ihr dächtet, ihr
wärt nicht eine Kirche oder Volk Gottes; dazu sei meine Antwort: Die Kirche
kann man an auswendigen Sitten nicht erkennen; man erkennt sie allein aus dem
Wort Gottes, 1. Kor. 14,24.25, da er so sagt: „Der Ungläubige, so er unter die
Gemeinde hineinginge und sähe, dass sie weissagten, würde er fallen auf sein
Angesicht und bekennen, dass Gott wahrhaftig in euch wohnt.“ Das ist aber bei
euch gewiss, dass bei euch in vielen sei das Wort Gottes und die Erkenntnis
Christi. Es sei aber, wo es wolle, da das Wort ist, samt der Erkenntnis
Christi, da läuft es nicht leer, wie schwach sie immer gesehen werden in
auswendigen Sitten, die es so haben. Denn die Kirche, ob sie schon schwach in
Sünden ist, so ist sie doch nicht unchristlich, sondern christlich in dem Wort;
sie sündigt wohl, aber sie bekennt und weiß das Wort und leugnet’s nicht. Darum
soll man dieselben, die so das Wort loben und bekennen, nicht verstoßen,
wiewohl sie nicht scheinen oder gleißen mit wunderbarer Heiligkeit, so sie nur
nicht offenbar in Lastern ein verstocktes Leben führen. Deshalb ihr nicht
zweifeln sollt, ob bei euch die Kirche sei, so schon nur zehn oder sechs wären,
die so das Wort hätten. Denn alles, was diese täten in dieser Sache, auch durch
Einwilligung der anderen, so noch nicht haben das Wort, dennoch sollte man
gewiss dafür halten, Christus hätte es getan, wenn sie
nur die Sache in Demut und mit Gebet, wie wir gesagt haben, handeln würden.
89. Zuletzt
aber, wie ich selbst besorge, das werde sein das größte Hindernis, damit dieser
Ratschlag nicht vor sich gehe, das Kreuz, das dieser Sache gewiss nachfolgen
wird, wie einer jeglichen anderen Sache, die aus Gott
ist, denn der Satan nimmer schläft, auch wohl versteht, was unsere Meinung ist
und war wir suchen hiermit. Darum wird er nicht faul oder säumig sein, er wird
sich tapfer dagegen setzen. Er ist der Fürst dieser
Welt und sieht unsere Gedanken; so erkennen wir seine Gedanken auch wohl. Ich
rede aber von dem Kreuz, dass diese Gewalt der Welt und die Fürsten der Heiden
mit ihrem Gebot euch solche Dinge anzufangen nicht gestatten werden, sondern
eher verbieten, wenn ihr nur denken werdet, dass man dergleichen im Schilde
führe. Denn da wird sich finden das Geschäft des, der auch ein Gott dieser
Welt, nicht bloß ein Fürst in den Herzen der Ungläubigen ist; also, dass
fürwahr keine Hoffnung vorhanden ist, dass es von euch geschehen könne mit Friede und mit Stille von außen, sondern mit höchsten Ungestüm
und Widerwärtigkeit, dass ihr schier denken könntet, das Schifflein, mit so
viel Wellen bedeckt, müsste versinken und untergehen.
90. Was soll
ich euch hier aber anders vorsagen, als den einigen Spruch des Petrus, Apg.
5,29: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“? Denn weil ihr wisst,
dass ihr eine heilige Sache unter Händen habt, die Gott gefällt, wie sie denn in
der Wahrheit ist; so müsst ihr euch fest auf den Felsen steuern und mutig
verachten Wellen und Wind, die gegen euch aufstehen und euch erschrecken
wollen. Lasst herbrausen alle Platzregen; und denkt nur nicht daran, dass
Friede, Ruhe, Gunst oder Ehre die sollten haben, die da vornehmen und tun
wollen, was Gott gefällt; sondern eben darum Christus dies Feuer in die Welt
sendet und den grausamen Behemoth erweckt; nicht darum, dass er’s so greulich meine, wie Hiob sagt, sondern dass er uns so
unterweisen und züchtigen will, damit wir verstehen, dass es nicht aus unseren
Kräften kommt, die denn viel zu schwach sind; sondern aus der Stärke Gottes:
Damit wir uns nicht rühmen oder sonst in Vermessenheit fallen gegen die Gnade
Gottes; sondern dass wir an uns gar miteinander verzweifeln, still schweigen
und, wie die Schrift oft vorbildet, ihn lassen streiten für uns, dass er durch
unsere Schwachheit alle Gewalt und Macht überwinde; desgleichen in unserem
Stillschweigen niederlege die Ungestüm und Wellen des ganzen Meers, wie
geschrieben steht, Jes. .30,15: „Im Schweigen und Hoffen wird eure Stärke sein“;
und wiederum: „Ich habe ihm einen starken Streit gegeben, dass er überwinden
soll.“
91. Ja, es
soll euch allermeist fortzufahren bewegen, so ihr seht, dass euch die
Gewaltigen und Fürsten Widerstand tun; und soll euch stärken als ein ganz
gewisses Anzeichen, dass es aus Gott ist, was ihr angefangen habt, und dass
Gott mit euch ist welches Wort ihr habt. Denn so dieser Ratschlag von dieser
Welt wäre, so würde die Welt nicht allein zugeben, sondern auch lieben das
Ihre. Nun aber, weil es nicht von der Welt ist, sondern Gott hat ihn gelegt in
unser Herz durch sein Wort, darum so wird ihn die Welt nicht allein nicht
zugeben, sondern auch hassen und verfolgen dazu, Joh. 15,19. „Aber seid
getrost, er hat die Welt überwunden“, Joh. 16,15, und „der in uns ist, ist
mächtiger, als der in der Welt ist“, 1. Joh. 4,4. Ja, so es sich schon ansehen
ließe, als wollte es vor Ungestüm und Zwietracht lauter zu Trümmern gehen, so
dass auch die Ungläubigen fürchteten, es würde der Himmel fallen, liegt nichts
daran; denn unser Fels erbleicht nicht vor Blitz und Donnerschlägen, fürchtet
sich auch nicht, wenn schon der Himmel trüb und bewölkt ist, erschrickt auch
nicht, wie sehr die Winde stoßen und die Ungewitter brausen; sondern hat ein
freies, sicheres Gewissen und wartet gewiss auf ein schönes, liebliches Wetter.
92. Darum, o
Juda und Jerusalem, fürchtet euch nicht, sondern
bleibt beständig; ihr werdet erfahren die Hilfe Gottes über euch. Geht nur
frisch hinaus an dieses Werk; Gott wird selbst bei euch sein. Denn es je nichts
Neues ist, dass der Fürst dieser Welt so rase und tobe, weil es ihm an sein
Königreich geht. Was sollte er doch anders dazu tun? Er wollte lieber seinen
Hof in Frieden besitzen. Nun, wenn er sieht, dass es nicht sein kann, versucht
er seine allerletzte Rettung, das ist, rasen und dagegen gewaltig stürmen.
Darum „geht er um und um, wie ein brüllender Löwe, sucht, wen er verschlingen
könne“, 1. Petr. 5,8. Weil uns Gott nun selber warnt vor ihm, dass er als ein
solcher zu erkennen ist; warum wollen wir denken, dass er anders würde gesinnt
sein? Warum wollten wir ihm nicht in starkem Glauben Widerstand tun? Deshalb
seid beständig und fahrt fort, liebe fromme Herren, wappnet euch mit dem Wort Gottes,
das ist, mit dem unüberwindlichen und allmächtigen Schwert des Geistes, Eph. 6,17.
Es muss je der zwei eines sein: Entweder, dass man es durch starken Glauben
tapfer angreife, oder ganz unterwegen lasse. Wir werden nicht zu fechten haben
gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Geister der Bosheit unter dem Himmel“,
Eph. 6,12.
93. Dies sei
nun gesagt nach meiner Einfalt, dieweil es je die Not erfordert hat, von der
Weise, wie man Diener der Kirche einsetzen soll. Und ist mir genug, wenn ich so
in diesem Fall denen, die dazu besser tüchtig und gelehrter sind als ich, auch
davon zu denken und zu reden Ursache gebe. Denn wir nicht alle sind zu allen
Sachen geschickt, und es sind die Ämter in der Gabe und Austeilung
mannigfaltig; doch ist Ein HERR aller, der nicht in einem allein, sondern in
allen wirkt, nicht wie wir wollen, sondern wie er will, alle Dinge. Wie man
aber die Messe bessern soll und den Gottesdienst samt anderen Ämtern des
Kirchendienstes wieder aufrichten, das werden zu seiner Zeit andere oder auch
ich selbst sagen. Wiewohl so der Diener der Kirche nach dem Evangelium ist
eingesetzt, so kann er in dieser Sache, wie ihn lehrt die göttliche Salbung,
selber wohl regieren. Jetzt ist’s genug, dass wir vorerst mit Gebet und unserer
Andacht von Gott erlangen, dass wir rechte Diener überkommen, dass wir
dieselben zu sehen und uns dadurch zu erfreuen würdig erlangen können, Amen.
[1]
Entnommen aus: D. Martin Luthers Sämtliche
Schriften. Hrsg. von Joh. Georg Walch. Bd 10. Ausgabe St. Louis, Mo.:
Lutherischer Concordia-Verl. 1885. Sp. 1548 ff.
[2]
Auf sogenannte Messpfründen, deren Inhaber beim
Volk auch „Frühmessner“ genannt werden. Sie beiziehen ihr Einkommen nur aus den
für die Verstorbenen gestifteten Messen. D. Red.
[3]
Nach heutigem Verständnis ist die Verkündigung
Teil des Priesteramtes, das drei Bereiche umfasst: prophetische Existenz
(Verkündigung), Hirtenexistenz, priesterliche Existenz (Sakramentsverwaltung). https://www.erzbistum-muenchen.de/glaube/sakramente/weihe/priesterweihe Es ist allerdings auch weiterhin nicht im Priestertum
aller Gläubigen gegründet, sondern im Bischofsamt, als Mitarbeiter der
Bischöfe, der „teilhat an seiner Sendung“ und dem Bischof gehorsam ist. https://www.katholisch.de/lexikon/1328-priesterweihe Weiterhin gelten die „Priester“ als besonderer,
herausgehobener Stand, was durch die „Weihe“ verliehen wird. Im Zentrum steht
auch heute nicht die Verkündigung, sondern die Messe, das „Messopfer“. https://de.wikipedia.org/wiki/Priester_(Katholizismus)
[4]
Hier ist im Original noch zugefügt: „damit ist
die ganze Ordination vollständig und gültig.“ D. Red.
[5]
D.h. eine besondere Ordination; denn die römische
Kirche hat nur Ein Sakrament der Ordination, das der Priesterweihe; darum haben
die Römischen die Bischofsweihe eine Konsekration genannt, die aber kein
Sakrament ist. D. Red.
[6]
Sie verbieten nicht nur den Priestern die Ehe,
sondern auch den „Laien“ eine Anzahl Heiraten, die Gott erlaubt hat.
[7]
Ganz ähnlich war die Lehre Vilmars vom Amt und
sehr ähnlich ist die von hochkirchlichen Kreisen etwa in der SELK, die
teilweise sogar gänzlich leugnen, dass die Schlüsselgewalt allen Christen als
eigentlichen und ursprünglichen Inhabern gegeben ist. (Anm. d. Hrsg.)