Predigt zum Tag St. Katharinas
Matthäus 25,1-13: Dann wird das Himmelreich gleich
sein zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen aus dem Bräutigam
entgegen. Aber fünf unter ihnen waren töricht, und fünf waren klug. Die
törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen nicht Öl mit sich. Die klugen
aber nahmen Öl in ihren Gefäßen samt ihren Lampen. Da nun der Bräutigam verzog,
wurden sie alle schläfrig und schliefen ein. Zur Mitternacht aber wurde ein
Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt; geht aus ihm entgegen! Da standen diese
Jungfrauen alle auf und schmückten ihre Lampen. Die törichten aber sprachen zu
den klugen: Gebt uns von eurem Öl; denn unsere Lampen verlöschen! Da
antworteten die klugen und sprachen: Nicht so, damit nicht uns und euch
gebreche. Geht aber hin zu den Krämern und kauft für euch selbst! Und da sie
hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam; und welche bereit waren, gingen mit ihm
hinein zur Hochzeit. Und die Tür wurde verschlossen. Zuletzt kamen auch die
anderen Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf! Er antwortete aber und
sprach: Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euer nicht. Darum wacht! Denn ihr
wisst weder Tag noch Stunde, in welcher des Menschen Sohn kommen wird.[3]
1. Ich habe das Evangelium nicht vor mich
genommen, zu bestätigen die Legende von St. Katharina, welche, wenn man sie
recht ansieht, mehr Lügen als Wahrheit in sich hat. Es sei wie es wolle, so
lassen wir die Legenden fahren, dieweil sie ungewiss sind, und wollen das
Evangelium vor uns nehmen, das kann uns je nicht trügen noch verführen. Ihr
habt gehört in dem Gleichnis, wie dass zehn Jungfrauen mit ihren Lampen sind
entgegen gekommen dem Bräutigam: Fünf aus ihnen waren klug, die anderen aber
waren töricht. In welchem uns zweierlei Christen werden angezeigt, nämlich,
rechtschaffene Christen und erdichtete, die sich für Christen lassen ansehen.
2. Aber hier
wollen wir eben gar nicht reden noch auch in diese zweierlei Geschlechter
gemengt haben die, so da widersprechen und verfolgen das Evangelium; denn diese
sind nicht würdig, dass sie ja auch die törichten Jungfrauen genannt sollen
werden. Das ist aber die Natur und Art des Evangeliums, dass es muss verfolgt werden,
der Teufel kann es nicht leiden; darum erregt er dagegen alles, was er nur kann
aufbringen. Darum darf man sich nicht irren lassen, dass es so zugeht, wenn das
Evangelium gepredigt wird; denn Christus sagt: „So der starke Gewappnete
behütet seinen Vorhof, so sind alle Dinge in Friede,
die er besitzt, Kommt aber ein Stärkerer, als er ist, und überwindet ihn, so
nimmt er ihm alle Waffen, auf die er sich verlassen, und streut aus seinen
Raub.“ Luk. 11,21.22.
3. Da
Christus, der Starke, kam bei seiner ersten Ankunft (denn vorher hatte der
Teufel das Regiment über die ganze Welt), da ist er, als ein falscher Fürst,
geschwächt worden. So ist es jetzt vor der zweiten Ankunft. Der Teufel hat
lange regiert in den Hochschulen, da ist es alles in Frieden gewesen: Als aber
das heilige Evangelium aus Gottes Gnaden gekommen ist und greift unseren
Doktoren in die Wolle, tappt sie an und deckt ihre Schalkheit auf, so zürnen
sie, toben, wüten und zappeln, wie sie toll und töricht, rasend und unsinnig
wären; da ist kein Friede mehr. Ja, sprechen sie, wir sind Lehrer und Magister,
uns ist befohlen vom Papst, die Schrift auszulegen. Freilich ja, wenn es mit
ihren Übungen, Abschriften, Summarien und dergleichen Wirrnissen wäre
ausgerichtet, wenn sie mit ihren Quästionen (Fragen) die Hölle könnten
auslöschen, und ihren Unterscheidungen den Himmel aufschließen, wäre wohl
etwas. Es gilt hier nicht, große Titel führen, es gilt hier nicht Aristoteles,
Plato, Averroes; mit denen sie umgehen; wir haben von einem anderen zu reden,
daran uns mehr gelegen, das ist, von dem heiligen Evangelium. Das lehrt nicht,
wie du Ehre, Gunst, Gold, Silber, Freud und Mut in dieser Welt erlangen
könntest, wie diese tun, die sie führen; sondern es ist ein solch großes,
würdiges, treffliches, gewaltiges Ding, dass es dich unterrichtet und weist, wie du die Sünde, den Tod, Teufel und die Hölle
könnest überwinden. Hiergegen zu fechten, will nicht als spielen gelten. Es
muss gar ein klares, scharfes und starkes Schwert sein gegen solche Gewalt.
Darum ist es nichts mit diesen schwachen, armen Sophisten, „wir haben nicht zu
kämpfen mit Fleisch und Blut“, spricht Paulus zu den Ephesern, Kap. 6,12, „sondern
mit Fürsten und Gewaltigen, mit den Weltregenten der Finsternis in dieser Welt,
mit den Geistern der Bosheit unter dem Himmel.“
4. Deshalb
muss das Evangelium so viel Anstoß leiden und wird noch kein Ende sein. Welcher
aber dies Evangelium recht begreift, lässt sich solche Sturmwinde und
Wassergüsse nicht anfechten, sondern bleibt beständig. Und obschon heute einer
hier aufsteht und predigt so, der andere morgen predigt anders, so fällt doch
ein evangelischer Mann nicht dort und danach, sondern er verharrt bis an das
Ende. Darum ist er wahrlich selig, wie Christus sagt: „Wer beharrt bis an das
Ende, der wird selig“, Matth. 24,13. Es geht eben
hier, wie in einem Streit, da zwei Heere gegeneinander liegen: Die erwegen sich auf beider Partei,
jeglicher bewahrt sich aufs allerbeste, wie er kann, und wagt’s dahin, weicht
nicht von dem Haufen, streitet heftig gegen die Feinde, die er für unrecht und
für Todfeinde achtet.
5. So soll
sich ein frommer Christ wohl bewahren mit dem heiligen Evangelium gegen seine
Feinde, den Teufel und allen seinen Anhang, und soll das Evangelium lauter und
klar predigen und Gott treu bitten, dass er uns dies lasse einhergehen nach
seiner Natur und Art; wahrlich, so wird es nicht ohne Frucht und Reichtum
wiederkehren zu dem, der es hat ausgesandt; wie St. Paulus ermahnt an die
Epheser Kap. 6,13-20: „Um des willen“, spricht er, „So ergreift den Harnisch
Gottes, damit ihr widerstehen könnt an dem bösen Tag und alles wohl ausrichten
und das Feld behalten. So stehet nun, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und
angezogen mit dem Krebs der Gerechtigkeit und an den Beinen gestiefelt, als
fertig, zu treiben das Evangelium des Friedens, damit ihr bereitet seid. Vor
allen Dingen aber ergreifet den Schild des Glaubens, mit welchem ihr auslöschen
könnt alle feurigen Pfeile des Bösewichts. Und nehmet den Helm des Heils und
das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes. Und betet stets in allem
Anliegen mit Bitten und Flehen im Geist und wachet dazu mit allem Anhalten und
Flehen für alle Heiligen und für mich, damit mir gegeben werde das Wort mit
freudigem Auftun meines Mundes, dass ich möge kundmachen das Geheimnis des
Evangeliums, welches Bote ich bin in der Kette, damit ich darin freudig handeln
möge und reden, wie sich’s gebührt.”
6. Deshalb
müssen wir Acht haben, dass, wenn wir das Evangelium nicht mit seiner eigenen
Gewalt, sondern mit unseren Kräften wollen erhalten, so ist es gar verloren.
Darum, so man’s am besten will verteidigen, so fällt es hernieder. Lasst uns
von der Sorge ganz abstehen, das Evangelium bedarf unserer Hilfe nicht, es ist
für sich selbst genugsam kräftig, befehlt es Gott allein, des es ist. So tue
ich auch: Wiewohl viele und große Anstöße entgegen sind, dies alles bekümmert
mich gar nichts um des Evangeliums willen, trage auch keine Sorge, wie ich es
wolle verteidigen. Ich und wir alle sind zu schwach dazu, solches Wort zu
treiben. Ich habe es dem lieben Gott befohlen, es ist ja sein Wort, er ist
Manns genug dazu, dass er’s verfechten wird und beschützen, wenn sie noch so
sehr wüteten und tobten.
7. Deshalb
ist das ein geringes, schlechtes Ding, dass sich dieser arme Haufe der
Sophisten dagegen legt. Was wollten diese Fledermäuse mit ihren Flederwischen
ausrichten? Lasst sie fahren, es ist von Gottes Gnaden ein ungelehrtes Volk. Das
ist noch nichts, das sind noch gnädige Feinde; es muss noch anders werden, also
dass sich die ganze Welt dagegen wird legen und diesem Wort widersprechen und
es verdammen: Aber den Trost haben wir und sind es auch gewiss, dass die
Pforten und alle Gewalt der Hölle werden nicht obsiegen und überwältigen, Matth. 16,18. In diesem allen ist kein besserer Rat als
predigen das Evangelium schlicht und lauter fortan, und bitten Gott, dass es
uns leite und führe. Ich weiß auch nichts anderes zu tun und tue auch so, und
bin gleich fröhlich dabei in dem Namen Gottes.
8. So
spreche ich nun dass diese Widersacher des Evangeliums
sind nicht würdig, gezählt zu werden unter die törichten Jungfrauen. Nun
spricht der HERR von der Christenheit, die gleich sei zehn Jungfrauen, fünf
seien weise, fünf töricht. Denn der HERR redet hier von denen, die das
Evangelium gerne hören, von der Christenheit, die vergleicht er den zehn
Jungfrauen, unter welchen fünf klug sind, fünf aber töricht. Die törichten
Jungfrauen sind die Christen, die sich für Christen lassen ansehen und hören das
Evangelium, wollen gut evangelisch sein und können viel von diesen Dingen
sagen, sie loben das Wort und sprechen: Ei, ein feines Ding ist das; dem ist so,
so muss man es verstehen, es kann und mag nicht anders sein nach der Schrift;
und wie sie viel mehr mit hübschen geschmückten Worten wissen davon zu reden. Zu
denen spricht Paulus 1. Kor. 4,20: „Das Reich Gottes steht nicht in Worten,
sondern in der Kraft.“ Es geht nicht mit Reden, sondern mit Leben zu; nicht mit
Worten, sondern mit Werken. Dieweil sie aber nun viel von den Dingen können
sagen und mit den Werken und Taten nicht wollen hernach wollen, sind wie
wahrlich unweise Jungfrauen, die allein die Lampen haben, das ist, den
auswendigen Schein und Prangen, und tun nach ihrer Art, wie Christus von ihnen
sagt in Matthäus Kap. 7,21, dass sie immer sagen: „HERR, HERR“. Der Mund ist
wohl da, aber das Herz weit davon; das Öl ist nicht in der Lampe, das ist, der
Glaube ist nicht im Herzen. Das gedenken sie nicht, ja,
sie wissen es nicht, und halten dafür, ihre Lampen seien gleichwohl bereitet.
Ihre Art ist, dass sie gern hören vom Glauben predigen, und wenn sie das Wort
gehört haben, machen sie sich selbst und erdichten einen Gedanken, einen Wahn
im Herzen, den halten sie für das Öl, und verharren doch gleich in ihrer
Gewohnheit wie zuvor, sind nach ihrer alten Weise gleich so zornig wie zuvor,
gleich so geizig, gleich unbarmherzig gegen die armen, gleich ohne Kunst usw.
Dieser Glaube oder Wahn ist eine Kreatur des Menschen, darum ist er gleichwie
ein Schaum auf dem Wasser oder der Gäscht auf dem gärenden
Bier, der vergeht bald und hat keinen Bestand.
9. Die
anderen Jungfrauen, die klugen, tragen nicht allein in den Händen die Lampen,
sondern haben zugleich mit der Lampe das Öl, das ist, den rechten Glauben, den
Gott geschaffen und gemacht hat in ihren Herzen. Diese haben, damit sie sich
verteidigen können; denn sie haben Gottes Werk bei sich und nicht einen
gedichteten gemachten menschlichen Wahn, der dem Stich nicht halten kann, so
der Tod ihm unter die Augen bläst. Diese sind erhärtet in göttlicher Zusage,
und der Geist Gottes wirkt große Dinge durch sie, wollten auch jetzt lieber
sterben als leben. Nun schaut darauf, dies Gleichnis wird hart sein vor dem
letzten Gericht Gottes, und wird so gehandelt werden mit allen Christen; denn
ihrer viele werden sich wenden, und der größere Teil, etliche zu dem
erdichteten, die anderen zu dem rechten Glauben. Darum ist zu gedenken, nachdem
nun Gottes Wort so angefangen ist und wirkt ungleich, dass der Jüngste Tag
nicht fern ist.
10. So merkt
nun bei diesem Evangelium, dass durch die Lampen ohne Öl uns bedeutet wird ein
auswendig Ding und leibliche Übung ohne Glauben im Herzen; aber die Lampen mit dem Öl sind die
inwendigen Reichtümer mit dem wahren Glauben. Denn wenn der Glaube der Art ist,
dass ihn Gott schafft und erweckt im Herzen, so vertraut der Mensch auf
Christus; ja, ist auch so kräftig auf Christus gegründet, dass er die Sünde,
dem Tod, der Hölle, dem Teufel und allen Widersachern Gottes den Trotz bietet,
fürchtet sich auch vor keinem Unglück, wie hart und grausam es immer mehr daher
gehe. Und das ist die Art des rechten Glaubens, welcher gar ungleich ist dem
Glauben der Sophisten, Juden und Türken, der allein mit dem Herzen fällt auf
ein Ding, nimmt sich vor, glaubt, dass dem oder diesem so sei. Aber Gott hat
mit solchem Wahn nichts zu schaffen; es ist Menschenwerk, und ein solcher Wahn
kommt von Natur, von dem freien Wilen des Menschen, dass sie danach sprechen
und andern nachsagen: Ich glaube, dass ein Gott sei, dass Christus für mich geboren,
gestorben und auferstanden sei; aber was es ist, und wie kräftig solcher Glaube
ist, da wissen sie nichts davon. Und obschon solchen Glauben einer von Gott
hat, so ist er doch nichts. Alldieweil kein Öl da ist, weil Gott nicht das
rechte Öl eingießt und gibt dem Herzen seinen Sohn Jesus Christus ganz und gar
zu eigen und alles, was derselbe hat.
11. Aus
solchem rechtschaffenen wahren Glauben kommt dann der wunderbare Wechsel her,
dass Christus Jesus sich und seine Güter dem Gläubigen gibt, und nimmt an sich wiederum
das Herz des Gläubigen, und was es auf sich hat, zu eigen. Was ist aber nun in
Christus? Unschuld, Frömmigkeit, Gerechtigkeit, Seligkeit und alles Gut,
ebenso, Christus hat überwunden die Sünde, den Tod, die Hölle und den Teufel.
So geschieht das alles in dem, der solches begreift, fest glaubt und vertraut,
dass er wird in Christus Jesus ein Überwinder der Sünde, des Todes, der Hölle
und des Teufels. Auch die Unschuld Christi wird seine Unschuld, dergleichen
Christi Frömmigkeit, Heiligkeit, Seligkeit und was in Christus ist, ist alles
in einem gläubigen Herzen mit Christus.
12. Daher
kommt denn, dass unsere Lampen nicht ausgelöscht werden. Denn wenn wir mit
unseren eigentlichen Werken zu Gott dem HERRN wollen gehen, wie schön sie auch
möchten gleißen und scheinen vor der Welt, so ist alles umsonst und verdammt.
Denn wenn die klugen Jungfrauen allein die Lampen hätten gehabt, wäre es ihnen
gar nicht nützlich gewesen, gleich wie ihren Gespielinnen; denn das ewige Leben
kann nicht erlangt werden durch unsere Werke, wie gut sie seien, sondern allein
durch den Glauben, dass du von Herzen sprichst: O HERR, wiewohl ich nicht
würdig bin, einen Augenblick zu sehen in den Himmel, vermag auch nicht mit
meinen Werken mich zu erlösen von der Hölle: Jedoch hast du mir gegeben deinen
Sohn Jesus Christus, der ist köstlicher und teurer als der Himmel, er ist auch
viel stärker als die Sünde, der Tod und die Hölle.
13. Solchen
Glauben aber erweckt Gott in uns; aus dem folgen auch die Werke, mit welchen
wir unserem Nächsten zu Hilfe kommen und ihm dienen. So aber einer wollte
aufgrund solcher Werke hoffen und sein Vertrauen darein
setzen, würde er verdammt; denn er gäbe die Ehre nicht Gott und dem
Glauben, den er erweckt und schafft, sondern der Kreatur und den Werken;
welches eine große Gotteslästerung ist. Wie ich dann sorge, so sind zu unseren
Zeiten solche Werkheilige gar viele, die auch sich selbst und andere Leute
verführen mit den guten Werken (wie sie sie nennen). Sie sprechen ja
gleichwohl: Unsere Werke sind nichts, und doch daneben wirken sie auf den
freien Willen; aber was Gnade sei und Glaube, wissen weniger drum als eine Gans
um den Psalter.
14. Darum
hütet euch vor dem gemachten und erdichteten Glauben; denn der rechte Glaube
ist nicht ein Werk des Menschen. Und deshalb kann auch der erdichtete und gemachte
Glaube im Tod den Stich nicht halten; er wird von der Sünde, von dem Teufel und
höllischen Schmerzen überwunden und gar umgestürzt. Der rechte Glaube aber ist
ein ganzes Vertrauen im Herzen auf Christus, und diesen erweckt allein Gott in
uns. Wer den hat, der ist selig, wer ihn nicht hat, der ist verdammt, Mark.
16,16. Solcher Glaube kommt auch nicht aus eigener Bereitung; sondern so man
das Wort Gottes öffentlich und klar predigt, dann hebt sich an aufzusteigen ein
solcher Glaube und Hoffnung, eine solche starke Zuversicht auf Christus.
15. Aber in
Klöstern und Universitäten haben wir bis hierher müssen hören und lernen, dass
Christus ein harter, scharfer Richter sei, obwohl er doch allein ein Mittler
zwischen Gott und den Menschen ist; haben so aufgerichtet Maria und viele
andere Heilige, die für uns bitten sollten. Daher sind gekommen viele
Stiftungen, so viel Wallfahrten und so viel Narrenwerk, dass sie nicht alle
wohl zu erzählen sind. Seht, hier im Evangelium nennt Christus alle Christen
zusammen eine Braut, und er ist der Bräutigam; hier soll kein Mittel sein. Was
wäre das für eine Ehe, wenn eine Mittelsperson sich müsste zwischen die Ehe
stellen und der Braut bei ihrem Bräutigam etwas erwerben?
16. Eine
schlechte Liebe und eine baufällige Ehe ist das, wenn der Bräutigam seiner
Braut nicht die Schlüssel und die Gewalt über Wein, Brot und was im Haus ist,
gäbe. So sollen wir hier wissen, dass Christus unser lieber freundlicher Bräutigam
ist und wir sind die Braut: Da isst kein Mittel vonnöten; sondern wir sollen
selbst mit solcher ganzen Zuversicht zu ihm treten, wie je eine geliebte Braut
zu ihrem holdseligen, freundlichen, ehelichen Gemahl immer getreten ist. Denn
der christliche Glaube bringt zuwege, dass Christus ist der Bräutigam, ich bin
die Braut. Es ist sein Reichtum, seine Frömmigkeit, Gerechtigkeit, Reinigkeit, Weisheit, Demütigkeit,
Geduld und dergleichen alle Tugend und Gnade Gottes. So nun diese Dinge meines
Bräutigams sind, wahrlich, so sind sie auch mein; wie auch Paulus spricht Röm.
8,32: „Wenn für uns aber Gott seinen Sohn dahingegeben hat, sie sollte er uns
mit ihm nicht alles schenken?“
17. Darum
muss es ja ein großes, gewaltiges Ding um den Glauben sein, dass solche unaussprechlichen
Güter mein eigen sollen sein sollen. Drum, so in Todesnöten meine Sünden herquellen, so habe ich dagegen die Frömmigkeit und
Gerechtigkeit meines Bräutigams. Der steht bei mir gegen den Teufel, der sich
dann nicht versäumt zu derselben Stunde, sondern alle List und Betrug
vorwendet, dass er mich könne behalten. Gegen die Hölle habe ich den Himmel; gegen
den Tod das Leben, gegen Verdammnis habe ich die Seligkeit, und ich werde in
Christus und durch Christus ein Überwinder der Sünde, der Hölle und des Teufels.
Und mein natürlicher Tod wird überwunden; denn jetzt fahre ich von diesem
tödlichen Leben in die ewige Ruhe.
18. Darum
hütet euch, dass ihr keinen anderen Weg macht zum Himmel, nicht hereinbrecht
durch andere Straßen. Es ist ja kein anderer Weg als dieser Weg des Glaubens,
welcher gewiesen wird durch das lautere Wort Gottes. Wie denn Paulus spricht
Röm. 10,17: „Der Glaube ist aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort
Gottes.“ Deshalb erliegt und verschwindet der freie Wille und alle menschliche
Weisheit gleich wie der Schaum auf dem Wasser, der Gäscht
auf dem gärenden Bier; aber der Glaube, von Gott eingegossen, ist das rechte Öl,
das währt ewig und verlischt nimmermehr.
19. Aus
diesem folgt weiter, dass wir können hier wissen, was da sei die christliche
Kirche. Man hat uns das Schwert aus der Hand genommen, wie wir alle wissen, und
was der Papst und die Bischöfe in ihren Konzilen haben beschlossen und
ausgerichtet, hat alles müssen das Evangelium sein; dessen sind alle Bücher
voll, Dekrete, Dekretalen, Extravaganzen und wie des Papsts Bücher mehr heißen.
O, es hat dem Teufel viel Mühe gekostet, ehe er diesen geistlichen Stand hat
aufgerichtet, und ihnen allein diese zwei Schwerter zugeeignet. Solchen Irrtum
müssen wir nicht allein berühren, sondern auch mit Füßen treten und gar
verdammen. Ach, wie eine arme Kirche ist das, die auf solchen ungelehrten,
unverständigen, glaublosen Leuten stünde, auf diesen Ölgötzen, die nichts
können als Leute schmieren, die Wände waschen und Glocken taufen.
20. Hier
spricht Christus im Evangelium, er sei der Bräutigam; die Braut der
christgläubige Mensch. Und dem muss wahrhaftig so sein und nicht anders. So nun
der gläubige Mensch ein Gemahl und Braut Christi ist in der Wahrheit, so ist er
auch ein Herrscher über den Papst, Teufel und über alle diese Gewalt, ja, auch
ein Richter dieses Gespenstes alles miteinander; wie Paulus sagt 1. Kor. 2,15: „Der
Geistliche richtet alles.“ Du bist getauft und mit dem rechten Glauben begabt,
darum bist du auch geistlich, und sollst alle Dinge richten durch dies Wort des
Evangeliums, und sonst auch von niemand geurteilt werden.
21. So nun
der Papst mit seinem Schwert kommt und spricht: Ich will, dass du mir glaubst: Ich
und meine Brüder, ja, auch das Konzil, haben solches aufgesetzt; wie willst du
das nun tun? So sprich: Mein Glaube ist allein auf Christus und sein Wort
gegründet, nicht auf den Papst noch auch auf das Konzil; darum soll ich auch an
dem Evangelium festhalten, unangesehen aller Menschen Gebote. Denn mein Glaube
ist hier ein Richter, dass ich soll sprechen: Diese Lehre ist gut und
wahrhaftig, diese aber ist böse und falsch. Und solchem Urteil ist auch
unterworfen der Papst und alle sein Anhang, ja, alle Menschen auf dem Erdreich.
Darum lügen alle die, so da sprechen, das Urteil oder die Deutung der Schrift
steht bei den heiligen Vätern, dem Papst und seinen Konzilen. Gnad Junker Papst!
Ich sage hier so: Der den Glauben hat, der ist ein geistlicher Mensch und
urteilt alle Dinge und wird von niemand geurteilt. Und ob eine schlichte Müllersmagd wäre, ja, ein Kind von neun Jahren, das den
Glauben hätte und urteilte nach dem Evangelium, dem ist der Papst schuldig
Gehorsam und unter die Füße sich zu legen, ist er anders ein wahrer Christ.
Solches sind auch schuldig alle Hohen Schulen und
Gelehrten und die Sophisten. Ja, sprechen sie: Wiewohl du heilig bist, so
verstehst du doch nicht die Schrift, wir haben Macht, die Schrift auszulegen.
Was ist das anderes gesagt als: Ja, du hast den Glauben nicht? Das reden die
verzweifelten Sophisten, darum werden sie bei dem Teufel am tiefsten sitzen;
sie wollen hier Junker sein, und allein den Glauben und die Schrift wissen,
aber es fehlt ihnen weit.
22. Nun
könnte einer sprechen: Wie denn, so der Papst auch ein Christ wäre? Einer steht
gegen ihn auf und spricht: Ich bin ein Christ, darum, lieber Bruder, sollst du
mich hören; so spricht der Papst auch dergleichen diese Worte: Höre mich, ich
bin ein Christ. Wer wird uns diesen Krieg richten? Die Heilige Schrift; hier
geht man denn recht zu Markte. Da stopft man den Sophisten ihr Maul zu: Papa,
Papa, Concilium, Concilium,
Patres, Patres, Hohe Schul, Hohe Schul,
Hohe Schul! Was geht uns das an? Ein Wort Gottes ist
mehr als dieser Haufe mit aller seiner Gewalt. Aber hier erhebt sich dann der
größte Zank und Hader in der Christenheit, gleich wie in dem Leib Rebekkas, da erhebt
sich Esau gegen Jakob, 1. Mose 25,22. Da sprechen sie, man soll die Lehrer
hören und was der Papst und die Konzile beschließen. Sie lügen als Buben und
Schälke, der Teufel sagt das. Gott spricht vom Himmel herab: „Dies ist mein
lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe, gehorcht ihm“, Matth. 17,5; und Christus spricht selbst Joh. 10,16: „Meine
Schafe hören meine Stimme.“ Darum müssen wir uns täglich üben in der Heiligen
Schrift, damit wir solche Menschengesetze überwinden können und mit dem
Evangelium diesen Samen, des Teufels Haupt. zerknirschen.
23. So fällt
dem Papst seine dreispitzige Krone hernieder. Darum, wenn nun der Papst und die
Bischöfe kommen und halten mir das Wort Gottes vor: Iin
ich ein Schäflein Christi, dann spreche ich sogleich: Bene
veneritis: Gebenedeit, der da kommt in dem Namen des
HERRN. Bringen sie aber mit sich ihre Bullen, ihren Geifer und
Menschengeschwätz, so spreche ich: Hebe dich, Teufel, es steht geschrieben: „Du
sollst allein Gott, deinen HERRN, anbeten, ihm allein dienen“, 5. Mose 6,13; Matth. 4,10. Der hat mir seinen Sohn gegeben, ich bedarf
sonst nichts mehr, ich bin gewiss seine Braut, und er ist mein Bräutigam. Hier
ist die christliche Kirche gegründet auf das Evangelium, dem auch die Pforten
nicht Hölle nicht obliegen. Ich habe meinen Christus gleich so wohl hier, wie
sie ihn haben, die zu Rom oder zu Jerusalem wohnen. Ich mag vielleicht einen
geringeren Glauben haben, der andere einen größeren: Doch ist es Ein Glaube,
durch den ich Christus halte; gleich wie einer lässt aus dem Fass köstlichen
Wein in ein Glas, der andere in einen silbernen großen Becher, einer in ein
hölzernes Gefäß, ja, auch zuzeiten in einen Krug. Der Wein ist wohl gleich;
einer hat mehr als der andere und ihn besser verwahrt als der andere.
24. So seht
ihr nun, wie wir alle gleich sind durch den einigen Glauben, der gibt uns
Christus gar zu einem Bräutigam, und wir alle in diesem sind Eine Braut, Eine
christliche Kirche dieses Bräutigams Jesus Christus. Woher kommen nun unsere
heiligen Väter und würdigen Herren, die da haben das geistliche Schwert und das
weltliche dazu in ihrer Gewalt, wollen unsere Fürsten und Herren sein? Es ist
öffentlich, dass sie das geistliche Schwert nicht haben; so hat ihnen Gott das
weltliche auch nie gegeben. So geschieht ihnen jetzt recht: Darum, dass sie ihr
Regiment so hoch erheben, so wird es erniedrigt, und sitzen gleich zwischen
zwei Stühlen nieder. So treten sie dann hervor mit ihren rostigen Spießen: Ei,
sprechen sie, wir sind die alten grauen Köpfe, unsere Universität zu Köln ist
so lange gestanden, die löbliche Universität zu Paris hat sich so lange mit den
Ketzern geschlagen: Sollten wir so lange geirrt haben? das kann nimmermehr
sein. Ja, wollen sie vom Alter disputieren, so ist unser Christus und sein
Evangelium älter als die Hohe Schule zu Paris. Dazu reden sie selbst viel davon
und sagen: Christus hat alle Engel und Gläubigen in seinen Gnaden, er ist auch
die Weisheit, gegen den all ihre Räte und Anschläge müssen brechen; wollen so
mit diesen süßen, freundlichen, christlichen Worten herein
fahren und von dem rechten Glauben abreißen.
25. Lasst
euch das alles nicht irren, meine lieben Freunde; „so Gott für uns ist“ (wie
ich des gewiss bin), „wer will uns Schaden tun?“ Der Glaube ist stärker als alle Feinde. Unsere
Lampen kann niemand auslöschen. Darum sehe ein jeglicher für sich, dass er
diese zwei zusammen habe: das Öl, das ist, das rechte Vertrauen und Glauben an
Christus, und die Lampe, das Gefäß, das ist, die auswendigen Dienste gegen
deinen Nächsten. In diesen zweien steht das ganze christliche Leben. Glaube an Gott
und Christus, seinen Sohn; hilf deinem Nächsten: Das lehrt das ganze
Evangelium, das sollen die Eltern ihren Kindern sagen im Haus und allenthalben,
auch die Kinder untereinander sollen dies Wort stets treiben. Ich sollte auch
sagen von dem Schlaf der Jungfrauen und von dem Aufbrechen des Bräutigams zu
der Hochzeit; die Stunde ist hin, ein andermal wollen wir mehr davon predigen.
Gott sei uns allen gnädig. Amen.
[1]
Entnommen aus: D. Martin Luther: Sämtliche
Schriften. Hrsg. von Joh. Georg Walch. Bd. 11. Kirchenpostille,
Evangelienteil. Neue rev. Ausg. St. Louis, Missouri:
Concordia Publishing House. 1882. Sp. 2402 ff.
[2]
Die Predigt am Tag Katharinas im Festteil der Kirchenpostille (XI, 2402 ff.) ist eine
Umarbeitung und Erweiterung eben dieser Predigt. Vgl. Lepz.
Ausg. XII, 574; Erl. Ausg.
16,436.
[3]
Randglosse zu V. 3: ihre Lampen. Die Lampen ohne
Öl sind die guten Werke ohne Glauben, die müssen alle verlöschen; das Ölgefäß aber ist der Glaube im Gewissen auf Gottes Gnade,
der tut gute Werke, die bestehen. Wie aber hier das Öl keine der anderen gibt,
so muss ein jeglicher für sich selbst glauben.