Luther ueber Gesetz, Evangelium und den dritten Gebrauch des Gesetzes

Eugene F. Klug

(Original: Luther on Law, Gospel, and the Third Use of the Law. In: The Springfielder, Sept. 1974, S. 155 ff.)

(Übersetzt von Roland Sckerl)

    Eine der befremdenden Anomalien und paradoxen Tragödien unserer Tage ist, dass es innerhalb der konservativen lutherischen Theologie einen Kampf geben sollte über das Thema von Gesetz und Evangelium, und, noch spezieller, über den dritten Gebrauch des Gesetzes. Befremdend und paradox, sagen wir, weil die Bekenntnisse, besonders die Konkordienformel (Artikel IV, V und VI) zu diesem Thema wirklich das abschließende Wort gesprochen haben. Weil dies Themen von ernster Bedeutung waren in der unruhigen Zeit nach Luthers Tod, haben die Ersteller der Konkordienformel sehr sorgfältig die Position der Reformation ausgedrückt, was es heißt, jemand zu sein, der die lutherische Position zu Gesetz und Evangelium gemäß des Augsburger Bekenntnisses unterschreibt.

    Daher können wir mit Recht erwarten, dass der theologische Wirbel abgeschlossen bleibt, vor allem für die Missouri-Synode. War es doch gerade sie, die der Welt C.F.W. Walther gab, den Genius des 19. Jahrhunderts, der die bekannte Vorlesungsreihe erstellte, die später in Buchform veröffentlicht wurde, über Die rechte Unterscheidung von Gesetz und Evangelium. Der sprach aus einem reichen Hintergrund an Erfahrung durch Lehren und pastoraler Tätigkeit; aber vor allem hatte er bei diesem Thema profitiert von seinem gewissenhaften Studium der Schriften Luthers, besonders des Galaterbriefkommentars.

I.

    Es war Walther1 , der von neuem im amerikanischen Bereich, obwohl seine Stimme auch in Europa gehört wurde, betonte, dass Gesetz und Evangelium bei dem Thema der Rechtfertigung des Menschen vor Gott an entgegengesetzten Polen stehen, diametral entgegengesetzt, einander ausschließend. Hier gab es keine Vermittlung, keinen Mittelweg, wie Luther es in seinem Galaterbriefkommentar ausdrückte2. Es kann keinen Kompromiss geben zwischen der aktiven Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, und der passiven Gerechtigkeit, die aus dem Glauben durch das Evangelium kommt. Diese christliche Gerechtigkeit, wie Luther die letztere auch nennt, ist da  zur Annahme durch den Glauben, um uns vor Gott im Himmel zugerechnet zu werden, weil Christus unsere Übertretungen gegen das Gesetz Gottes an das Holz des Kreuzes geheftet hat (Kol. 2,15). Zu dieser oder für diese Gerechtigkeit tragen wir „überhaupt nichts“ bei, sagt Luther, denn Christus „ist uns gemacht zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung“ (1. Kor. 1,30); und daher: „Da sieht man keine Sünde, empfindet keinen Schrecken, kein Beißen des Gewissens. In diese himmlische Gerechtigkeit kann keine Sünde hineinkommen, denn da ist kein Gesetz. ‚Wo aber das Gesetz nicht ist, da ist auch keine Übertretung.‘ (Röm. 4,15.)“3

    Dieser Artikel ist das untrügliche Kennzeichen der Christenheit, legt Satan und seine Anschuldigungen nieder, tröstet allein die betrübten und angefochtenen Gewissen, befähigt ihn „die in Christus dargebotene Gnade zu ergreifen, das heißt, diese leidende oder christliche Gerechtigkeit des Glaubens, … diese Gerechtigkeit … Christi und des Heiligen Geistes, welche wir nicht tun, sondern leiden, nicht haben, sondern empfangen, indem Gott der Vater sie uns gibt durch Jesus Christus.“4 Dies ist so vollkommen lebensnotwendig für den einzelnen Gläubigen und für die gesamte Kirche, sagt Luther, dass, „wenn dieser Artikel von der Rechtfertigung verloren ist, dann ist auch zugleich die ganze christliche Lehre verloren“.5

    Das ist die Freiheit, in der wir stehen, die Paulus so eindrücklich in seinem Galaterbrief lehrt. Keiner hat das besser verstanden und überzeugender mit der Welt geteilt als Luther, der sich durchgekämpft hatte durch das erdrückende Gewicht romanistischer, mönchischer, gesetzlicher Lasten. Es ist dieses Lied, das er mit solcher Freude und solch hellem herzen 1520 für Leo X. sang, dem er seine bekannte Abhandlung Von der Freiheit eines Christenmenschen widmete.6 Die Darlegung, dass „ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und niemand untertan“, wurde gegründet auf Gottes verheißener Vergebung in Christus, die leidende oder zugerechnete Gerechtigkeit des Glaubens, die Verzeihung bringt, ausrüstet mit den Reichtümern Christi, den Sünder mit Christus verbindet wie die Braut mit dem Bräutigam, und den vollkommenen Frieden bringt, der alles Verstehen übersteigt.

    Kein Wunder, dass Luther ausruft, dass „die höchste Kunst und Weisheit der Christen ist, dass sie das Gesetz nicht zu wissen“.7Denn in seiner Rechtfertigung vor Gott steht der christliche Gläubige frei in Christus und könnte und sollte „die Werke und die ganze tätige Gerechtigkeit nicht kennen“.8 Der Trost des Gewissens für den Gläubigen ist, dass er aus Gnaden für gerecht erklärt wird, um Christi willen, durch den Glauben.9 „Christus aber ist recht eigentlich nicht ein Gesetzgeber, sondern ein Versöhner und ein Heiland.“10 Dies wird von Luther auf des Paulus ausdrucksvolles Aussage in Gal. 2,16 gegründet, wo der Apostel mindestens sechs Mal mit bewunderungswürdiger Dichtheit und einem unüberwindlichen Argument die Wahrheit festmacht, dass unsere Rechtfertigung kommt allein aus dem Glauben, ohne die Werke des Gesetzes.

    Genau das war der Unterschied zwischen der Theologie des Kreuzes, theologia crucis, und der Theologie der Herrlichkeit, theologia gloriae. Die erstere ruht auf der passiven, christlichen Gerechtigkeit; die zweite auf der aktiven, der Werkgerechtigkeit. „Ein Theologe der Herrlichkeit“, legt Luther in Heidelberg (1518) in These 21 dar, „nennt das Böse gut und das Gute böse“11, in anderen Worten, er vergrößert die Werke und verkleinert Gottes freies Geschenk in Christus. Das bläht auf12 lässt den Eindruck der Gerechtigkeit im Einzelnen aufkommen, aber er ist immer noch krank an der Seele13 und ist geistlich bezaubert14. Aber während das Gesetz seine Forderungen darlegt und sagt, „das tue“, und „es wird nie getan“, ist es das Amt des Evangeliums und der Gnade, der Theologie des Kreuzes, zu kommen und zu verkünden: „Glaube an diesen (Christus) und alles ist schon getan.“15

    Wir sind so frei in Christus, wie es Petrus war vom Gefängnis, des Jairus Tochter vom Griff des Todes, der junge Mann von Nain vom Sarg und Christus selbst vom Grab. Unsere Befreiung vom Gesetz und seinen Verdammungen erlaubt es uns auszurufen: O Gesetz, du kannst mich so wenig halten, wie das leere Grab meinen Herrn, Christus, halten konnte.16

    „So wird Christus mit den lieblichsten Namen genannt: Mein Gesetz, meine Sünde, mein Tod wider das Gesetz, die Sünde und den Tod, da er in Wahrheit nichts anderes ist als lauter Freiheit, Gerechtigkeit, Leben und ewige Seligkeit.“17 Luther war tief beeindruckt mit der völligen Klarheit der Heiligen Schrift und der Exaktheit der Darlegung dieses Themas durch den Apostel Paulus. „Paulus hat seine Worte wohl befestigt und deutlich geredet. … Denn er sagt nicht, dass Christus ein Fluch geworden sei für sich, sondern ‚für uns‘. Es liegt also der Nachdruck auf dem Worte ‚für uns‘.“18 Genau das ist unsere Freiheit, die wahre Theologie des Kreuzes, das christliche Evangelium, „unser höchster Trost“, sagt Luther „Wir aber müssen Christum mit einschließen (involvere) <unter den Fluch> und erkennen, dass gleichwie er eingehüllt ist (involutum) in unser Fleisch und Blut, so auch unsere Sünden, unsern Fluch, unsern Tod und alle unser Übel auf sich habe.“19 Das ist allerdings das reinste Evangelium und „ist der Beweisgrund, den Paulus hier handelt, überaus gewaltig“, sagt Luther auf der Grundlage von Gal. 3,13, „und der höchste von allen wider alle Gerechtigkeit des Gesetzes“ oder gute Werke, denn sein Argument „enthält diesen unüberwindlichen und unumstößlichen Gegensatz: Wenn die Sünden der ganzen Welt auf diesem Einen Menschen Jesu Christo sind, dann sind sie nicht auf der Welt; wenn sie aber nicht auf ihm sind, so sind sie noch auf der Welt. … Wenn er aber unschuldig ist und unsere Sünden nicht trägt, so tragen wie dieselben und werden in ihnen Sterben und verdammt werden. Aber Gott sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat durch unsern HERRN Jesus Christus. Amen.“20 [1. Kor. 15,57.] Nie wurde das Evangelium in einem glänzenderen Licht herausgestellt als da Luther klar die Lehre der Schrift aufzeigte, besonders in seinem Galaterbriefkommentar.

II.

    Das Evangelium kann jedoch nicht seine rettende Arbeit tun, wenn das Gesetz nicht voran geht. Die Schrift lehrt zwei Hauptbräuche des Gesetzes, hebt Luther hervor; der eine ist der politische, der andere der theologische. Unter dem ersten verstehen wir den heiligen Willen Gottes, durch den Menschen und Völker geordnet oder in eine Ordnung gestellt werden, denn es ist Gott, der die bürgerlichen Gesetze verordnet hat und sie ausstattet mit ihrem Inhalt und ihrer Hoheit. Die Sünde und das Übel in der sündigen, bösen Welt einzuschränken ist der Hauptzweck, dem das Gesetz in dieser seiner bürgerlichen Funktion dient. Aber keineswegs folgt daraus, weil das Gesetz erfolgreich die Sünde einschränkt, dass es den Menschen auch gerecht machen könne. Genau das Gegenteil ist der Fall. Gerade durch die Tatsache, dass es das Übel einschränken muss, zeigt das Gesetz nicht das Gutsein des Menschen, sondern die Tiefe und den Umfang seiner Ungerechtigkeit. [vgl. Walch 2, IX, 408 f.]

    Die Hauptfunktion des Gesetzes ist jedoch geistlich oder theologisch, wie Luther sagt, „dem Menschen seine Sünde offenbare, seine Blindheit, sein Elend, seine Gottlosigkeit, seine Unwissenheit in Bezug auf Gott, seinen Hass und seine Verachtung gegen Gott, dass er Tod, Hölle, Gericht und Zorn bei Gott wohl verdient habe“.21 Das ist seine eigentliche und Hauptfunktion, im Blick auf des Menschen Sündhaftigkeit, denn Gott muss die Meinung oder Anmaßung  der Gerechtigkeit, die der natürliche Mensch immer in sich hat, niederschlagen und zu Stücke hauen. Es gibt anderen Weg, an dieses „Ungeheuer“ heranzukommen, als durch das Gesetz. „Denn dieses ist der Hammer des Todes, der Donner der Hölle und der Blitz des göttlichen Zorns“, das die rebellischen, verhärteten, selbstgerechten, stolzen Herzen zu Verzweiflung treibt.22

    Das ist immer seine eigentliche und erste Aufgabe gewesen seit dem Sündenfall. Das war sein Hauptzweck schon im Alten Testament, auch am Berg Sinai, wie Luther herausstellt. „Was, ich bitte dich, nütze hier die Reinigkeit, die weißen Kleider, das Enthalten von Weibern, die Heiligkeit? Ganz und gar nichts.“ Nichts von ihrer eigenen, aktiven Gerechtigkeit half ihnen. Sondern „Das Bewusstsein ihrer Unreinigkeit, Unwürdigkeit, Sünde, des Gerichts und Zornes Gottes war so groß, dass sie von Gott weg flohen und seine Stimme nicht hören konnten.“23

    So ist es die existenzielle Wahrheit, dass, bis nicht die harte, unnachgiebige Mauer von Anmaßung und Überheblichkeit zerstört ist, es keine Möglichkeit gibt, dass die Predigt von der freien Vergebung der Sünden um Christi willen ins menschliche Herz kommen kann. Wie es den Israeliten ging, „so geht es endlich allen Werkheiligen, welche trunken im Wahn der eigenen Gerechtigkeit“24 sind;  Gottes Gesetz wirft sie nieder und schlägt sie in Stücke, und sie werden zum Punkt der Verzweiflung getrieben.

    Das Gesetz hat immer noch diese Funktion eigentlich und besonders, die es am Sinai hatte. Es legt einem Menschen seine Sünde und seinen sündigen Zustand direkt vor seine Augen und treibt ihn dazu, den Zorn und das Gericht Gottes zu sehen, unter dem er steht, er mag wollen oder nicht.

    Luther befürchtet, dass dieser wahre und eigentliche Gebrauch des Gesetzes „nach unseren Zeiten wieder verdunkelt und ganz und gar unterdrückt werden wird“.25 Es sind nicht die Sekten und häretischen Liberalen, die neuen Arianer, die ihn beunruhigen, sagt Luther, sondern diejenigen, die „mit uns das Evangelium bekennen, welche dieses richtig inne haben“.26 Da er Neigungen des menschlichen Herzens kannte, das immer in die Richtung des Synergismus [menschliche Mitarbeit an der Erlösung, Anm. d. Übers.] in irgendeiner Form neigt, stellt er die prophetische Frage: „Was meint ihr, das geschehen werde, wenn wir dahin sind?“ [Walch 2, IX, 414.] Er sah voraus, dass die rechte Unterscheidung von Gesetz und Evangelium verdeckt würde und damit die Aufgabe, die jedes hat: Das Gesetz, die Sünde zu aufzudecken, zu strafen, zu schrecken vor dem Zorn Gottes – und dann ist sie beendet! – und das Evangelium zu ermutigen, zu trösten, furchtsame Herzen zu stärken, zu bekehren und zu erlösen.

    In der Kirche wird immer wieder Unruhe hervorgebracht von denen, die zwar „rühmen und schwören, dass sie nichts als die Ehre Gottes und die Seligkeit der Brüder suchen, und dass sie das Wort Gottes rein lehren, aber in der Tat fälschen sie es und verkehren es auf einen Sinn, der nicht darin liegt, so dass es ihnen das aussagen muss, was sie träumen“, und geben so dem Gesetz das, was nur das Evangelium tun kann, und dem Evangelium, was nur das Gesetz tun kann.27

    Diese Regel ist grundlegend für die christliche Theologie: „Denn wenn das Evangelium nicht deutlich vom Gesetze unterschieden wird, so kann man die christliche Lehre nicht unverfälscht erhalten. Dagegen, wenn man diesen Unterschied recht erkennt, so erkennt man auch die rechte Weise, wie man gerecht wird, und dann ist es leicht, den Glauben von den Werken, Christum von Mose und allen weltlichen Gesetzen zu unterscheiden. Denn außer Christo ist alles ein Amt des Todes zur Rache über die Übeltäter.“28 F. Bente beobachtet ganz richtig, dass mit den Artikeln IV, V und VI der Konkordienformel die betreffende Fragte nicht nur das Thema von Gesetz und Evangelium und dem dritten Gebrauch des Gesetzes ist, sondern der ganzen christlichen Lehre, Rechtfertigung und Heiligung, Buße und Glauben, Wiedergeburt und Erneuerung, Glauben und gute Werke.29

III.

    Luther steuerte das Schiff der Kirche fachmännisch zwischen den Strudeln der Scylla des Synergismus und der Charybdis des Antinomismus. Nur ein Steuermann, der die genaue Unterscheidung zwischen Gesetz und Evangelium gut kennt und standhaft bei ihr bleibt, konnte solch ein fachgerechtes Steuern durchführen. Das war keine leichte Sache. Der feine Synergismus findet einen Weg, sich an jeder Ecke der christlichen Lehre einzuschleichen. Ein direkter Angriff auf den zentralen Artikel des Evangeliums ist kaum je der Weg des Synergismus. Luther musste zeigen, dass selbst ein Mann wie Augustinus, der unzweifelhafte Held der Kirche in ihrem Kampf gegen den Pelagianismus, die Sache von Glauben und Werke oder Nächstenliebe nicht klar hatte. Indem er lehrte, dass der Glaube durch die Nächstenliebe geformt oder geziert wird, vermischte er Gesetz und Evangelium und so auch Rechtfertigung und Heiligung und gab so dem ganzen mönchischen System der Zucht den Segen und die Daseinsberechtigung. Gerade das Gegenteil von dem, was Augustinus gelehrt hat, ist die Wahrheit, worauf Luther, gegründet auf Gal. 2,16, bestand, denn es ist vielmehr der Glaube, der die Nächstenliebe formt oder ziert. Gute Werke kommen aus dem rechtfertigenden Glauben. „Daher soll man sie <diese Glosse> [dass der Glaube nichts sei, solange er nicht durch die Nächstenliebe geformt und geziert sei] meiden wie ein höllisches Gift und mit Paulus schließen, dass wir allein durch den Glauben gerecht werden, nicht durch den Glauben, der durch die Liebe eine Gestalt gewonnen hat (fide formata caritate).“30  Die Voraussetzungen oder die ausschließenden Wörter erzählen die Geschichte: „Dieser Glaube rechtfertigt ohne die Liebe und vor der Liebe.“31

    Luther begegnete derselben Tendenz bei Melanchthon, der synergistische Ansichten in die Lehre von der Bekehrung einführte. Der voluntas non repugnans, der nichtwiderstrebende Wille, den Melanchthon als die dritte Ursache bei der Wiedergeburt oder Bekehrung eines Menschen sah, war feiner Synergismus. Solange Luther lebte, wurde die falsche Theologie seines guten Freundes, die ja tatsächlich ein Versagen in der rechten Unterscheidung von Gesetz und Evangelium war, [mehr oder weniger] unterdrückt [bzw. im Hintergrund gehalten, Anm. d. Übers.]. Aber Melanchthons Ansichten stürzten die Kirche nach Luthers Tod in den synergistischen Streit, der nicht früher beigelegt wurde, als mit der Konkordienformel in ihren beiden Artikeln von der Erbsünde (I) und vom freien Willen (II), wodurch die unbiblische und verwirrende Lehre beseitigt wurde.

    Die Antinomisten bedrohten von der anderen Seite, indem sie argumentierten, dass die fortgesetzte Buße in den Gläubigen durch das Evangelium bewirkt werde (so Johann Agricola), nicht durch das Gesetz, und dass daher das Gesetz für den Christen, den wirklich Wiedergeborenen keine Verwendung mehr habe, nicht einmal als Leiter oder Maßstab für ein gottgefälliges Verhalten (so Poach und Otto).

    Dass das Gesetz in seiner hauptsächlichen, theologischen Funktion (als Ankläger) für den christlichen Gläubigen immer noch gültig ist, macht das Neue Testament sehr deutlich, zum Beispiel in dem klassischen Abschnitt in dem Brief des Paulus an die Römer, Kapitel 7. Paulus würde so nicht schreiben, zeigt Luther, wenn es nicht so wäre, dass jeder Christ, aus seiner eigenen Erfahrung, noch unter dem Gesetz steht und weiß, dass der alte Mensch in ihm ständig mit dem neuen Menschen zusammenprallt, der vom Geist angeregt und bestärkt wird. Würde Paulus Petrus strafen, fragt Luther auf der Grundlage von Gal. 2,14, wenn es nicht wahr wäre, dass Petrus die rechte Unterscheidung von Gesetz und Evangelium durcheinander gebracht hätte?32

    Das Gesetz ist notwendig und hat seinen bleibenden Platz im Leben eines jeden Sünders und im der Predigt der Kirche, nicht weil es den alten Menschen wieder herstelle oder den neuen herstelle, sondern weil es die Anmaßung der Gerechtigkeit des alten Menschen niederschlägt, und das unablässig. Auf diesen alten Menschen, wie auf einen Esel, muss die Last der Forderungen des Gesetzes gelegt werden;33 und diese Situation ändert sich nie, stellt Luther fest, so lange das Leben weitergeht, bis schließlich der „neue Mensch durch den Glauben“ angezogen wird, „was aber in diesem Leben nicht vollkömmlich geschieht“.34

    So braucht auch der wiedergeborene Mensch fortlaufend beides, die Predigt des Gesetzes, damit der alte Mensch niedergehalten und Buße bewirkt wird, und auch die Predigt des Evangeliums, um dadurch die Vergebung der Sünden und die gläubige Annahme von Gottes Gnade zu bewirken. Wenn du darin fehlst, das Gesetz ganz zu predigen, so fehlst du auch darin, dem Evangelium den Weg zu bereiten, du hinderst es daran, durchzudringen oder Wirkung zu zeigen. „Dies ist es“, schreibt F. Pieper, „was Luther bei der Bekämpfung des Antinomismus so gründlich und in mannigfachen Wendungen ausführte.“35 Das Evangelium kann nicht dazu gebracht werden, das zu machen, was nur das Gesetz machen kann, und umgekehrt ebenso. „Das Gesetz hören hat seine Zeit, sich um das Gesetz nicht kümmern hat seine Zeit, das Evangelium hören hat seine Zeit, das Evangelium nicht wissen hat seine Zeit.“36

IV.

   Der Antinomismus taucht aber an einem anderen Punkt auf, nämlich indem er leugnet, dass das Gesetz irgendeinen weiteren Gebrauch für den Christen hat hinsichtlich der Heiligkeit des Lebens, Heiligung oder guter Werke. Die Konkordienformel widmete dieser Ansicht einen besonderen Artikel (VI) und gab damit eigentlich – zumindest für Lutheraner – eine endgültige Antwort: Das Gesetz ist nützlich, in seinem dritten Bereich, und zwar besonders und allein für wiedergeborene Christen, die „durch den Geist Gottes neu geboren, zu dem HERRN bekehrt und also ihnen die Decke Moses aufgedeckt, dass sie in dem Gesetz leben und wandeln“.37

    Auf der Grundlage von Röm 8,2; 7,23 und 1. Kor. 9,21 anerkennt die Konkordienformel voll und ganz, dass gute Werke „heißen nicht eigentlich Werke des Gesetzes, sondern Werke und Früchte des Geistes“, getan „aus einem freien, lustigen Geist“, aber dennoch Werke „nach dem unwandelbaren Willen Gottes, im Gesetz begriffen“.38 Niemand kann die Bedeutung der Konkordienformel in dieser einfachen, natürlichen Zusammenfassung missverstehen:

    „Obwohl die Rechtgläubigen wahrhaftig durch den Geist Gottes getrieben werden und also nach dem inwendigen Menschen aus einem freien Geist den Willen Gottes tun, so gebrauch doch eben der Heilige Geist das geschriebene Gesetz bei ihnen zur Lehre, dadurch auch die Rechtgläubigen lernen, Gott nicht nach ihren eigenen Gedanken, sondern nach seinem geschriebenen Gesetz und Wort zu dienen, welches eine gewisse Regel und Richtschnur sei eines gottseligen Lebens und Wandels nach dem ewigen und unwandelbaren Willen Gottes anzurichten.“39

    Die Verfasser der Konkordienformel, das sollte erinnert werden, sahen es als ihre Aufgabe an, mitten in den Auseinandersetzungen, in Thesen und Antithesen darzulegen, was es heißt, ein treuer Unterzeichner des Augsburger Bekenntnisses zu sein, der Magna carta der lutherischen Theologie. In Augsburg hatten die Bekenner dargelegt, dass gute Werke im Leben des Gläubigen aus der Rechtfertigung kommen und solche sind, die Gott befohlen hat.40 Damit kein Zweifel daran bestehe, was sie in Augsburg im Sinn hatten, wenn sie über Dinge sprachen „von Gott geboten“, wiesen die Bekenner hin auf die zehn Gebote.41 In seiner Apologie des Augsburger Bekenntnisses, im Artikel III über die „Liebe und Erfüllung des Gesetzes“ spricht Melanchthon dieselbe Wahrheit aus, dass die christlichen Gläubigen, wenn sie nach der Heiligkeit des Lebens streben, aus dem Inhalt der zehn Gebote leben. Wie Luther betonte er die enge, unaufgebbare Verbindung, den nexus indivulsus, zwischen Rechtfertigung und Heiligung, und so zwischen Gesetz und Evangelium im Leben des Gläubigen. Etwas anderes zu machen hätte bedeutet, die Heiligkeit und Gutheit des göttlichen Willens Gottes zu leugnen. Obwohl Gesetz und Evangelium Pole waren in der Rechtfertigung des Sünders vor Gott, völlig widerstrebend, voneinander weiter getrennt als Gegensätze, um Luthers Bild zu gebrauchen, die völlig unterschiedliche Dinge erfüllen – und auch in der Heiligung des Lebens der Gläubige aus der Kraft des Evangeliums, nicht des Gesetzes lebt! – so müssen sie doch Seite an Seite in der Kirche und durch die Kirche gelehrt werden bis zum Ende der Tage.

    Luther wiederholt wieder und immer wieder, dass seine Betonung der Rechtfertigung allein durch den Glauben nicht bedeutet, dass er die Forderung nach Heiligung im Leben des Gläubigen weniger betone. Man kann nur verwundert sein davon, wie häufig er das sagt. Der neue Gehorsam oder gute Werke, die dem Gesetz Gottes entsprechen, kommen frei und spontan, nicht aus Druck oder die Notwendigkeit des Zwangs, sondern aus dem Glauben des widergeborenen Menschen. Solche Werke sind Früchte des Geistes, nicht Früchte des Gesetzes, obwohl der Heilige Geist solche Dinge wirkt, die das Gesetz fordert. Sie sind nicht erzwungen oder herausgepresst durch die Forderungen des Gesetzes, sondern fröhlich gegeben oder getan, mit spontaner Zustimmung, denn das ist die Weise, wie der Glaube unter der Gnade antwortet. Wenn wir also diese „Mittelstraße“ gehen und beide verwerfen, die „zur Rechten, die durch das Gesetz gerecht werden wollen,  zur Linken, die ganz und gar vom Gesetz frei sind wollen“, dann ist es nötig, sagt Luther, „dass wir das Gesetz weder gänzlich verwerfen, noch ihm mehr beilegen als sich gebührt“.42

    Es ist bedeutsam, dass Luther, als er Gal. 2,16 auslegt – sicher den Fels von Gibraltar der Rechtfertigung sola gratia/fide, ohne die Werke des Gesetzes! – auch hinzufügt (wie er es oft in ähnlichen Situationen macht, damit der enge nexus indivulsus zwischen Rechtfertigung und Heiligung nicht verloren geht):

    „Wir geben zu, dass man auch von guten Werken und von der Liebe lehren muss, aber zu seiner Zeit und an seinem Ort, nämlich wenn man die Fragen von den Werken behandelt außerhalb dieses Hauptstückes (dass wir allein wegen des Glaubens an Christum für gerecht erklärt werden, nicht wegen der Werke des Gesetzes oder der Liebe).“43

    „Wenn man die Fragen von den Werken behandelt“, was dann? Es kann keine Frage sein, dass Luther nicht meint die Rückkehr des Gläubigen unter das Gesetz, unter seine zwingenden Forderungen, denn er steht in der Freiheit, mit der ihn Christus frei gemacht hat. Der neue Mensch ist geistlich und wird vom Geist bewegt, wie Paulus lehrt Römer 7; und die siegreiche Herrschaft des Evangeliums setzt immer die überwundene oder abnehmende Herrschaft des Gesetzes im Leben des Gläubigen voraus, der mehr und mehr die Kraft des Geistes anwendet, um sein Fleisch zu abzutöten und das zu tun, was Gott wohlgefällig ist. Obwohl dieses Leben der guten Werke und der Heiligung nie vollkommen ist, auch nicht seiner Rechtfertigung aushilft oder sie unterstützt, so strebt der Mensch, der mit der iustitia Dei, bekleidet wurde, das ist, der durch Gott in Christi Gerechtigkeit gekleidet wurde, männlich danach, nach dem Geist zu leben und nicht in fleischlicher Weise nach dem, wozu ihn sein alter Adam drängt.

    Der Glaube ändert im gerechtfertigten Sünder alles, denn er ist ein göttliches Werk und „ist ein lebendig, geschäftig, tätig, mächtig Ding“ sagt Luther, „dass unmöglich, dass er nicht ohne Unterlass sollte Gutes wirken“.44 Die Konkordienformel zitiert diese Worte des Reformators, um das zwangsläufige und spontane Hervorquellen von guten Werken im Christenleben zu zeigen. Aber gemäß welchem Maßstab? Einem selbsterwählten gemäß persönlicher Kriterien? Also sogenannte „Freiheit im Evangelium“? Luther hätte niemals solch eine Antwort gegeben. Die Spontaneität der Liebe, die aus dem Glauben fließt, hat er nie geleugnet. Tatsächlich würde der neue Mensch, wäre er allein im christlichen Gläubigen – aber dies geschieht nie auf dieser Seite des Himmels, sagt Luther! – keine Unterweisung benötigen wie er leben oder lieben sollte, so wenig wie der liebende Ehemann in seiner Tätigkeit für und der Pflege seiner Geliebten.45

    Aber weil der alte Mensch in uns fortwährend gegenwärtig ist, ist es nötig, dass das Gesetz Gottes unser Leiter bleibt in des Christen Leben, auch nach seiner Rechtfertigung aus Gnaden. Durch den Geist angeregt strebt der Gläubige selbst danach, sich nach dieser Gerechtigkeit des Gesetzes zu richten. Diese Gerechtigkeit des Gesetzes, sagt Luther, „nachdem wir die Lehre des Glaubens zugrunde gelegt haben“.46 Das Wort „nachdem“ ist der Schlüssel. Ein Christ, der die Gerechtigkeit Christi (die passive, zugerechnete, fremde Gerechtigkeit) in seinem Herzen wohnen hat, ist „wie ein Regen, der die Erde befruchtet“.47 Nun dominiert eine neue Ordnung, und Luther ist ganz beredsam darin zu zeigen, wie jeder Mensch in seinem Bereich oder Berufung danach strebt, in jeder Beziehung, Pflicht und Aufgabe Gott wohlgefällig zu sein, „weil er weiß, dass dies Gottes Wille ist und ihm solcher Gehorsam gefällt“.48

    Luther zögert nicht zu sagen, dass, wenn „äußerliche Amtswerke ausgerichtet werden müssen, da, wo ein du ein Diener des Wortes, eine obrigkeitliche Person, ein Ehemann, ein Lehrer, ein Schüler usw. bist, dann ist es nicht Zeit, das Evangelium zu hören, sondern das Gesetz, da sollst du deinen Beruf ausrichten“.49 Aber das ist nicht eine knechtische Art der Ausübung. Luther gab der Sache des Berufs im Christenleben ein völlig neues Aussehen. Da gab es einen tiefen Unterschied zwischen Luthers Position und der von Calvin. Während also ein lutherischer Christ bei seiner täglichen Arbeit aus einem Zentrum der Freude heraus als ein Gläubiger arbeitet, der weiß, dass er durch den Glauben nicht länger unter dem Gesetz ist, sondern eine vollkommene Gerechtigkeit in Christus hat, arbeitet der reformierte Christ unter einem schweren Pflichtendruck und rackert sich in seinen täglichen Verrichtungen ab zur Ehre seines souveränen HERRN und zu seinem eigenen Opfer.50

    In Luthers Vorstellung ist es keine Frage, dass diese guten Werke gemäß jedem der zehn Gebote51, diese Arbeit, um äußerlich gerecht zu sein52 in keiner Weise unserem Stand als Kinder, die vor Gott Vergebung haben, coram Deo, dient oder wir darauf vertrauen. Nur die passive Gerechtigkeit, Christi Gerechtigkeit, uns im Glauben zugerechnet, kann das alles machen und macht es! Gottes wahre Heilige sind nicht die, die keine Sünde haben oder fühlen53 – „je mehr Gott wohlgefällig ein Mensch tatsächlich ist, umso mehr spürt er den Kampf“54 , denn so lange das Leben weitergeht, ist der „Christenmensch zugleich ein Gerechter und ein Sünder“, simul iustus et peccator55 , sondern diejenigen, die wirklich wissen und glauben, „dass Christus ihre Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung ist“, und dann ihre Pflicht tun, jeder in seinem Beruf gemäß der Verordnung Gottes (ex praescripto verbi Dei)“56

    „Gemäß der Ordnung des Wortes Gottes!“ Da ist gar nichts Zweideutiges in Luthers Sprache. Nie war so etwas da. Von Beginn der Reformation an, als er zuerst die Papisten angriff dafür, dass sie die Seelen unter dem Gesetz versklavten, die Schriftlehre über Gottes Gnade veränderten, gratuitis favor Dei propter Christum [Gottes Erbarmen um Christi willen] austauschten gegen die gratia infusa [eingegossene Gnade], hat Luther beständig die guten Werke und die Heiligung als Frucht, die zwangsläufig aus der Buße folgt, aus dem Leben des Sünders, der Vergebung hat, hochgehalten und gelehrt. Auch hat er nicht vergessen, den Weg anzugeben, den der Mensch, der Christus im Glauben angezogen hat, der bewegt wird von der Freiheit des Geistes in allen Handlungen und Entscheidungen, gehen soll. Das gleiche Gesetz, das Christus durch seinen aktiven und passiven Gehorsam für alle Sünder erfüllt hat, war der Maßstab, das praescriptum, den der Gläubige gerne, und bewegt durch den Geist, suchte und tat als den Willen seines himmlischen Vaters.

    Der Sermon Von den guten Werken, den Luther 1520 schrieb, in unmittelbarer Nähe zu seinem berühmten Sermon Von der Freiheit eines Christenmenschen, erfüllte nur einen Zweck, nämlich zu zeigen, wie der Artikel von der Rechtfertigung allein durch den Glauben, anstatt zu einem libertären Geist, einer Verbilligung von Gottes gnädigem Geschenk in Christus zu führen oder in anzuregen, vielmehr den christlichen Gläubigen anregt, mächtig und eifrig nach Gottes heiligem Gesetz zu streben. Nicht ohne guten Grund wurde dieser Sermon der protestantische Grundlagentext für die christliche Ethik genannt. Er ist eine schöne Ausführung über die zehn Gebote im Leben eines Gläubigen.

    Natürlich hat Luther niemals in die Gebote gesehen ohne die eigentliche und erste Betonung auf ihrer anklagenden Bedeutung; aber er hat auch, Seite an Seite, ihre positive Gültigkeit als Leiter oder Norm für den Christenmenschen festgehalten. Er hat ganz klar auf das Gesetz verwiesen „nach der Rechtfertigung“, damit kein Christ auf seinen eigenen Maßstab für die Heiligung unter der Leitung seines Fleisches verfallen sollte, oder auf „außerordentliche Werke, die sie selbst ausgedacht hatten“57 , oder eine „Ansammlung selbsterwählter Werke“58

    Luthers zwei Katechismen leiten auf genau denselben Weg, wie auch die Haustafeln, die er an den Kleinen Katechismus anhängt.59 Der Christ, der seine Sünde im Spiegel des Gesetzes sieht und erkennt, wie all die Anmaßung seines alten Adam zerschlagen und zerschmettert wird, freut sich auch nach seinem neuen Menschen, der in Christi Gerechtigkeit gekleidet ist und bewegt von dem einwohnenden Geist, Gottes heiligen Willen zu tun. Am Ende der Gebote im Großen Katechismus erklärt Luther dies alles mit großartiger Einfachheit:

    „So haben wir nun die zehn Gebote, einen Ausbund <das Beste, Vorzüglichste> göttlicher Lehre, was wir tun sollen, dass unser ganzes Leben Gott gefalle, und den rechten Born und Röhre, aus und in welchem quellen und gehen müssen <muss> alles, was gute Werke sein sollen, also dass außer den zehn Geboten kein Werk noch Wesen gut und Gott gefällig sein kann, es sei so groß und köstlich vor der Welt, wie es wolle.“60

    Ein Christ bewegt sich auf dieser Grundlage im Leben, dass er nicht länger unter dem Gesetz ist; dass seine Freiheit in Christus ist. Aber, obwohl frei von dem Fluch und der Herrschaft des Gesetzes, findet dasselbe Kind Gottes, das nicht unter dem Gesetz ist, seine Freude immer noch und stets in Gottes Gesetz, das er nun nach seinem neuen Menschen in einem völlig anderen Licht sieht. Die Früchte des Geistes und die Früchte des Gesetzes sind von einander getrennte Pole, so weit wie das Gesetz vom Evangelium. Aber alle Dinge sind neu für den Menschen, in dem der Geist Gottes wohnt und arbeitet. Die Kurze Fassung der Konkordienformel (Epitome) drückt es so aus:

    „Früchte aber des Geistes sind die Werke, welche der Geist Gottes, so in den Gläubigen wohnt, wirkt durch die Wiedergebornen und <die> von den Gläubigen geschehen, soviel sie wiedergeboren sind, als wenn sie von keinem Gebot, Drohen oder Belohnung wüssten; dergestalt denn die Kinder Gottes im Gesetz leben und nach dem Gesetz Gott wandeln.“61

    Es ist eigentlich nicht nötig zu sagen, dass, wenn Luther und die Bekenntnisse vom geistlichen Gebrauch des Gesetzes durch die Gläubigen sprechen, sie immer die Verbindung zwischen Rechtfertigung und Heiligung als einer unauflöslichen Beziehung wiederholen, und dass das, was der wiedergeborene Mensch in Übereinstimmung mit dem heiligen Gesetz Gottes macht, aus der Kraft des Evangeliums fließt. Es gäbe tatsächlich gar kein Gespräch über den dritten Gebrauch des Gesetzes, wäre es nicht um des Evangeliums willen und des Sünders Rechtfertigung durch Christus. Gestärkt dazu durch den Glauben und das Evangelium wandelt der wiedergeborene Sünder im Gesetz Gottes nicht um des Gesetzes willen, als sei er unter dessen Drohung und Zwang, oder in Erwartung einer Belohnung, sondern aus Liebe zu Gott, und, gleichzeitig, aus Liebe zu seinem Nächsten, beides Früchte des Glaubens aus der Buße. „Dann folgen die Ermahnungen,“ sagt Luther, die so oft im Neuen Testament gefunden werden, „welche die reizen sollen, die schon gerechtfertigt sind und die Barmherzigkeit erlangt haben, dass sie wacker seien in Früchten der geschenkten Gerechtigkeit und des Geistes und die Liebe üben in guten Werken und das Kreuz und alle anderen Trübsale der Welt standhaft ertragen.“62

V.

    Der dritte Gebrauch des Gesetzes, sowohl sie er in den lutherischen Bekenntnissen als auch bei Luther gelehrt wird, hat in der modernen Theologie eine ernste Misshandlung erfahren, auch durch die engen Freunde der lutherischen Theologie. Namhafte Gelehrte wie Werner Elert und Gerhard Ebeling haben argumentiert, dass der dritte Gebrauch des Gesetzes fremd und außerhalb der Weise von Luthers Denken und Schreiben sei. Ebeling besteht darauf, dass das Gesetz in seinem zweifachen Sinn, duplex usus legis, das sei, wie weit Luther gehe oder zulasse.63 Elert hat diesem Thema eine eigene Monographie gewidmet, Zwischen Gnade und Ungnade64, und hat daneben dieselben Schlüsselpunkte auch in seinem größeren Werk, Das Christliche Ethos berührt.65

    Der Begriff „dritter Gebrauch des Gesetzes“ ist Melanchthon zuzuschreiben; Luther hat ihn nie verwendet, wie Elert argumentiert. Mit beachtlicher Beharrlichkeit besteht er darauf, dass die Luther zugeschriebenen Worte „Drittens, das Gesetz ist so zu behalten, dass die Heiligen wissen, welche Werke Gott fordert“ in die Herausgabe von Luthers Zweiter Disputation gegen die Antinomer, 13. Januar 1538, eingefügt wurde.66

    Elerts Hauptstreitpunkt ist, dass für Luther, wie für Paulus, „im Leben des Christen nie der Moment käme, in dem das Gesetz nichts mehr als eine informatorische Bedeutung für ihn hätte“, und dass, von diesem Standpunkt aus betrachtet, „ wir den skandinavischen und finnischen Theologen zustimmen müssen, die ausgesagt haben, dass die Lehre von einem dritten Gebrauch unvereinbar sei mit dem lutherischen Verständnis von Gesetz und Evangelium“.67

    Elerts Problem ist, dass er theologisch in das falsche Spiel verwickelt ist, wenn er behauptet, dass Luther nie den usus triplex legis [dreifachen Gebrauch des Gesetzes] gelehrt habe, und, darüber hinaus, ohne dass er es selbst weiß, ist er nicht einmal auf dem richtigen Spielfeld, wenn er behauptet, dass die orthodoxe lutherische Theologie mit ihrem Eintreten für den dritten Gebrauch des Gesetzes tatsächlich stets die zweite, anklagende Aufgabe des Gesetzes, verleugnet oder von der Betrachtung des christlichen Lebens abgetrennt habe.

    Elert hat Recht, wenn er den Rationalismus, Schleiermacher und seine theologischen Nachfolger, einschließlich seines Antipoden, Kierkegaard, anklagt, die rechte Unterscheidung von Gesetz und Evangelium völlig außer Acht gelassen zu haben. Der Liberalismus meinte, dass „das Gesetz wie auch das Evangelium auf ein und dasselbe Ziel im Menschen aus seien, ‚moralische Besserung‘“.68

    Elert hat auch Recht, wenn er die dialektische (vor allem barthianische) Theologie kritisiert für:

-          die Behauptung, dass „Gottes Wort, durch Christus gesprochen, ist das einzige Wort Gottes“, und dabei vergessen, auch Acht zu geben auf „Gottes Gesetz (als) dem anderen Wort Gottes“.69

-          die Lehre, dass „Gesetz und Evangelium nur und dieselbe Handlung Gottes bezeichnen, deren Inhalt immer derselbe ist“.70

-          das Unterstützen von Calvins „Ansicht des Gesetzes als der règle de bien vivre et justement“71 [Regel zu einem guten und gerechten Leben] und dass sie „das Evangelium als nichts anderes als eine klarere Darstellung des Gesetzes“ ansehen72

-          die dadurch kommende hoffnungslose Vermengung von Gesetz und Evangelium, der Reduzierung Christi zu einem neutestamentlichen Gesetzgeber, und so das Evangelium dazu machen, dem Gesetz zu dienen anstatt dass das Gesetz dem Evangelium dient.73

    Aber Elert vergisst anzuführen, dass es der Pietismus war und nicht die lutherische orthodoxe Theologie, die Gesetzlichkeit, Moralismus, Subjektivismus und eine falsche „Freiheit im Evangelium“ in die Kirche eingeführt hat, was alles nur bloßer Antinomismus ist oder an ihn grenzt, mit der Verleugnung der zweiten oder anklagenden Aufgabe des Evangeliums. F. Bente warnt mit Recht: „Der Kokon des Antinomismus platzt immer auf zum Antievangelismus [d.h. führt weg vom Evangelium].“74

    Elert hat die sprichwörtliche Scheuklappe auf gegen die lutherische Theologie der strikten, standhaft konfessionellen Weise, wie das immer alle sogenannten „konservativen“ europäischen Theologen machen, die auf die dialektischen Theologien (barthianische und lundensische) reagierten, auf der einen Seite, und auf den Liberalismus auf der anderen. Elert folgt der Linie seiner Erlanger Vorgänger, die versuchten, Heilsgeschichte oder den rettenden Inhalt der Bibel, das Evangelium, zu verbinden mit der höheren kritischen Methode am Bibeltext [historisch-kritische Methode der Schriftauslegung, Anm. d. Übers.]. Wie Don Quichote bekämpft er mit der Orthodoxie einen eingebildeten Bösen und hält sie in zwei Punkten für schuldig: sklavische Unterwerfung unter den heiligen, irrtumslosen Text der Bibel oder „des Heiligen Geistes Buch“ (Luthers Ausdruck), und gesetzliche Abhängigkeit vom Gesetz, als sei es eine klarere Darlegung des Gesetzes in Calvins Sinn.

    Die Tragik ist, dass Elert damit endet, Luther beim Thema Gesetz und Evangelium zu missbrauchen und dazu noch die konfessionelle, konservative lutherische Theologie falsch zu beurteilen. Besessen von der Ansicht, dass alle, die die Verteidigung des dritten Gebrauchs des Gesetzes aufrechterhalten schuldig seien, einerseits der calvinistischen Sünde (siehe oben) und andererseits der Verdeckung der anklagenden und Hauptaufgabe des Gesetzes, weil sie auf Wert legen auf die informatorische Aufgabe als eines Führers, „liest“ Elert den Artikel VI der Konkordienformel nur nach seinen eigenen vorgegebenen Vorurteilen, treibt einen Unterschied zwischen Luther und selbst dem frühen Melanchthon beim Thema des dritten Gebrauchs des Gesetzes, und schlägt daraus Kapital, dass Luther selbst nie den Begriff „dritter Gebrauch“ verwendet hat.

    Ob Luther diesen Begriff verwendet hat oder nicht, das kann, wie oben angeführt, debattiert werden. Allerdings steht oder fällt jedoch Luthers Position nicht mit dem Begriff. Wie der Reformator oft in Verbindung mit Auseinandersetzung über Worten sagte (z.B. „freier Wille“ in seinem Streit mit Erasmus), so war das Wesen nicht der Begriff, sondern die ausgedrückte Sache und damit der Angelpunkt des Arguments. So muss hier gegen Elert festgestellt werden, dass er willkürlich seine Augen verschließt gegen die umfangreichen Ausführungen in Luthers Schriften, die den dritten Gebrauch des Gesetzes unterstützen. Anscheinend macht er [Elert] das, um die konservative, konfessionelle lutherische Theologie anklagen zu können, mehr auf der Linie des melanchthon’schen und calvinistischen Denkens im dritten Gebrauch des Gesetzes zu sein als auf der Linie Luthers. Seine Anschuldigung hat mehr Löcher als ein Sieb.

    Es liegt nicht wirklich im Themenbereich dieses Aufsatzes, zu versuchen, noch tiefer in Elerts Denken und seine Motive einzudringen, noch derer, die ihm auf seiner Bahn folgen.75 Das ist auch nicht notwendig. Das ist Punkt, der einfach sein Interesse einnahm. Andere namhafte lutherische Gelehrte, wie Helmut Thielecke76, Paul Althaus77 und H.H. Kramm78 vertreten klar die gegenteilige Sicht, nämlich dass der dritte Gebrauch des Gesetzes, wie in der Konkordienformel, Artikel VI, ausgedrückt, in allen Schriften Luthers zu finden ist, in seinem frühen wie in seinem späten Leben.

    Die Gegnerschaft gegen die klare Schriftlehre kommt immer im größeren Packen daher, wie Wölfe; das müssen wir erkennen. Selten wird nur eine Lehre der Heiligen Schrift angegriffen und nicht auch andere, oder dass andere nicht gleichzeitig mit einbezogen werden. Ein Angriff auf die Autorität, Inspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift ist selten allein, sondern zieht andere Artikel mit sich, und umgekehrt. Daher wird das Anliegen der konservativen Theologie für die Unfehlbarkeit der Schrift in allen Punkten regelmäßig von den Gegnern gebrandmarkt, dass dies auch und immer einen entsprechenden Intellektualismus, trockene Orthodoxie, Gesetzlichkeit, Lieblosigkeit, oder, wie es Elert einwarf, Verkürzung des Gesetzes auf eine bloß informatorische Aufgabe mit sich bringe. Diese Strategie des Angriffes ist nur zu durchschaubar. Aktuell fängt ja die Erosion der Lehre bei den Anklägern der konservativen, konfessionellen Theologie an!

    Lutheraner, die des Namens wert sind, sollten sich nicht in falscher Weise mit ihrer Orthodoxie brüsten. Sie kann unter Umständen trocken werden. Aber Gott wird der Richter sein. Orthodoxie [Rechtgläubigkeit] ist nach allem Sein wahres Anliegen und Erwartung, denn er hat uns ein festes Wort der Weissagung gegeben, und wir tun gut, daran festzuhalten. (2. Petr. 1,19.) Diejenigen, die die neue Sicht auf die lutherische Theologie praktizieren, von denen einige in Missouris Lager aufgetaucht sind, haben die Aufgabe zu zeigen, dass Missouri nicht treu zu seinem Erbe steht. Von Luther über Chemnitz, über die Konkordienformel, über Walther bis zu unseren Tagen gibt es eine Linie, die die Kontinuität, Treue, Festigkeit und Lebendigkeit zeigt, mit der Gottes Wahrheit verteidigt und der Welt verkündigt wurde.

    Lasst Missouris Stimme nicht verstummen! Besonders nicht zu der rechten Unterscheidung zwischen Gesetz und Evangelium! Wenn diese Unterscheidung verloren gibt, dann wird schließlich alle christliche Lehre entschwinden, und der Kokon des Antinomismus wird uns Unwachsame plötzlich eingefangen haben und uns weiter treiben in den Antievangelismus [d.i.: weg vom Evangelium].



1 Werner Elert stellt fest, dass Walther ziemlich allein war unter den Luther-Auslegern des 19. Jahrhunderts, der das paulinisch-lutherische Verständnis der Unterscheidung zwischen Gesetz und Evangelium richtig erfasste. Vgl. Law and Gospel. Philadelphia: Fortress. 1967. D. 2. [deutsch: Zwischen Gnade und Ungnade. Abwandlungen des Themas Gesetz und Evangelium. München: Kaiser. 1948.]

2 Luther‘s Works (LW) Vol. 26. S. 9. [Walch 2, IX, Sp. 24 f.]

3 LW, 26,8. [Walch 2, IX,23]

4 LW, 26,5 f. [Walch 2, IX,19]

5 LW, 26,9. [Walch 2, IX,24]

6 LW 31,327 ff. [Walch 2, XIX,986 ff.]

7 LW 26,6. [Walch 2, IX,20]

8 LW ebd. [Walch 2, ebd.]

9 LW 26,132 [Walch 2, IX,180 f.]

10 LW ebd. [Walch 2, ebd.]

11 LW 31,53. [Walch 2, XVIII,51]

12 LW 31,53. [Walch 2, XVIII,51]

13 LW 31,54. [Walch 2, XVIII,52]

14 LW 26,312. [Walch 2, IX,339]

15 LW 31,56. These 26 in Heidelberg. [Walch 2, XVIII,54]

16 LW 26,157. [Walch 2, IX,213 f.]

17 LW ebd. 163. [Walch 2, ebd. 221]

18 LW ebd. 277. [Walch 2, ebd. 368]

19 LW ebd. 278. [Walch 2, ebd. 370]

20 LW ebd. 380. [Walch 2, ebd. 373]

21 LW ebd. 309. [Walch 2, ebd. 410]

22 LW ebd. 310. [Walch 2, ebd. 411]

23 LW ebd. 311. [Walch 2, ebd. 412 f.]

24 LW ebd. 312. [Walch 2, ebd. 413]

25 LW ebd. [Walch 2, ebd.]

26 LW ebd. [Walch 2, ebd. 413 f.]

27 LW ebd. [Walch 2, ebd. 414] [Deshalb lehren sie unter dem Namen Christi ihre Träume, unter dem Namen des Evangeliums nur Gesetze und Zeremonien.]

28 LW ebd. 313. [Walch 2, ebd. 415]

29 vgl.: Carl Ferdinand Wilhelm Walther: Die rechte Unterscheidung von Gesetz und Evangelium. St. Louis, Missouri: Concordia Publishing House. 1917. S. 3

30 LW, a.a.O., 137. [Walch 2, IX, 187]

31 LW, ebd. [Walch 2, ebd.] Luther hat natürlich nie die Verbindung des Glaubens mit den Werken außer Acht gelassen; und so fügt er im gleichen Zusammenhang hinzu: „Wir geben zu, dass man auch von guten Werken und von der Liebe lehren muss, aber zu seiner Zeit und an seinem Ort, nämlich wenn man die Frage von den Werken behandelt außerhalb dieses Hauptartikels  … wodurch wir gerechtfertigt werden und das ewige Leben erlangen.“

32 LW, ebd. 116. [Walch 2, ebd. 159-166]

33 LW, ebd. 7. 116 f. 391. [Walch 2, ebd. 21. 160. 582 ff.]

34 LW, ebd. 7. [Walch 2, ebd. 21]

35 Francis Pieper: Christian Dogmatics. St. Louis: Concordia Publishing House. 1953. Bd. 3. S. 236. [deutsch: Franz Pieper: Christliche Dogmatik. Bd. 3. St. Louis, Mo.: Concordia Publishing House. 1920. S. 278]

36 LW, a.a.O., S. 117. [Walch 2, a.a.O., Sp. 162]

37 Konk.Formel, Ausf. Darl., VI,1

38 Konk.Formel, Ausf. Darl., VI,17

39 Konk.Formel, Ausf. Darl. VI,3; vgl. Konk.Formel, Kurze Darl. VI,1

40 vgl. Augsb. Bek. VI,1

41 vgl. Augsb. Bek. XX,2

42 LW, a.a.O., S. 343. [Walch 2, a.a.O., Sp. 454]

43 LW, ebd. 137. [Walch 2, ebd. 187]

44 Konk.Formel, Ausf. Darl. IV,10

45 vgl. Treatise on Good Works, LW, 44,27. [Walch 2, X,1304 f. Sermon von den guten Werken]

46 LW 26,4. [Walch 2, IX,17]

47 LW, ebd. 11. [Walch 2, ebd. 27.]

48 LW, ebd. 12. [Walch 2, ebd.]

49 LW, ebd. 117. [Walch 2, ebd. 162]

50 vgl. Einar Billing: Our Calling. Augustana Press,. 1955. S. 9-15

51 vgl. LW, a.a.O., S 133. [Walch 2, a.a.O., Sp. 182 f.]

52 vgl. LW, 27,72

53 vgl. LW, ebd. 74 ff.

54 LW, ebd. 74

55 LW, 26,232. [Walch 2, IX, 308]

56 LW, 27,82

57 LW, ebd. 53

58 LW, 26,215. [Walch 2, IX,286 f.]

59 vgl. dazu Lied Nr. 287 in The Lutheran Hymnal [Dies sind die heil’gen zehn Gebot]. Manche haben argumentiert, dass die englische Übersetzung nicht genau Luthers Sinn wiedergebe und dass es nichts zu tun habe mit dem dritten Gebrauch des Gesetzes. Auch wenn es sein mag, dass manches in der Übersetzung verloren ging, so halten wir doch wirklich Luthers Sinn in der englischen Version in der Hand. [Übrigens zeigt gerade auch der Vers 11, dass es Luther sehr wohl in diesem Lied um Sündenerkenntnis und Erkenntnis des Willens Gottes für unser Leben ging. Das zeigt auch sein zweiten Lied dazu: Mensch, willst du leben seliglich. Anm. d. Übers.]

60 Gr. Kat. 311

61 Konk.Formel, Kurze Darl., VI,5

62 Martin Luther: Vom unfreien Willen. Übers. Packer-Johnston. Westwood, N.J.: Revell. 1957. S. 180. [deutsch: Walch 2, XVIII,1807]

63 vgl. Gerhard Ebeling: Word and Faith. London: SCM Press. 1963. S. 62

64 Zwischen Gnade und Ungnade. Abwandlungen zu dem Thema von Gesetz und Evangelium. München: Kaiser. 1948. Englisch: Law and Gospel. Philadelphia: Fortress Press. 1967

65 Tübingen: Furche-Verlag. 1949. Englisch: The Christian Ethos. Philadelphia: Muhlenberg. 1957

66 Werner Elert: Law and Gospel. S. 38. Vgl. auch seinen Artikel in Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte. 1948. S. 168-170

67 ebd. S. 42 f.

68 ebd. S. 2

69 ebd. S. 4

70 ebd. S. 5

71 ebd. S. 45

72 ebd. S. 47

73 vgl. ebd. S. 48

74 Concordia Triglotta. St. Louis, Mo: Concordia Publishing House. 1921. S. 161

75 Currents in Theology and Mission, das neue „CTM“ [Concordia Theological Monthly, die theologische Zeitschrift der Hochschule der Missouri-Synode in St. Louis, Mo. Anm. d. Übers.] von Seminex, Bd. 1, Nr. 1, Aug. 1974, ist ein Fall in diesem Punkt. „Ist das Gesetz ein Führer zu guten Werken?“ fragt der Hauptartikel. Es ist eine Seite aus Elerts Buch, in dem Luther gegen Melanchthon gestellt wird, die Konkordienformel tatsächlich gegen sich selbst (und gegen Missouris und Walthers Theologie), und, was der Zeit entspricht, legt sich in Missouri gegen die Konservativen, indem es die Lehre „abschwächt“. Im letzten Punkt hat der Artikel vielleicht Recht. Es gibt ein Problem in Missouri. Der Aufsatz zeigt einen fremdartigen, pietistischen, idealistischen Zweig des Christen, als wäre er nicht in derselben Person und zur selben Zeit Sünder und Heiliger, eine Person, die in sich den alten und den neuen Menschen in ständigem Kampf findet. Er versagt darin festzustellen, was Luther und die Bekenntnisse sehr deutlich machen, dass der Christenmensch, durch die dauerhafte Einwohnung des alten Adam, die Leitung durch das Gesetz in der Heiligung und den guten Werken benötigt, damit er nicht einem selbstauferlegten Programm der Heiligkeit folgt. Der Artikel schließt daher nur mit der Bemerkung, „dass die dürftige Aussage, dass das Gesetz als Führer und Norm für die guten Werke des Christen dienten, einen Ton anschlägt, der nicht mit FC VI und mit Luthers anderen (sic?) Schriften übereinstimmt.“ (S. 9) Anzudeuten, wie der Artikel es macht, dass Konservative ipso facto [als gegebene Tatsache] geetzlich wären, weil sie den dritten Gebrauch des Gesetzes unterstützen, ist ein offensichtlicher Trick. Die Frage, die auftaucht, ist doch vielmehr, ob die behauptete „Freiheit des Evangeliums“ nicht ein Aufwärmen des Antinomismus ist, der immer mit einer subjektiven, pietistischen Freiheit vom objektiven Wort Gottes als der vorgegebenen Heiligen Schrift einherging. Das ist die Geschichte, die die Geschichte so klar schreibt, und Missouris Anliegen, ausgedrückt in New Orleans [bei der Synodalversammlung des Missouri-Synode, Anm. d. Übers.], ist, dass der Kokon des Antinomismus sich öffnet zum Antievangelismus [weil dann sein wahrer Charakter offenbar wird, Anm. d. Übers.] [„Seminex“ war die Abkürzung für „Seminary in Exile“, also derjenige Teil des Seminars der Missouri-Synode in St. Louis, der 1971 nach den lehrdisziplinarischen Maßnahmen, die Präses Jacob Aal Ottesen Preus gegen den Leiter des Seminars, Tietjen, eingeleitet hatte, das Seminar verließ – es war das Gros der damaligen Dozenten und wohl zwei Drittel der Studenten – und ein eigenes, eben sehr liberales, Seminar eröffnete und später, mit ca. 120.000 Gemeindegliedern die Missouri-Synode verließ (Association of Evangelical Lutheran Churches, AELC) und schließlich in der ja auch extrem liberalen Evangelical Lutheran Church of America (ELCA) aufging. Diese Richtung hatte seinen Hintergrund unter anderem in den Bad Boll-Gesprächen, bei denen Werner Elert, neben anderen landeskirchlichen „Lutheranern“, eine bedeutende Rolle spielte und seine theologische Auffassung stark einbrachte. Sie hat dann fast zwei Jahrzehnte die Richtung Missouris geprägt, vor allem im Schriftverständnis, aber auch in der Praxis, vor allem im Blick auf Mission und Kirchengemeinschaft. Trotz der Maßnahmen von Präses Preus fand Missouri bis heute nicht mehr zu seiner ursprünglichen klaren, biblisch-orthodoxen lutherischen Grundlinie Walthers und F. Piepers zurück, da viele Liberale in Missouri verblieben, überhaupt Lehre und Praxis der Kirchengemeinschaft sehr aufgeweicht wurden, so dass Missouri heute mit einigen Kirchen in Gemeinschaft steht, die gleichzeitig im Lutherischen Weltbund beheimatet sind und mit vielen, ja mehr oder weniger liberalen, Kirchen weiterhin Gemeinschaft haben, und überhaupt innerhalb des Internationalen Lutherischen Rates kaum auf korrekte Lehre und Lehrdisziplin geachtet wird, vor allem nicht die „Kurze Darlegung der Lehrstellung“ Missouris aus dem Jahr 1932, die die Verbalinspiration und Irrtumslosigkeit der Schrift, wie auch eine deutliche Lehre von der Kirchengemeinschaft beinhaltet, dem ILR zugrunde gelegt wird. Anm. d. Übers.]

76 Theological Ethics. Vol. I. Philadelphia: Fortress Press. 1966. S. 134 f.

77 The Theology of Martin Luther. Philadelphia: Fortress Press. 1966. S. 272. Althaus ist nicht immer beständig. In seinem The Divine Command [Das göttliche Gebot] sagt er: „Wir finden es unmöglich, dieses Konzept beizubehalten.“ (S. 45)

78 The Theology of Martin Luther. London: James Clarke & Co. 1947. S. 61